Remis in letzter Minute:Vertauschte Rollen

1899 Hoffenheim - Eintracht Frankfurt

Lässiges Jubel-Duo: Frankfurts Kevin-Prince Boateng (links) freut sich mit Frankfurts Sebastien Haller über sein Tor zum 1:0 gegen die TSG Hoffenheim.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Frankfurt bestimmt die Partie bei der TSG, bis Uth spät auf Boatengs Führungstreffer antwortet. Derweil gehen die Transferdiskussionen um den Hoffenheimer Mittelstürmer Wagner weiter.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Nur wenige Klubs kennen die Binsenweisheit, nach der ein Fußballspiel tatsächlich erst fertig ist, wenn der Schiedsrichter es abpfeift, so gut wie die TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt. Die Hoffenheimer kassierten in dieser Spielzeit in den Schlussphasen ihrer Spiele schon so oft Gegentore, dass sie lieber nicht die verlorenen Punkte addieren wollen. Die Eintracht dagegen gewann durch Tore in den letzten Sekunden ihrer Partien schon einige Zähler. An diesem Samstag aber tauschten die beiden Klubs die Rollen: Das Ausgleichstor der Hoffenheimer zum 1:1 durch Mark Uth in der Nachspielzeit verwehrte den Frankfurtern den vorübergehenden Sprung auf Rang 3. Die Badener halten nun mit 20 Punkten auf Tabellenplatz 5 den einen Punkt Abstand zur Eintracht. "So ist Fußball", meinte Eintracht-Trainer Niko Kovac: "In den letzten Wochen hatten wir oft das Glück am Ende auf unserer Seite, heute war es umgekehrt."

Kovac sprach von einem "gerechten Ergebnis", aber als er dann doch "ganz ehrlich" war, gab er zu: "Dieses Spiel musst du gewinnen." Und nicht nur deshalb, weil seine Elf ein einziges Mal nach einer umstrittenen Freistoßentscheidung in der Entstehung des Gegentores schlecht verteidigte. "Machen wir das 2:0, dann ist das Ding gegessen", kritisierte Kovac. Doch weder Marc Stendera (29.), noch Mijat Gacinovic (38.) und zwei Mal Ante Rebic (76., 79.) nutzen ihre guten Möglichkeiten zum Ausbau der 1:0-Führung. Diese hatte Kevin Prince Boateng mit einem sehenswerten Schuss aus 20 Metern besorgt, der Hoffenheimer Lukas Rupp hatte ihm durch einen Fehlpass die Chance ermöglicht (13.).

"Solche Flatterbälle trainiert man im Training, da gehen die Bälle normalerweise über den Zaun. Heute ist der Ball richtig gefallen", freute sich Boateng. Nach der Führung tat die Eintracht das, was sie am besten kann: verteidigen. In der zweiten Hälfte aber beschränkte sie sich nur darauf und geriet immer stärker unter Druck. Der eingewechselte Serge Gnabry dribbelte sich bis zur Grundlinie durch und bediente Uth, der die Kugel aus fünf Metern ins Tor drosch. Danach sank Uth mit schmerzverzerrten Gesicht zu Boden: Krampf im linken Bein. Später sagte er wieder sichtlich entspannt: "Das war heute ein Willenspunkt."

Die Eintracht baut auf ihre Bissigkeit - Kevin Prince Boateng

Mehr war nicht drin gegen diese Eintracht, die erneut zeigte, dass sie sich gegen jeden Gegner der Liga behaupten kann. Der Abstand nach unten ist nach zwölf Spieltagen groß genug, um nach oben schauen zu können. Das ist nach über einem Drittel der Saison eine Perspektive, die der im Sommer neu zusammengestellten Mannschaft kaum jemand zugetraut hätte. Der Trainer hat es verstanden, aus vielen Profis aus vielen Ländern eine bissige und funktionierende Mannschaft zu formen. Und Kevin Prince Boateng unterstrich auch in Hoffenheim wieder, wie wichtig er für diese Elf sofort nach seinem mitunter kritisch begleiteten Wechsel aus Las Palmas geworden ist. Im zentralen Mittelfeld ist er das Herz der Eintracht. Der 30-Jährige gewinnt die Mehrzahl seiner Zweikämpfe, spielt kluge Pässe und ist torgefährlich. Wie selbstverständlich dominiert er trotz einer langen Verletzungsgeschichte das Frankfurter Spiel mit seinen strategischen Fähigkeiten.

Nicht seinen besten Tag hatte dagegen TSG-Stürmer Sandro Wagner. Er verlor viele Bälle und vergab nach einem Fehler von Eintracht-Torwart Lukas Hradecky die einzige Großchance der TSG (41.). In der zweiten Hälfte wechselte Trainer Julian Nagelsmann den Nationalstürmer aus. Wagner wurde dabei mit vereinzelten Pfiffen aus dem Hoffenheimer Fanblock begleitet. Unter der Woche war bekannt geworden, dass der FC Bayern Interesse hat, den Stürmer als Backup für Robert Lewandowski in der Winterpause zu verpflichten. Wagner, dessen Frau mit beiden Kindern in seiner Geburtsstadt München lebt, will angeblich auch gerne zu seinem Jugendverein wechseln.

Die schwache Leistung Wagners sei aber nicht mit dem Bekanntwerden der Verhandlungen in Verbindung zu bringen, meinte Nagelsmann: "Das wäre viel zu plump." Und TSG-Manager Alexander Rosen betonte, dass die Geschichte intern ja schon rund zwei Wochen bekannt sei. Über den Stand der Verhandlungen um die Ablösesumme werde die TSG keine Zwischenstände abgeben, erklärte Rosen. Zwar sagte er, dass es auch sein könne, dass Wagner in Hoffenheim bleibe, schränkte jedoch ein: "Es gibt eben in der Nahrungskette des Transfermarkts Vereine, die über uns stehen. Das muss man akzeptieren." Hoffenheim verkaufte in den letzten zwei Jahren viele wichtige Spieler gewinnbringend und schaffte es dennoch, die beste Phase der Vereinshistorie einzuleiten, gab Rosen zu bedenken.

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