Relegation zwischen HSV und Fürth:Zittern vor dem Zweitligisten

Relegation zwischen HSV und Fürth: Fürth jubelt nach dem 0:0, Hamburgs Milan Badelj resigniert.

Fürth jubelt nach dem 0:0, Hamburgs Milan Badelj resigniert.

(Foto: AP)

Wacher, agiler, fußballerisch besser. Greuther Fürth zeigt sich nach dem 0:0 im Relegations-Hinspiel euphorisiert. Der Hamburger SV dagegen agiert gegen das zweitklassige Team freudlos - sogar die Bundesliga-Uhr im Stadion hört kurzzeitig auf zu ticken.

Von Carsten Eberts, Hamburg

"Das war geil!", brach es aus Mergim Mavraj heraus, "das war sehr gut." Überall dort, wo sich die Fürther aufhielten, machte sich eine Stimmung breit, die von der an Weihnachten nicht weit entfernt war. Auch Präsident Helmut Hack grinste im Bauch der Hamburger Arena und erzählte minutenlang von diesem tollen Spiel, von seiner tollen Mannschaft. Die Fürther waren überwältigt von sich selbst. Leuchtende Kinderaugen, überall.

Wenige Meter weiter standen die Spieler des Hamburger SV. Und waren anders drauf. Marcell Jansen kniff die Lippen zusammen, Rafael van der Vaart rang nach Erklärungen. "Niemals zweite Liga", hatten die Fans draußen zum Abschied trotzig gebrüllt. Doch es fiel schwer, das 0:0 im Hinspiel der Relegation gegen Greuther Fürth als Erfolg zu verkaufen.

Der Heimsieg gegen den Zweitliga-Dritten war fest eingeplant gewesen. Sie hatten ihn verpasst - mit einer freudlosen, vor allem in der ersten Halbzeit wenig bundesligatauglichen Leistung. Am Sonntag folgt das Rückspiel in Franken. "Auswärts sind wir immer für ein Tor gut", sagte Trainer Mirko Slomka, was verdächtig nach einer Durchhalteparole klang. "Zum Wegschauen", titelte die Hamburger Mopo.

Welch Symbolik: Kurz nach dem Abpfiff hörte sogar die Hamburger Bundesligauhr auf zu ticken. Die Anzeige fiel deutlich erkennbar aus, die Stadiontechniker hatten vergessen, die Zeitschaltuhr auszuschalten, die die Stromversorgung bis zum Morgen unterbricht. Ein kleiner Fauxpas, aber ein vielsagender.

Das 0:0 vom Donnerstagabend lässt sich in viele Richtungen deuten. Die Hamburger haben im eigenen Stadion immerhin kein Gegentor kassiert, schon ein 1:1 im Rückspiel würde reichen, um die Liga zu halten. Die Fürther indes hatten sich ohnehin darauf eingestellt, das Rückspiel gewinnen zu müssen. Jetzt müssen sie nicht einmal einen Rückstand aufholen.

Das Momentum liegt klar auf Fürther Seite. Der Zweitligist geht euphorisiert ins Rückspiel - anders als der HSV, bei dem die Gedanken an den ersten, historischen Abstieg immer realer werden. Nach einer kurzen, druckvollen Anfangsphase hatten die Fürther die Kontrolle übernommen. Überlegt spielten sie von hinten heraus, setzten blitzschnelle Stiche über den famosen Ilir Azemi, überrannten die Hamburger auf den Außenbahnen. Das tiefklassigere Team war wacher, agiler, ja: fußballerisch besser.

"Gezeigt, dass wir hoch wollen"

Hätte Azemi eine seiner vielversprechenden Situationen genutzt, die Lage könnte für den HSV bereits schlimmer sein. "Wir haben heute viele Menschen überrascht", jubilierte Abwehrspieler Mavraj, seine Augen leuchteten immer noch. Präsident Hack erklärte: "Wir haben dem HSV gezeigt, dass wir hoch wollen." Nur am Ende kamen die Hamburger noch einmal druckvoll auf. Fürth parierte problemlos.

Trainer Frank Kramer war nicht minder zufrieden, verstand es aber als seinen Job, die Euphorie zu bremsen. Niemand müsse in diesem Augenblick in Jubelarien ausbrechen, sagte Kramer: "Die Mannschaft kann stolz sein, aber zu viel Stolz kann auch ein Stolperstein sein." Die Hälfte der Arbeit sei getan. Mehr nicht.

Beim HSV ist die Angst spürbar. Jansen sprach von einer "wahnsinnigen Drucksituation". Slomka kündigte an, dass sein Team in Fürth verstärkt versuchen werde, Standardsituationen herauszuholen. Da liegen die Hamburger Stärken, über den schussstarken Hakan Calhanoglu oder den kopfballstarken Pierre-Michel Lasogga. Für einen Erstligisten, der zu einem Zweitligisten reist, ist das zwar eine ärmliche Aussage. Doch Slomka weiß genau: Es ist das, was sein Team momentan zu leisten vermag.

Der Hamburger SV ist endgültig am Entscheidungspunkt angekommen. Das Bundesliga-Urgestein ist durch diese schlimme Saison geächzt, hat Trainer gefeuert, die Ziele Woche für Woche nach unten korrigiert, immer wieder neue Hoffnungen formuliert, sogar das Erreichen der Relegation schließlich als Erfolg verkauft.

Nun gibt es nur noch ein Spiel, das den HSV vom Abstieg in die zweite Liga trennt. Der Showdown. Ein echtes Finale. Der Verein zittert, und eine ganze Stadt mit ihm.

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