Relegation zur Bundesliga:Nürnbergs Millionenspiel

Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Frankfurts Marco Russ (r.) und Nürnbergs Niclas Füllkrug kämpfen um den Ball.

(Foto: dpa)
  • Die finanzielle Lage beim 1. FC Nürnberg ist besorgniserregend - umso dringender muss sich der Club in der Relegation gegen Frankfurt durchsetzen.
  • Nürnbergs Trainer René Weiler ahnt schon, mit welcher Taktik Frankfurt spielen wird.
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Von Markus Schäflein

René Weiler hat Kommunikationswissenschaften studiert, also konnte er einen akademischen Blick werfen auf das, was nach dem Relegations-Hinspiel um die Bundesliga-Teilnahme in Frankfurt mit ihm selbst passiert war. In der Pressekonferenz zum Relegations-Rückspiel des 1. FC Nürnberg gegen Eintracht Frankfurt nahm der Club-Trainer Stellung dazu, was er über Frankfurts Innenverteidiger Marco Russ gesagt hatte, bei dem eine Tumorerkrankung diagnostiziert worden war. Wie seine Aussagen "zerpflückt" worden seien, finde er "ungeheuerlich" (Wortlaut siehe Kasten).

Da Russ im Rückspiel an diesem Montag (20.30 Uhr/ARD) in Nürnberg gesperrt fehlen wird, darf man davon ausgehen, dass diesmal wieder sportliche Fragen im Mittelpunkt stehen werden. Und wirtschaftliche: Den Hessen droht beim fünften Abstieg der Vereinsgeschichte alleine beim Fernsehgeld ein Verlust in Höhe von 15 Millionen Euro, der Spieleretat müsste um rund 18 Millionen Euro gekürzt werden. Ein neuer Hauptsponsor soll seine Unterschrift, wie der Sport-Informationsdienst berichtete, von der Ligazugehörigkeit abhängig machen.

16,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten plagen den Club

Und Nürnbergs ehemaliger Sportvorstand Martin Bader plante seit dem Abstieg 2014 fest mit dem Wiederaufstieg, der in der Vorsaison weit verfehlt wurde - entsprechend besorgniserregend ist beim Club inzwischen die finanzielle Lage geworden, 16,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten plagen die Nürnberger.

Dass ein torloses Remis zum Aufstieg reichen würde, spielt in Weilers Überlegungen vorerst keine Rolle. "Auf ein 0:0 kannst du nicht spielen", sagte er. Dass seine Mannschaft wie schon im Hinspiel den defensiven Part übernehmen wird, steht dennoch außer Frage. Zumal Weiler die Taktik der Eintracht erahnt: "Frankfurt wird sicher offensiver spielen, als sie es in der Regel in den Auswärtsspielen dieser Saison getan haben." Die Startformation der Nürnberger wird sich auch nicht maßgeblich verändern. "Es ist möglich, dass wir nichts ändern", sagte Weiler, "es kann aber auch Wechsel geben, aber sicher nicht mehr als einen oder zwei."

Weiler setzt auf den Heimvorteil

Er setzt selbstredend auf den Heimvorteil und die Unterstützung der Fans, die geplant haben, Spalier zu stehen, wenn der Mannschaftsbus vor der Partie vom Hotel am Vereinsgelände ins Stadion rollt. "Wir sind stolz, solche Fans zu haben. Sie haben uns in dieser Saison toll unterstützt. Wir hoffen, dass ist auch am Montag so", sagte Weiler. Wobei nicht alle im Verein den Stolz teilen, weil die in Frankfurt gezündete Pyrotechnik den klammen Club rund 50 000 Euro Strafe kosten dürfte.

„Das ist Verunglimpfung, das ist Rufschädigung“

René Weilers Aussagen zur Berichterstattung über sein Zitat zu Marco Russ im Wortlaut:

"Ich bin frustriert, ich bin schockiert. Nicht die Leute müssen ob meiner Aussage schockiert sein, ich bin schockiert. Ich finde die Entwicklung besorgniserregend (...). Wie da Aussagen zerpflückt werden. Also, meine Aussage war: 'Der Zeitpunkt der Kommunikation kommt einer Inszenierung gleich und man sollte nicht die Bühne Fußball dafür nützen. Ich wünsche dem Spieler nur das Beste.' Das war die Aussage. Anfänglich wurde mit der Aussage ganz normal umgegangen: 'Kritische Worte von Weiler', 'Weiler äußert sich zum Fall Russ'. Später, weil man ja immer wieder doppeln muss, weil ja die Schlagzeilen immer noch skandalöser daherkommen müssen, war die Aussage, Weiler sagte, die Krankheit von Russ wäre eine Inszenierung - entspricht nullkommanull meiner Aussage. Dann höre ich und lese ich Dinge über mich, was ich charakterlich, vom Geist her alles nicht auf die Reihe bekommen könnte. Das ist unglaublich, das ist ungeheuerlich. Das ist Verunglimpfung, das ist Rufschädigung (...). Der Russ hat eine heilbare Krankheit und ich habe gesagt, ich wünsche dem Spieler nur das Beste, das wünschen wir ihm alle. Ich habe in der eigenen Familie einen Krankheitsfall, der ist bettlägerig, der kann nicht mal mehr aufstehen. Man muss aufhören alles zu skandalisieren (...). Es ist ein Appell: einfach fairen Journalismus betreiben. Viele machen das, einige verstehen das falsch und haben mich, meine Person in einem Bild dargestellt, das keineswegs meinem Charakter und meinem Wesen entspricht. Und ich habe auch Kinder, sogar im pubertierenden Alter. Es ist ungeheuerlich."

Auch Eintracht-Trainer Niko Kovac hat seine Zuversicht wiedergefunden. "Am Donnerstagabend waren wir ein bisschen geknickt. Aber jetzt sehe ich das Resultat gar nicht so negativ", sagte er. "Selbst wenn Nürnberg in Führung gehen sollte - wir haben gezeigt, dass wir zurückkommen können." Er sei sich sicher, "dass man auswärts in Nürnberg gewinnen kann. Mit einem Tor sind wir wieder voll im Rennen".

Das Toreschießen allerdings ist das große Frankfurter Problem: In 34 Ligaspielen erzielten sie 34 Treffer. Torjäger Alexander Meier konnte nach langer Verletzung im Hinspiel zwar auflaufen, zeigte sich aber weit von seiner gewohnten Leistung entfernt. "Wir werden kurzfristig entscheiden, ob es für einen Einsatz in der Startelf reicht", sagte Kovac.

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