Rekord-Baseballer Cabrera:Kid Rock und Detroit warten auf Miguel

Miguel Cabrera von den Detroit Tigers hat in dieser US-Baseball-Saison die "Triple Crown" gewonnen - die Wertungen in drei der wichtigsten Offensivkategorien des Spiels. Das ist seit 45 Jahren niemandem mehr in der Major League Baseball gelungen. Nun soll er den ersten Titel seit 28 Jahren in die Stadt holen.

Jürgen Schmieder

Detroit Tigers Cabrera slides into home plate to score a run during the third inning of Game 2 in Detroit

Rekordmann Miguel Cabrera soll den Baseball-Titel nach Detroit holen.

(Foto: REUTERS)

Miguel Cabrera war einer der ersten seiner Mannschaft, die wild über das Spielfeld rannten an diesem Sonntagnachmittag in der Baseball-Arena von Detroit. Sein Kollege Don Kelly hatte zuvor den Ball höher als weit geprügelt, es war ein Opferschlag, um Omar Infante ins Ziel zu bringen.

Dieser Punkt reichte den Detroit Tigers, um die Oakland Athletics 5:4 zu besiegen und in der Playoff-Serie 2:0 in Führung zu gehen. Cabrera suchte Kollegen zum Feiern: Erst hüpfte er Justin Verlander an, dann klatschte er Max Scherzer ab, am Ende probierte er gar, Prince Fielder hochzuheben. Das war ein wenig ambitioniert, schließlich ist Fielder ein 135-Kilo-Brocken, was selbst für einen kräftigen Burschen wie Cabrera zu schwer ist. Also setzte er Fielder schnell wieder ab.

In der vergangenen Woche hatte man ja durchaus den Eindruck bekommen können, dass es sich bei Cabrera nicht um einen venezolanischen Baseballspieler handeln würde, sondern um einen Superhelden von einem anderen Planeten. Schlug man eine amerikanische Zeitung auf, dann konnte man lesen, dass dem 29 Jahre alten Cabrera nicht nur zugetraut wird, Fielder nach oben zu wuchten, sondern im Tennis auch gegen Roger Federer bestehen oder ins Stadion schweben zu können. Oder die Detroit Tigers tatsächlich zum ersten Titel seit 28 Jahren zu führen.

Cabrera hatte wahrlich Historisches vollbracht. Er gewann in der Punkterunde in der American League die sogenannte Triple Crown: Er schaffte 44 Homeruns, sorgte mit seinen Schlägen für 139 Punkte seiner Mannschaft und erreichte einen Schlagdurchschnitt von 33 Prozent. Damit lag er in den drei wichtigsten Offensivkategorien vorne, was zuletzt Carl Yastrzemski im Jahr 1967 für die Boston Red Sox und in der 152 Jahre dauernden Geschichte der Major League Baseball (MLB) überhaupt erst 13 anderen Spielern gelungen war.

"Ich habe einige großartige Athleten gesehen in meinem Leben", sagte Detroits Trainer Jim Leyland, "aber so etwas habe ich noch nicht erlebt." Krawallrocker Kid Rock sagte: "Jeder Bürger dieser Stadt ist stolz, dass du das für Detroit geschafft hast." Cabrera selbst ging mit seinen Statistiken beinahe lapidar um: "Mir geht es richtig gut - aber nun beginnen die Playoffs, darauf muss ich mich konzentrieren."

Endlich einen Titel nach Detroit holen

Baseballspieler werden ja gerne die Boys of Summer genannt, weil die Saison im April beginnt und bis Ende September dauert. 162 Partien absolvierte jeder Klub, und in diesem Sommer führte Cabrera die Tigers zu 88 Siegen, zum Titel in der American League Central und damit in die Ausscheidungsrunde, die gerade gespielt wird. Er und Fielder prügelten in der Offensive den Ball zuverlässig ins Feld oder kräftig aus dem Stadion, in der Defensive konnten sich die Tigers auf die Werfer Justin Verlander und Max Scherzer verlassen.

Die Playoffs der MLB allerdings beginnen erst im Oktober, weshalb am Ende nicht die Schönwetterjungs den Titel gewinnen, sondern die Boys of Fall - also jene, die im Herbst formidabel spielen. Detroit indes beherbergt seit 118 Jahren einen Verein, der weder im Sommer noch im Herbst besonders erfolgreich war. Erst vier Mal konnten die Tigers die Meisterschaft gewinnen: Den ersten Titel gab es vor dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1935, zuletzt siegten sie im Jahr 1984, als Detroit noch als Motor der amerikanischen Wirtschaft galt.

Bis vor wenigen Jahren galten die Tigers als schlechtester Verein der gesamten Liga, erst in den vergangenen Spielzeiten gab es im Sommer wieder mehr Siege als Niederlagen. Im Herbst allerdings scheiterte Detroit: 2006 verloren sie in der World Series deutlich gegen die St. Louis Cardinals, in den folgenden vier Jahren qualifizierten sie sich jeweils nicht für die Playoffs, weil sie im September regelmäßig Niederlagenserien hinlegten. 2011 schafften sie es in die Playoffs und unterlagen in der zweiten Runde den Texas Rangers.

In dieser Saison gelang den Tigers mit sechs Siegen aus den letzten sieben Partien gerade noch die Playoff-Qualifikation, vor der Serie gegen die Athletics sagte Cabrera: "Natürlich ist Oakland der Favorit - aber in den Playoffs weiß man nie, was passieren wird. Wir sind bereit." Die ersten beiden Partien gewannen die Tigers, sie brauchen aus den drei Spielen in Oakland noch einen Sieg, um ins Finale der American League einzuziehen, die nächste Partie findet am Dienstag statt. Nächster Gegner wären dann entweder die New York Yankees oder die Baltimore Orioles, in der National League sind Cincinnati und Washington Favoriten auf den Einzug in die World Series, die vom 24. Oktober an ausgetragen wird.

Miguel Cabrera übrigens konnte seine Form in die Ausscheidungsrunde hinüberretten, sein Schlagdurchschnitt liegt derzeit bei herausragenden 37,5 Prozent. Allerdings hat er mit seinen Treffern bislang nur Punkte vorbereitet und nicht selbst erzielt. "Wir gewinnen, also ist mir das erst einmal egal", sagt Cabrera. Es zählt nur die Meisterschaft - oder wie Kid Rock bettelt: "Miguel! Sir! Gratulation! Wenn Sie uns nun bitte noch den Titel nach Hause bringen könnten?"

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