Reiterin Dujardin auf Valegro:"Er wird für immer bei mir bleiben"

Equestrian CHIO in Rotterdam

Ein Team: Die Britin Charlotte Dujardin mit Valegro

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Britin Charlotte Dujardin ist gemeinsam mit ihrem Wallach Valegro den Weg nach oben gegangen, bis zum Olympiasieg. Dabei wäre das Pferd, das mehrere Millionen Euro wert sein soll, beinahe verkauft worden.

Von Gabriele Pochhammer, Aachen

Die Sonne brennt auf den Abreiteplatz am Dressurstadion in der Soers. Ruhig zieht die Britin Charlotte Dujardin mit Valegro ihre Bahn. Zufrieden und ohne jede Hektik gehorcht der zwölfjährige Dunkelbraune den unsichtbaren Anweisungen seiner Reiterin. Schritt für Schritt steigert die 29-jährige Olympiasiegerin die Schwierigkeit der Lektionen, reitet zwischendurch wieder Schritt, hält an, damit der Trainer und Mitbesitzer von Valegro, Carl Hester, dem zwölfjährigen Dunkelbraunen ein Stück Zucker reichen kann. Zwischendurch lacht sie, immer dann, wenn Carl Hester, mit dem sie durch Kopfhörer verbunden ist, einen Witz macht.

Reiten muss Spaß machen, ist seine Devise. Erst ganz am Schluss kommen ein paar Diagonalen starker Trab hinzu, das ist die Lektion, in der das Pferd über den Boden fliegt, als hätte es Siebenmeilenstiefel. Und am Ende dann die Passagen und Piaffen, der erhabene Trab und die Trabtritte auf der Stelle. Sie sind Valegros Stärke und nur ein Pferd, das hier brilliert, darf sich zur Elite zählen.

So wie Totilas von Matthias Rath, Damon Hill von Helen Langehanenberg, Bella Rose von Isabell Werth, oder auch Parzifal der Olympiazweiten Adelinde Cornelissen. Dies sind die Gegner, auf die Valegro ab diesem Donnerstag treffen wird. Jeder kann jeden schlagen - so spannend war die Dressur beim CHIO Aachen schon lange nicht mehr.

Zum ersten Mal ist das Olympiasiegerpaar in Aachen. Vor WM und Olympia gehen sich die Topreiter normalerweise weiträumig aus dem Weg, um in den Köpfen der Richter keine verfrühte Rangordnung zu etablieren, diesmal wird es quasi zu einer Vorentscheidung für die Weltreiterspiele Ende August in der Normandie kommen. Für Charlotte Dujardin kein Grund, Nerven zu bekommen. "Ich reite, so gut ich kann, mehr kann ich nicht tun."

Dass sie überhaupt die WM 2014 in Angriff nehmen würde, hätte sie vor zwei Jahren nicht geglaubt. Schon in London war von einem Verkauf des holländischen Wallachs die Rede. Damals schätzten Fachleute seinen Wert auf mehrere Millionen. Aber ein Handel kam nie zustande, Valegro wurde noch nicht einmal von Kaufinteressenten ausprobiert. "Das war eine schwere Zeit", sagt Dujardin, "jedes Turnier hätte unser letztes sein können." Jetzt haben die Besitzer beschlossen, dass Valegro unverkäuflich ist. "Er wird für immer bei mir bleiben", sagt seine Reiterin, "das war eine Riesenerleichterung."

Team GB Kitting Out

Entspannt in Aachen: Charlotte Dujardin, Dressur-Olympiasiegerin von 2012.

(Foto: Warren Little/Getty Images)

Begabteste Schülerin ist Phoebe

Anders als viele ihrer Mitbewerber wurde Charlotte Dujardin nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren. Aber es reichte für ein erstes Pony, für Auftritte in Schauklassen, wobei es - oft vor großem Publikum - darum geht, dass sich Reiter und Pferd entspannt und zufrieden von ihrer besten Seite zeigen. Schon als Kind hat Dujardin auf diese Weise die Scheu vor der Öffentlichkeit verloren, bei Carl Hester, bei dem sie einst als Urlaubsvertretung anfing, erlernte sie die höhere Reitkunst.

Valegro hat sie als Fünfjährigen unter den Sattel bekommen, zusammen sind sie den Weg nach oben gegangen. Weil sie sich so gut verstanden, verzichtete Hester darauf, den Wallach selbst zu reiten. Die Ausbildung des Pferdes macht Dujardin so viel Spaß wie die Wettkämpfe selber. "Niemals würde ich mich auf ein gemachtes Pferd setzen, das von anderen ausgebildet wurde. Man verpasst das Beste." So denkt nicht jeder, und vor allem: Das kann nicht jeder.

Aber lernen wollen es viele. Seit ihrem Olympiasieg kann sich Dujardin vor Trainingsanfragen nicht retten. Nur wenige kann sie nehmen, morgens reitet sie selbst, die Nachmittage gehören dem Unterricht. Ihre begabteste Schülerin ist die 15-jährige Phoebe, die schon als Ponyreiterin Furore machte. Jetzt gab Dujardin ihr ein fünfjähriges Nachwuchspferd zur Ausbildung.

"Ich will ihr helfen, so wie mir von Carl geholfen wurde," sagt Charlotte Dujardin. Und sie hat einen guten Rat für Phoebe: "Sich niemals von anderen Leuten unter Druck setzen lassen. Es muss Spaß machen und an dem Tag, an dem ich keinen Spaß mehr an meinem Pferd hätte, würde ich aufhören."

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