Regionalliga-Geschichten:Prasselnde Bewerbung

Der FC Ingolstadt steht mit der ersten Mannschaft im Kampf gegen den Bundesliga-Abstieg. Trotzdem liefert der Klub positive Eindrücke. Einer davon: U23-Trainer Leitl empfiehlt sich mit seiner Arbeit für höhere Aufgaben.

Von Thomas Gröbner

Es schien, als hätte der Schiedsrichter geahnt, was gleich passieren würde. Bevor er die Regionalliga-Begegnung zwischen dem 1. FC Nürnberg II und dem FC Ingolstadt II anpfiff, da ließ er erst einmal das Tornetz flicken. Das war nötig, denn das Netz des Gastgebers mussten gleich einiges aushalten. Die Bälle prasselten hinein, 6:0 stand es am Ende für die Ingolstädter. Unerbittlich bestraften sie die Nürnberger Philosophie des schönen Fußballs, immer wieder stibitzten sie den Ball. Auch als das Spiel längst verloren war, hielt der Club-Nachwuchs fest an seiner Idee. "Nürnberg kam uns gelegen", sagt Stefan Leitl, der keine Gnade mit seinem ehemaligen Verein kannte. Der Sieg war "auch in der Höhe verdient", was überrascht, denn Ingolstadt war in drei Spielen zuvor ohne eigenes Tor geschlagen vom Platz geschlichen. Die Gegner dabei: Keine Nachwuchsteams, sondern gestandene "Herrenmannschaften", wie Leitl das nennt. Gegen die prallten die Ingolstädter Angriffsversuche regelmäßig ab; um zu bestehen, habe zuletzt die Aggressivität gefehlt. Da trifft es sich gut, dass Leitl ein Spieler in den Kader gespült wurde, dessen hervorstechendsten Tugenden Temperament und Arbeitsmoral sind. Tobias Levels, ein kantiger Zweikämpfer und eigentlich der Mann fürs Grobe in Ingolstadts Bundesliga-Mannschaft. Doch nach einer verbalen Grätsche gegen seinen Trainer Walpurgis wurde er in die Nachwuchsabteilung verbannt. "Unheimlich wertvoll" sei Levels nun dort, "als Spieler und als Persönlichkeit", sagt Leitl über seinen neuen Abwehrmann. Er lasse sich nicht hängen, auch wenn für ihn wohl keine Aussicht auf Begnadigung besteht.

Der geschasste Levels hilft nun mit, nachdrückliche Empfehlungsschreiben an Leitls Arbeitgeber zu formulieren. Gerade hat er die Fußballlehrer-Lizenz geschafft. "Hauptsache bestanden", sagt Leitl, "die Noten kommen noch". Damit darf der 35-Jährige in Zukunft Profi-Vereine trainieren. Seinen ohnehin langfristig angelegten Vertrag hat Leitl noch einmal verlängert, noch zwei Jahre hat der FC Ingolstadt Zeit, aus einem seiner besten Fußballer und Identifikationsfiguren einen Trainer zu formen. Schon bevor Maik Walpurgis kam, da geisterte Leitls Name durch die Trainerfindungskommissionen. Doch der "Karriereplan", den der FCI für Leitl hat, ließ es noch nicht zu. Aber der Klub wisse: "Ich möchte im Profibereich arbeiten".

Dabei war Leitl 2007 nur schwer nach Ingolstadt zu lotsen. Als die Ingolstädter Abgesandten sich damal im Bahnhofscafé in Nürnberg um einen Tisch scharten, da war Leitl erst gar nicht so angetan. "Ich hatte bessere Angebote", sagte er damals. Ingolstadt spielte Regionalliga, Leitl war in Darmstadt unglücklich. Doch Leitl unterschrieb. Fortan war er der Architekt des Ingolstädter Spiels, als Kapitän reifte er spät zum Torjäger. 2013 war dann Schluss für Leitl, mit 35. Erst wollte er es nicht wahrhaben, noch bei seinem Abschiedsspiel grantelt er: "Genießen kann man seinen Abschied, wenn man sich selbst zu dem Schritt entschlossen hat. Und das war bei mir ja nicht der Fall."

Aber schon zwei Wochen später trainierte er die U17-Mannschaft, und inzwischen hat Leitl mit seiner Arbeit als U23-Trainer auf sich aufmerksam gemacht. Jüngst meldete sich der SV Darmstadt 98, auch so ein ehemaliger Verein, der Leitl nicht vergessen konnte. Sie wollten ihn locken, als Co-Trainer von Thorsten Frings. Am Ende ließen die Ingolstädter ihren Nachwuchs-Coach nicht ziehen. "Ich habe diese Entscheidung akzeptiert", sagte Leitl. Jetzt wendet er sich wieder der Zukunft zu. Die heißt nächste Woche Illertissen, eine Herrenmannschaften.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: