Real Madrid in der Champions League:Ronaldo: Im Kofferraum in die Promiklinik

Lesezeit: 3 min

Wieder fit? Cristiano Ronaldo. (Foto: Getty Images)
  • Auch dank ungewöhnlicher Methoden ist Cristiano Ronaldo von seiner Verletzung genesen und kann Real Madrid nun ins Finale der Champions League schießen.
  • Gegen ManCity brauchen die "Königlichen" ihren Torjäger in Bestform.

Von Javier Cáceres, Madrid

Um 13.57 Uhr betrat Zinédine Zidane, der Trainer von Real Madrid, den Presseraum, mit Gesichtszügen, die entspannt waren wie selten in jüngster Zeit. Das sommerliche Wetter, 28 Grad bei strahlend blauem Himmel, mag dazu beigetragen haben. Doch der Grund dafür, dass der ehemalige französische Weltklasse-Fußballer gelöst wirkte, war eher sportlicher Natur und hatte mit jener Nachricht zu tun, die er den Madridistas am Vorabend des Halbfinal-Rückspiels der Champions League gegen Manchester City nachgerade feierlich mitzuteilen hatte: "Cristiano Ronaldo ist fit - zu einhundert Prozent!"

Am 20. April hatte sich Real-Torjäger Ronaldo verletzt; über die Frage, ob im Kniesehnenstrang eine Muskelfaser gerissen war oder die Blessur weniger schlimm war, wurde in Madrid heftig debattiert. Auch in Portugal machte man sich große Sorgen, der Mannschaftsarzt der Nationalelf stellte gar in den Raum, Ronaldo setze die EM-Teilnahme aufs Spiel, wenn er die Verletzung nicht vernünftig auskuriere. Ob es eine Gefahr gebe, dass Ronaldo einen Rückfall erleidet? "Keine", sagte Zidane am Dienstag dazu schneidend und trocken.

"Ich werde in die Geschichte eingehen", sagt Ronaldo

Die Erleichterung über Ronaldos Genesung ist nur allzu nachvollziehbar. Gerade in der Champions League ist Ronaldo für Real Madrid elementar: Er war in dieser Saison an 20 der 24 Königsklassen-Tore der Madrilenen beteiligt. 16 Tore hat er selbst geschossen, sein Rekord liegt bei 17, er stammt aus der vergangenen Saison. Belegt ist, dass er diese Marke unbedingt übertreffen will - obwohl er soeben in gewohnter Bescheidenheit versicherte, mit dem bisher Geleisteten ganz zufrieden zu sein: "Ob es den Leuten gefällt oder nicht, ich werde in die Geschichte eingehen. Die Zahlen sprechen für sich."

Belegt ist überdies, dass Ronaldo nichts unversucht ließ, um fit zu werden. Weil er zu den Spielern zählt, die Reals Mannschaftsarzt misstrauen - der gilt als das Ohr von Präsident Florentino Pérez in der Real-Kabine und soll sich schon mal bei Diagnosen geirrt haben -, ließ sich Ronaldo im Kofferraum in jene Promiklinik fahren, die normalerweise Spaniens Königsfamilie betreut. Und in Barcelona berichteten die Gazetten mit Süffisanz, dass Ronaldo in seiner Verzweiflung gar Hilfe vom Feind erbeten habe: Er soll seine Berater beauftragt haben, die medizinische Abteilung des Erzrivalen FC Barcelona diskret zu konsultieren.

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Wie es auch immer um Ronaldos Zustand bestellt ist - in Madrid ist man erleichtert, dass der andere 100-Millionen-Euro-Stürmer, Gareth Bale, just in diesen Tagen die beste Form seiner fast dreijährigen Zugehörigkeit zu Real erreicht hat. Zumal die dritte Offensivkraft der Madrilenen, Mittelstürmer Karim Benzema, wegen einer Muskelverletzung im Rückspiel gegen City nicht zur Verfügung steht.

Bale also wartet zwar in dieser Saison noch immer auf ein Champions-League-Tor. Dafür ist die Effektivität des Walisers in der spanischen Liga beachtlich: In 22 Spielen hat er 19 Tore erzielt. Er trifft, gemessen an seiner Nettospielzeit, alle 87 Minuten, häufiger als Ronaldo (98). Auch er hat in dieser Saison wieder mit Verletzungsproblemen zu kämpfen gehabt und mehr als ein Drittel aller Meisterschaftsspiele verpasst.

Aber nun ist er zu jenem Mann geworden, der Real in Spaniens Liga im Titelrennen gehalten hat. Am vorletzten Spieltag sicherte er mit zwei Toren bei Rayo Vallecano den 3:2-Sieg, am vergangenen Sonntag erzielte er bei Real Sociedad San Sebastián das 1:0-Siegtor - per Kopf. Der Waliser ist der beste Kopfballschütze des Kontinents: Er weist nun schon neun Treffer mit dem Schädel auf - und verweist damit zwei Spieler von Darmstadt 98, Aytac Sulu sowie Sandro Wagner, im Ranking der erfolgreichste Köpfler Europas mit jeweils acht Toren auf die Plätze.

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"Es liegt in der Natur des Klubs, den Pokal jedes Jahr zu gewinnen"

Dass Bale in dieser Saison aufblüht, dürfte vor allem Vereinschef Pérez erleichtern. Er sieht in Bale, 26, bekanntlich den Mann, der Ronaldo, 31, möglichst bald als weltumspannende Real-Ikone ablösen soll; nicht umsonst akzeptierte er eine Ablösesumme von 100 Millionen Euro für Ex-Klub Tottenham. Warum Bale ausgerechnet jetzt den Durchbruch schafft? Ob Ronaldos Abwesenheit half? "Ich habe im vergangenen Jahr nicht mal annähernd mein Potenzial abgerufen", sagt Bale dazu.

Zumindest scheint er den Anpassungsprozess an Spaniens Fußball abgeschlossen zu haben. Die Debatten um seine richtige Position sind verraucht, der künftige Bayern-Coach Carlo Ancelotti hatte den gebürtigen Linksfuß Bale auf die rechte Angriffsseite beordert, weil die linke durch Ronaldo besetzt war. Die Pfiffe im Bernabéu-Stadion sind ebenso gewichen wie die Erinnerung an die Klage seines Managers Jonathan Barnett: Er hatte im vergangenen Jahr gesagt, Bale werde von seinen Kameraden bei Real geschnitten. Unterbewusst war auch etwas Wahres dran: Weil Bale häufig und gerne das taktische Gleichgewicht durcheinanderbrachte, zirkulierte der Ball schon mal an Bale vorbei.

Was er in jedem Fall verinnerlicht hat, sind die Ansprüche, die in Madrid herrschen. "Ich dachte, dass die Leute hier zufrieden wären, wenn erst mal die Décima, die zehnte Champions League gewonnen wäre", sagte er mit Blick auf den Sieg im Finale 2014 gegen Atlético, an dem er auch seinen Anteil hatte: "Aber nein, es liegt in der Natur des Klubs, den Pokal jedes Jahr zu gewinnen", fügte Bale nun hinzu. Auch seine Augen sind auf das Finale von Mailand gerichtet.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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