Real Madrid:Die neue Genügsamkeit von Real Madrid

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Dauergrinser: die sieggewohnten Spieler von Real Madrid nach dem Supercup in Skopje. (Foto: Javier Etxezarreta/imago)
  • Nach dem Sieg im Supercup gegen Manchester United kündigt Real-Boss Florentino Pérez an, keinen neuen Spieler mehr kaufen zu wollen.
  • "Hier passt keiner mehr rein, wir haben bereits sehr gute Spieler", sagte der Präsident.
  • Die antizyklische Politik überrascht die Konkurrenz.

Von Javier Cáceres, Berlin/Skopje

Der Boss war zufrieden, und das war auch einigermaßen nachvollziehbar. Mit 2:1 hatte Champions-League-Sieger Real Madrid soeben gegen den Europa-League-Gewinner Manchester United gewonnen, auf diese Weise als erste Mannschaft seit fast einem Menschengeschlecht den europäischen Supercup verteidigt und den Traum von sechs Titeln in einer Saison am Leben gehalten. Es war, kurzum, ein Moment wie gemalt, um der aktuellen, von Trainer Zinédine Zidane angeführten Belegschaft ein Vertrauensvotum der besonderen Art zu erteilen.

Denn natürlich wurde Real Madrids Vereinschef Florentino Pérez gefragt, ob noch ein Spieler dazu kommen werde, und der Baulöwe antwortete in kaum zu erwartender Deutlichkeit: "Hier passt keiner mehr rein, wir haben bereits sehr gute Spieler", sagte Pérez, "das Beste ist, nichts zu tun und, wie Zizou letztes Jahr sagte, mit den Gleichen wie bisher weiterzumachen", fügte er hinzu.

Das war insofern erstaunlich, weil Pérez und Real Madrid bislang für ultimative Irrationalität standen, zumindest in Bezug auf das Transfergebaren: Figo, Zidane, Owen, Beckham und (der dicke) Ronaldo begründeten einst in Pérez' erster Amtszeit die Ära der Galácticos; das zweite Mandat des Bauunternehmers steht im Zeichen von neogalaktischen Profis wie Karim Benzema, Gareth Bale und Cristiano Ronaldo. Die Essenz des Florentinismus illustrierte Reals früherer Sportdirektor Jorge Valdano, als er vor ein paar Wochen eine Anekdote aus dem Jahr 2002 erzählte.

Seinerzeit habe er, Valdano, Pérez ans Herz gelegt, das damalige brasilianische Talent Kaká zu verpflichten: "Wir können ihn jetzt für zwölf Millionen Euro holen, in vier Jahren kostet er 60 Millionen Euro", habe er zum Präsidenten gesagt. "Florentinos Antwort war unvergesslich: ,Mach dir keine Gedanken, Jorge, wir holen ihn, wenn er 60 Millionen kostet.'" Doch nun, da sich die damals aberwitzig wirkenden 60 Millionen Euro längst multipliziert haben, der Markt für Fußballerbeine also endgültig florentinischen Gesetzen zu gehorchen scheint und komplett überdreht, ruft Pérez eine antizyklische Politik aus.

Auch an Mbappé war Real nicht interessiert

Zwar wurde Real Madrid mit dem Stürmer-Juwel Kylian Mbappé von AS Monaco in Verbindung gebracht. Doch die Spanier sind offenbar nicht willens (oder nicht in der Lage), die Ablöse von mehr als 180 Millionen Euro zu stemmen, die der AS Monaco angeblich für den 18-jährigen Nationalspieler aufruft. Anders lässt sich Pérez' Einlassung am Rande des Supercups in Skopje jedenfalls kaum interpretieren - es sei denn, sie war taktisch motiviert.

Dagegen spricht allerdings, dass am Mittwoch in Frankreich vermeldet wurde, Mbappé stehe vor einem Wechsel zu Paris St.-Germain, das in der Vorwoche bereits beim FC Barcelona Brasiliens Nationalstürmer Neymar Jr. für 222 Millionen Euro ausgelöst hatte.

In Skopje war gut zu beobachten, dass sich Florentinos neue Genügsamkeit rechnet. Der sechste Titelgewinn seit dem Amtsantritt von Trainer Zidane im Januar 2016 war ein sehr fußballerischer Sieg gegen ein teures, aber kaum kreatives United-Team. Zwar ätzte Manchesters Trainer José Mourinho in gewohnter Manier zu Recht über den Referee, weil der beim 1:0 die (freilich nur schwer zu erkennende) Abseitsstellung von Casemiro übersehen hatte und in der zweiten Halbzeit dem Einwechselspieler Ronaldo angeblich eine "Hommage" zukommen ließ: "Immer wenn Cristiano einen Freistoß wollte, wurde das Spiel unterbrochen", sagte Mourinho.

Gleichwohl kam "Mou" nach seiner vierten Niederlage im vierten Pflichtspiel gegen Real nicht umhin, das Offensichtliche einzugestehen: "Madrids Mittelfeldspieler sind einzigartig. Es gibt keine Erwiderung auf Modric, Kroos, Casemiro oder Isco." Dieser Isco war auch derjenige, der nach 51 Minuten das 2:0 erzielte. Uniteds neuer Mittelstürmer Romelu Lukaku (85 Millionen Euro Ablöse) konnte nur verkürzen. Auch wenn United danach drängte - spielerische Überlegenheit konnte nur Real Madrid für sich reklamieren.

Sogar Gareth Bale überzeugte - ein Zeichen dafür, dass er sich in Madrid wohler fühlt, als zuletzt kolportiert worden war. United-Trainer Mourinho hatte im Vorfeld des Supercups sehr offen um Bale geworben, Bale stellte nun jedoch klar, dass er an einem Wechsel nicht interessiert sei. Und Real-Präsident Pérez stellte klar, dass er einen Verkauf des Walisers "nicht in Betracht ziehe".

Mourinho reagierte pikiert: "Möge er glücklich werden", rief er Bale hinterher, der Waliser wiederum erläuterte, sein Wohlbefinden steige mit Titelgewinnen wie dem Sieg beim Supercup. In den kommenden Tagen könnte der nächste Erfolg folgen: Am Sonntag tritt Madrid bei Pokalsieger FC Barcelona zum Hinspiel um den spanischen Supercup an; das Rückspiel folgt am Mittwoch in Madrid: "Wir wollen alles gewinnen", sagte Bale.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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