Real-Legende Alfredo Di Stéfano:Alter Mann, junges Herz

Alfredo Di Stefano

Will heiraten - freiwillig? Alfredo Di Stéfano (Archivbild).

(Foto: dpa)

Einst überragte Alfredo Di Stéfano mit seiner Spielintelligenz alle anderen Akteure von Real Madrid, galt als einer der besten Fußballer der Welt. Nun ist er 86 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl - und will noch mal heiraten. Ganz Spanien fragt sich: Freiwillig?

Von Oliver Meiler, Barcelona

Sie nannten ihn "Saeta Rubia", Blonder Pfeil. Doch Alfredo Di Stéfano, aufgewachsen in Buenos Aires, Sohn von italienischen Auswanderern, war damals, in den 50er und 60er Jahren, mehr als ein pfeilschneller Stürmer: ein kompletter Fußballer war er, modern vor der Moderne, einer, der das Spiel dachte, gestaltete, atmete.

Mürrisch und fordernd ging er mit seinen Kameraden um. Er maß alle an seiner Klasse, das machte ihn nicht beliebt. Doch er schoss so viele Tore, überstrahlte so viele Spiele mit seiner Fußball-Intelligenz, dass er schon zu Aktivzeiten eine bejubelte Legende war - vor allem bei Real Madrid, dem Klub, dem er viele Titel und Trophäen bescherte. Fast im Solo.

Nun ist Don Alfredo 86 Jahre alt, ein Mann im Rollstuhl und mit ungebrochen missmutiger Laune. Man benennt Sportplätze nach ihm. In seriösen Klassements der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts bringt er es in die Top Five - mit Beckenbauer, Pelé, Maradona und Cruyff.

Und da ihn Reals Präsident Florentino Pérez vor dreizehn Jahren zum Ehrenpräsidenten gemacht hat, zur moralischen Instanz sozusagen, erwächst Di Stéfano auch im Ruhestand eine ständige Aufmerksamkeit. Nun aber macht er Schlagzeilen, wie man sie von diesem alten Mann nicht erwartet hätte. Fast frivole. Di Stéfano will nämlich noch einmal heiraten. Sagt er jedenfalls. Aber sagt er es auch wirklich bewusst?

Die Dame ist fünfzig Jahre jünger als er: Gina González aus Costa Rica, 36. Spaniens Medien wissen nicht so recht, wie sie ihre Funktion an Di Stéfanos Seite beschreiben sollen: Managerin? Sekretärin? Repräsentantin? Doch aus allen Geschichten, die ihr in diesen Tagen angedeihen und die gar den Meistertitel des FC Barcelona (samt neuerlicher Messi-Verletzung) in den Schatten stellen, schimmert durch, dass es keine sehr ehrenwerten Motive sein können, die die junge Frau da antreiben, nun ja, dass es keine wahre Liebe ist.

Streit mit den Kindern

Di Stéfanos fünf Kinder sind entgeistert, kommunizieren nur noch mit Communiqués und Gerichtsvorladungen. Ein Arzt soll jetzt die Zurechnungsfähigkeit ihres Vaters prüfen. Sie erscheint ihnen schwer beeinträchtigt, so sehr, dass man ihm das Heiraten verbieten müsse. Und er? Er lässt über die Presse ausrichten, er sei zwar alt, sein Herz aber sei jung geblieben. Aber redet da wirklich er? Oder doch sie?

Es ist kein schönes Spiel.

El País titelt mit einer Spitze Ironie: "Manndeckung gegen Di Stéfano." Ums Geld allein kann es nicht gehen. Di Stéfano war zwar für damalige Verhältnisse ein gut bezahlter Profi. Reich aber wurde er mit seinen Künsten nicht. Die Berufung zum Ehrenpräsidenten war darum auch als Geste gedacht: Er erhält da ein Salär von 180 000 Euro im Jahr. Noch einmal 120 000 Euro gibt es dafür, dass Real im gut besuchten Vereinsmuseum im Santiago Bernabéu viele Souvenirs des blonden Pfeils ausstellen darf: Trikots, Schuhe, Auszeichnungen. Die Bewirtschaftung des sportlichen Mythos dürfte einmal sehr einträglich sein, das Copyright des Namens. Das ist das Erbe.

Von Gina González heißt es, ihr Schlafzimmer sei tapeziert mit Bildern Di Stéfanos. Als die junge Frau vor zehn Jahren nach Madrid kam, sagte sie ihren Freunden, sie wolle irgendwann einmal Präsidentin von Real Madrid werden. Mal gab sie sich als Anwältin aus, mal als Werberin. Sie suchte die Nähe von Vereinsfunktionären und Spielern.

Als dann Di Stéfanos erste Frau starb, konzentrierte sie sich ganz auf den berühmten Witwer, formulierte dessen Kolumnen in der Sportzeitung Marca, verwaltete die Agenda, entschied darüber, wer zu Audienzen vorgelassen wurde und wer nicht. Mit ihrem Gehabe ging sie bald vielen auf die Nerven. Der Antrag auf einen fixen Platz auf der Ehrentribüne im Bernabéu wurde abgelehnt. Gestellt hatte den Antrag Di Stéfano. Angeblich. Das Spiel ums junge Herz des alten Mannes wird wohl im Gericht entschieden.

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