RB Leipzigs Bruma:Sturmläufe wie von Arjen Robben

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"Seit Wochen das Spiel gegen Porto zwischen den Brauen sitzen": Leipzigs Angreifer Bruma (rechts, mit Yussuf Poulsen). (Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters)
  • Leipzigs Bruma will sich in der Champions League für die portugiesische Nationalmannschaft empfehlen.
  • "Bruma hat seit Wochen das Spiel gegen Porto zwischen den Brauen sitzen", sagen Menschen, die ihm nahe stehen.
  • Manager Ralf Rangnick glaubt, dass man fast jeden Tag sehen könne, wie Bruma besser werde.

Von Javier Cáceres, Berlin

Nachdem der Fußballprofi Armindo Tué Na Bangna, genannt Bruma, seine bislang erfolgreichste Dienstreise als Angestellter des Bundesligisten RB Leipzig beendet hatte, verspürte er Hunger. Es war weit nach Mitternacht, als Bruma in Leipzig aus dem Mannschaftsbus stieg, und damit einerseits eine Zeit, zu der Bruma angeblich nicht mehr isst - er verzichtet gern aufs Abendessen -, zu der aber andererseits auch nicht mehr allzu viele Lokale in Deutschland warmes Essen servieren. Doch er hatte ein paar Freunde zu Gast, unter ihnen Dú, der Bruma schon seit Jahren ein bruderähnlicher Begleiter ist. Sie bekochten Bruma, mit Reis und Hühnchen. Sie spielten noch ein wenig an der Playstation, um die Müdigkeit über das Adrenalin siegen zu lassen; dann ging es, gegen vier Uhr, ins Bett.

Feiern nach dem Glanzauftritt vom Samstag in Dortmund? Wo er in der ersten Halbzeit nach Maßgabe seiner Vorgesetzten, dem Trainer Ralph Hasenhüttl und Manager Ralf Rangnick, "überragend" gespielt hatte? Rasch den schnellen Ruhm genießen, in der Stadt? Ein anderes Mal vielleicht. "Bruma hat seit Wochen das Spiel gegen Porto zwischen den Brauen sitzen", sagen Menschen, die ihm nahe stehen.

Die Gründe liegen auf der Hand: Bruma, 22, ist zwar in Guinea-Bissau geboren, aber portugiesischer Staatsbürger, und sein großer Traum ist es, bei der WM 2018 in Russland dabei zu sein. Er hat alle Nachwuchs-Nationalteams Portugals durchlaufen. Doch in der A-Mannschaft hat er noch nicht debütiert, nicht zuletzt wegen der Konkurrenz von Spielern wie Cristiano Ronaldo, Nani oder Quaresma, die einige Sterne auf den Schulterklappen haben.

Umso wichtiger ist für Bruma das Spiel gegen Porto (20.45 Uhr/Sky), das alle Blicke in Portugal auf ihn ziehen wird. Erst recht nach dem 3:2-Sieg in Dortmund, in dem er den zweiten Treffer von RB Leipzig mit einem sensationellen Solo vorbereitete. Er entwischte erst seinem Bewacher Toljan an der linken Außenbahn, dann stoppte er ab, als wollte er auf Toljan warten, um ihm an der Grundlinie ein zweites Mal zu entfliehen. Dann legte er den Ball auf Yussuf Poulsen zurück, der nur einschieben musste.

Bemerkenswert war die Aktion auch deshalb, weil sie eine Spielintelligenz ausstrahlte, die ihm bisher mitunter abgesprochen wurde. Bruma wurde beim Ronaldo-Klub Sporting Lissabon groß und dann an Galatasaray Istanbul verkauft, dort aber verlieh man ihn erst an Gazantiepspor und an Real Sociedad San Sebastián. Dort hätten sie ihn nach einer von Misserfolgen und Trainerwechsel geprägten Saison 2015/16 gern gehalten, der Preis aber, den Galatasaray aufrief, war den Basken angesichts der Unstetigkeit Brumas zu hoch - obwohl ihm niemand je vergaß, dass er Keylor Navas, dem Nachfolger von Portos und Real Madrids früherem Torwart Iker Casillas, den Ball famos in den Winkel gezirkelt hatte.

Im Sommer wechselte er schließlich für angeblich 12,5 Millionen Euro nach Leipzig, wo sie zunächst Geduld mit ihm aufbrachten: Gegen Dortmund absolvierte er erst sein drittes Bundesligaspiel über die volle Distanz. Zwar definierte Manager Rangnick auch am Samstag wieder Brumas Stil als "ein bisschen anarchisch", er bescheinigte ihm aber vor allem, dass man fast jeden Tag sehen könne, wie er besser werde. Am Montag stimmte Trainer Ralph Hasenhüttl seinem Chef zu.

Dass er durch sein Tempo, seine physische Präsenz und sein Dribbling kaum zu halten sei, sei bekannt. Bruma erinnert mit seinen Sturmläufen tatsächlich an Ronaldo ("mein Idol") oder auch den niederländischen Bayern-Profi Arjen Robben; auch Bruma spielt ja spiegelverkehrt. So wie Robben als Linksfuß auf der rechten Außenbahn spielt und dann nach innen zieht, spielt Bruma als Rechtsfuß gern auf der linken Seite, um ebenfalls nach innen zu ziehen und zentral den Abschluss zu suchen.

Mittlerweile, sagte Hasenhüttl, sei er ausdauernder geworden und im Positionsspiel besser, mit einem Wort: kompletter geworden. Für Leipzig kommt das zum richtigen Augenblick, gegen Porto geht es nach einem Punkt aus zwei Partien in der Champions-League-Gruppe schon um alles: "Ich will nicht von einem Pflichtsieg sprechen, aber wenn wir die Chance haben wollen, weiterzukommen, müssen wir einen Dreier holen", erklärte der Coach.

Auch Bruma käme das im Kampf um Aufmerksamkeit entgegen, sein Name war ja nicht immer allen ein Begriff. Als er mit Real Sociedad in Barcelona spielte, war den Autoren des Spielberichtsbogen der Spitzname entfallen, Bruma, zu Deutsch: Dunst. Er wurde mit einem verwandten Naturphänomen annonciert: Mit der Nummer 7: Niebla, zu Deutsch: Nebel.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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