RB Leipzig:Was Timo Werners Schwalbe beweist

RB Leipzig v - FC Schalke 04 - German Bundesliga

Schwalbe gemacht, Elfmeter verwandelt, vor den Fans gejubelt: Leipzigs Timo Werner.

(Foto: REUTERS)

Tabellenführer RB Leipzig will den Erfolg mit allen Mitteln - auch wenn diese nicht im Regelbuch stehen.

Kommentar von Sebastian Fischer

Timo Werner konnte einem irgendwie auch leid tun, wie er dort verschwitzt und erschöpft in den Katakomben des Leipziger Stadions stand und wusste, dass nun jedes seiner Worte zählte. Würde er seine Schwalbe vor dem Elfmeter zum wegweisenden 1:0 beim 2:1-Sieg gegen den FC Schalke zugeben? Hatte er mit dem Schiedsrichter über die Szene gesprochen, hatte er die Aussage verweigert, hatte er gar gelogen? Als Werner dann auch noch davon sprach, dass es im Stadion zu laut gewesen sei, um sein Geständnis zu hören, wollte man ihn am liebsten in den Arm nehmen. Und doch hatte Werner der Liga einen Grund geliefert, warum sie diese so freundlich und höflich anmutenden Leipziger jetzt aber wirklich ein wenig zu fürchten hat.

Abgesehen davon, dass die Szene vor dem 1:0 ein weiteres Argument für die Einführung des Videobeweises gewesen war und sie dem Schiedsrichter Bastian Dankert wohl ziemlich unangenehm ist, ließ sie sich nämlich auch so deuten, dass diese Mannschaft namens RB Leipzig den Erfolg in dieser Saison mit wirklichen allen verfügbaren Mitteln erzwingen kann und will. Auch wenn diese Mittel nicht unbedingt im Regelbuch vorgesehen sind.

Egal, wie er sie nun mit leiser Stimme im lauten Leipziger Jubel kommentiert hat - Timo Werners Schwalbe bleibt eine Schwalbe, wie er selbst mit etwas Verspätung auch zugab, die den zehnten Saisonsieg für RB auf den Weg brachte. Spieler, die diese Unsportlichkeit rechtzeitig zugeben, die in der Hektik natürlich schon mal passieren kann, werden dafür zurecht gelobt. Spieler, die den Elfmeter verwandeln und danach jubelnd die Faust in die Kurve recken, müssen sich Kritik anhören. Das gehört zum Job dazu.

Erinnerungen an Andy Möller

Nun ist Timo Werner noch nie in seiner jungen, dafür aber schon sehr aufregenden Laufbahn als unsportlicher Fußballer aufgefallen. Auffälliger waren auch am Samstagabend seine schnellen Sprints, seine Flanken, sein achtes Saisontor. Vielleicht wird man sich an sein Fallen im Schalker Strafraum in ein paar Wochen gar nicht mehr erinnern. Vielleicht wird die Schwalbe in die Best-of-Sammlungen eingehen wie Andy Möllers legendäre, von ihm selbst "Schutzschwalbe" genannte Einlage, 1995 für Borussia Dortmund gegen den Karlsruher SC - auch wenn sich Werner für diesen Zweck natürlich eine lustigere Ausrede hätte einfallen lassen müssen. Er sagte bloß: "Es ist eine - Punkt", eine Schwalbe also.

Vielleicht wird sie aber auch nur als ein Indiz in die Chronik dieser Saison eingehen. Die Roten Bullen, die bislang - von der Diskussion über ihren reichen Sponsor einmal abgesehen - der Bundesliga vor allem Pressing, Tempofußball und freche Repliken auf Münchner Verbalspitzen geschenkt haben, können manchmal eben auch ganz schön fiese Bullen sein, wenn's ums Gewinnen geht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: