RB Leipzig:Keita, immer Keita

RB Leipzig: Naby Keita (l.): Gegen Bremen in Höchstform

Naby Keita (l.): Gegen Bremen in Höchstform

(Foto: AFP)

Von Saskia Aleythe

Was eine kluge Kaderplanung ist, zeigt sich nicht zwingend nur auf dem Platz. Marvin Compper zum Beispiel ist 31 Jahre alt, seit zwei Jahren Abwehrspieler bei RB Leipzig - und gerade auch wegen seiner Sprachkenntnisse ein gefragter Mann. Denn der frühere Hoffenheimer ist Sohn eines Franzosen und ist damit bestens geeignet als großer Bruder für Leipzigs Top-Transfer des Sommers. Der heißt Naby Keita, kommt aus Guinea und gibt Interviews bisher nur auf Französisch. Für die vereinseigenen Videos wird dann schon mal Compper als Fragesteller und Übersetzer engagiert. Zum Dank nennt ihn Keita, 21 Jahre alt, gerne mal: Le vieux - den Alten.

Naby Keita ist ein eifriger Mensch. "Im Leben wird dir nichts geschenkt", sagt er und natürlich nimmt er längst Deutschstunden - schon bald will er sein erstes Interview auf Deutsch geben. Spätestens nach seinen zwei Toren beim 3:1 gegen Bremen am vergangenen Sonntag ist der Mittelfeldspieler ein gefragter Mann in der Bundesliga: Beim 1:0 hat er gleich fünf Bremer inklusive Torwart per Sololauf über 30 Meter ausgespielt und mit seinen beiden Treffern Leipzig auf Platz zwei geschossen. Trainer Ralph Hasenhüttl sagt: "Wenn er mal den Ball am Fuß hat, ist er eine Waffe." Mitspieler Bernardo sagt: "Naby kann ein Weltklassespieler werden." Es ist also ganz gut losgegangen für ihn bei RB.

Der Top-Transfer des Vereins sollte im Sommer eigentlich Breel Embolo heißen: Wochenlang versuchte die Vereinsführung sich die Dienste des Schweizer Nationalspielers zu sichern, stieg aber aus, als die Summen für den Mann vom FC Basel zu hoch wurden. Nur Stunden später zauberten die Sachsen dann Keita aus dem Hut: 15 Millionen Euro sollen von RB Leipzig zu RB Salzburg transferiert worden sein, wo Keita seit 2014 spielte. Embolo ging für kolportierte 22 Millionen Euro nach Schalke.

Eine Notlösung war Keita für die Leipziger trotzdem nicht: Schon seit Monaten hatte Ralf Rangnick den kleinen Afrikaner auf dem Zettel, der jenen Zug zum Tor mitbringt, der den Leipzigern im Mittelfeld bisher gefehlt hat. Doch selbst im eigenen Konzern ist die Wechselei keine reibungslose Angelegenheit und Keita hatte ja auch Angebote anderer, nicht ganz unbedeutender Klubs: Arsenal, Southampton, Manchester City oder Liverpool. Wieso geht so einer dann zu einem Bundesligaaufsteiger nach Leipzig?

"Ich wollte nicht sofort zu einem ganz großen Champions-League-Klub wechseln", sagt er selber, "dafür ist es noch zu früh. Ich möchte jetzt erst mal in der Bundesliga meine Leistung bringen". Eine Einsicht, die im Profifußball nicht selbstverständlich ist. Keita tritt als zielstrebiger und bisweilen schüchterner Mensch auf. Und er spielt nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie.

"Es ist nicht leicht, mit einer afrikanischen Familie umzugehen"

18 Jahre lang lebte er in einem einfachen Viertel in Conakry, der Hauptstadt Guineas. Beide Eltern waren arbeitslos, die Schwester gab ihr Schulwissen an die Geschwister weiter. Keita half seinem Vater, der ab und zu Motorräder reparierte. "Ich versuche, auf bestimmte Dinge zu verzichten, um mich auf den Fußball zu konzentrieren, weil ich wusste, dass ich meinen Eltern eines Tages helfen kann", sagte Keita Fifa.com. Seine Zukunft ist auch die seiner Angehörigen. "Es ist nicht leicht, mit einer afrikanischen Familie umzugehen. Du arbeitest und kannst dich nie erholen."

Im November 2012 schaffte er den Sprung nach Europa: Der französische Zweitligist FC Istres verpflichtete Keita, er spielte erst in der Jugendmannschaft, in der Folgesaison für die Profis. Keita fand sich gut ein in seiner neuen Heimat - so gut, dass er schon im darauffolgenden Jahr nach Salzburg gelotst wurde. Dort erarbeitete er sich vor allem in der Hinrunde der Saison 2015/2016 mit sieben Toren in 18 Spielen zahlreiche Fans. 2015 endete für ihn mit zwei Auszeichnungen: Keita wurde zum besten Spieler der Liga gekürt. Und zum Fußballer des Jahres in Guinea. "Ich will der beste Spieler Afrikas werden", sagt er.

In der Bundesliga hat er sich nun vor der Partie gegen Darmstadt (Samstag, 15.30 Uhr) allmählich einen Stammplatz erarbeitet, in acht Partien kam er sechs Mal zum Einsatz, vier Mal von Anfang an. Seine insgesamt drei Treffer sind nur ein Argument dafür. "Naby merkt immer mehr, was wir wollen und dass es andere wichtige Dinge gibt, als gut am Ball zu sein", sagt Trainer Hasenhüttl, "gegen Bremen hat er unglaublich viele wichtige Bälle gewonnen". 124 Ballkontakte kommen halt auch nicht zufällig zustande.

Wie ernst er seine Aufgabe in Leipzig nimmt, hatte Keita schon beim ersten Heimspiel gegen Dortmund gezeigt: In der 84. Minute wurde er beim Stand von 0:0 eingewechselt, in der 89. Minute ließ er die Stimmung im Stadion mit dem 1:0 eskalieren. "Der Fußballabend war magnifique", sprach er später ins Mikrofon. Da war Übersetzter Compper ganz überflüssig.

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