Der osteuropäische Fußball hat ohne Frage ein Rassismusproblem. In Russlands Stadien kommt es des Öfteren vor, dass Fans Bananen auf dunkelhäutige Spieler werfen oder nationalsozialistische Banner aufhängen, was Verband und Vereine dann nur halbherzig verfolgen.
Auf der Tribüne von Metalist Charkow, in jenem Stadion, in dem die deutsche Elf ihr zweites EM-Spiel gegen Holland bestreitet, bejubeln Anhänger ein Tor schon mal mit dem Hitler-Gruß. In einer Anfang des Jahres von der internationalen Spielergewerkschaft veröffentlichten Umfrage haben zehn Prozent der in Osteuropa beschäftigten Fußballer angegeben, schon einmal Opfer von Rassismus oder einer anderen Diskriminierung geworden zu sein.
Derlei Exzesse gibt es nicht nur im Fußball. Doch wie in anderen Ländern auch zeigen sie sich besonders häufig rund um die Stadien. Daher verwundert es nicht, dass sich kurz vor dem Beginn der EM in Polen und der Ukraine dunkelhäutigen Spieler und Fans Sorgen um ihre Sicherheit machen. Der frühere englische Nationalspieler Sol Campbell hat seine Landsleute kürzlich mit diesen Worten vor einer Reise gen Osten gewarnt: "Riskieren Sie nichts, Sie könnten am Ende in einem Sarg zurückkommen."
Das mag übertrieben sein. Es ist vor allem auch ignorant gegenüber Problemen in Westeuropa. Keine Lösung ist es aber auch, die Sorgen einfach vom Tisch zu wischen, wie aktuell der ukrainische Uefa-Organisationschef Markijan Lubkiwskij, der sagt: "Um ehrlich zu sein, sehe ich aus Sicht der Uefa keine Gefahr für die Bürger." Ende der Debatte.
Wahrscheinlich bleibt den Funktionären jetzt nichts anderes mehr übrig, als so zu reden. Schon bei der Vergabe der EM war das ukrainische Rassismus-Problem bekannt. Die Uefa ignorierte es genauso, wie sie alle anderen heiklen Themen in dem umstrittenen Gastgeberland seitdem ignoriert. Die grassierende Korruption; die Missachtung der Menschenrechte; die schwindende Presse- und Meinungsfreiheit. Als ginge sie das alles nichts an, und als könne sie eh nichts dagegen machen.
Dabei hätte der Sport durchaus Möglichkeiten, Einfluss auszuüben: Wenn er Großveranstaltungen vergibt, zwingt er den Bewerbern nach Belieben seine Bedingungen auf. Man könnte ja mal darüber nachdenken, in diese Liste Punkte wie Menschenrechte und Meinungsfreiheit aufzunehmen - oder eben einen glaubwürdigen Kampf gegen Rassismus.
Ein solches Vorgehen würde indes die Vergabe von Veranstaltungen gerade in Länder wie die Ukraine oder Russland erschweren. Jene Regionen also, die der Sport als Zukunftsmarkt ausgemacht hat, aus denen viel Kapital kommt und denen mancher internationale Funktionär sein Amt zu verdanken hat.