Rangelei mit Ribéry im Pokalfinale:Dortmund verzweifelt am Watschn-Frohnck

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup Final 2016

Und zack, da bekommt Gonzalo Castro mehrere Finger ins Gesicht.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ein Gesichtsgrapscher von Ribéry empört die Borussia. Schon in anderen Duellen mit den Bayern fühlte sich der BVB benachteiligt.

Von Martin Schneider, Berlin

Die Gemütslage von Marcel Schmelzer war mit "angefressen" noch optimistisch beschrieben. In den Katakomben des Olympiastadions, in diesen massiven, hohen Hallen, war zu spüren, wie es in ihm arbeitete. Wie er brodelte und wie er ständig innerlich durchpustete, um nicht Worte zu wählen, die genauso aggressiv waren wie die kantige Albert-Speer-Architektur um ihn herum. "Ich habe auch echt keinen Bock, hier zum dritten Mal zu stehen, und über eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters zu sprechen. Echt. Das ist Wahnsinn."

Ein paar Meter von ihm entfernt stand nach dieser 3:4 Niederlage im Elfmeterschießen Noch-BVB-Kapitän Mats Hummels, der überhaupt nicht aggressiv wirkte, sondern wie einer, der gerade selbst ein paar Watschn kassiert hat. Tatsächlich gab es in dieser Nacht einen Backpfeifenverteiler - und der hieß Franck Ribéry.

Hummels hatte einen elenden Abend verlebt: Pokalfinale verloren, frühzeitig ausgewechselt und dann noch vom eigenen Trainer einen verbalen Ellbogenschlag zum Abschied ins Kreuz bekommen. Und das Gefühl, betrogen worden zu sein. In der Sache war Hummels der gleichen Meinung wie Marcel Schmelzer. "2013, 2014, 2016. Geschichte wiederholt sich. Ein Hattrick von Finalspielen, die der Schiedsrichter wesentlich beeinflusst hat. Niemand im Stadion hat nicht gesehen, was passiert ist."

Dankert versucht die beiden zu trennen

Doch, einen Unkundigen gab es. Der Vierte Offizielle Bastian Dankert sah in der 35. Minute nicht, dass Ribéry Gonzalo Castro bei einer Rangelei den Ringfinger ins Auge pflanzte. Ein anderer Finger landete auch noch irgendwie im Ohr. Jedenfalls eine Tätlichkeit. Und eine klare rote Karte. Dankert versuchte die beiden noch zu trennen, er stand direkt daneben. "Da kommt keine rote Karte, obwohl der Vierte", sagte Marcel Schmelzer und seine Stimme war kurz davor, sich zu überschlagen, "der eigentlich die Aufgabe hat, sowas zu sehen, zehn Zentimeter daneben steht."

Wobei Schmelzer die Entfernungsangabe voller Empörung "zeeeheeen Zentimeter" aussprach. Tatsächlich legte Dankert noch seinen Arm beruhigend auf den Tat-Arm des Franzosen, hätte also mit einer entschlossenen Bewegung sogar den Finger aus Castros Auge ziehen können. Das Schiedsrichter-Team äußerte sich öffentlich nicht zur Situation. Hummels sagte, Dankert hätte ihm gesagt, Gelb für Ribéry sei richtig gewesen. Castro bekam wegen der Rangelei auch noch Gelb.

Schmelzer hielt die Aktion jedenfalls für spielentscheidend. "Natürlich haben wir heute kein gutes Spiel gezeigt, wir haben nur dagegen gekämpft, dass Bayern kein Tor schießt, das haben wir gut gemacht." Aber zehn Bayern-Spieler hätten gegen sein Team nicht so anrennen können wie elf. Die Krampf-Kaskade in der Verlängerung bei beiden Mannschaften gibt ihm da wohl recht. "In der Kabine herrschte keine Weltuntergangsstimmung. Das große Thema war die Fehlentscheidung", berichtete er.

Immer wieder Ribéry

Das liegt auch daran, dass es eben diese Vorgeschichte gibt: Schon im Champions-League-Finale von Wembley 2013 hätte Ribéry nach einem Ellbogenschlag gegen Robert Lewandowski (damals noch BVB) vom Platz fliegen können, 2014 köpfelte Hummels den Ball über die Linie, aber weil es noch keine Torlinientechnik gab, entschieden Schiedsrichter Florian Meyer und sein Team damals nicht auf Tor.

Die Torlinientechnik wurde danach eingeführt. Schmelzer selbst hatte allerdings auch mal Glück mit dem Schiedsrichter. Im Halbfinale gegen die Münchner im vergangenen Jahr Glück, als ein Handspiel von ihm im Sechzehner nicht zu einem Elfmeter führte. Dortmund siegte danach im Elfmeterschießen.

Thomas Müller, der nach strittigen Entscheidungen nicht groß rumdruckst und schon die Schwalbe von Arturo Vidal im Halbfinale gegen Bremen geißelte, sagte: "Die Hand hat da nichts verloren. Es ist berechtigt, dass sie sich aufregen." Ribéry selbst scherzte über die Szene. Er habe "kein Problem mit Castro. Ich fahre mit ihm in Urlaub".

Einst ohrfeigte Ribéry Madrids Carvajal

Ribéry ist bekannt dafür, sich allzuleicht provozieren zu lassen und dann unsportlich zu reagieren. Bevor es zur Rangelei mit Castro kam, hatte der Ribéry hart in den Rücken gecheckt - vielleicht mit dem Wissen, dass das beim Franzosen schon reichen könnte, um bei ihm die Sicherungen durchbrennen zu lassen.

Im Halbfinal-Rückspiel der Champions League 2014 ohrfeigte er Madrids Daniel Carvajal. In der Gruppenphase 2014/15 schlug er Manchester Citys Vincent Kompany ins Gesicht. Beide Male passierte nichts. Im Dezember 2013 flog er nach einem Gesichtgrapscher im DFB-Pokal gegen Augsburgs Ja-Cheol Koo vom Platz.

"Der Schiedsrichter hat zu uns gesagt, er hat alles richtig gemacht", sagte Marcel Schmelzer dann noch. "Ich bin mal gespannt, was da noch kommt." Als ihm dann einer der Journalisten sagte, der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Markus Merk sei der Meinung gewesen, es war keine rote Karte, verabschiedete sich Schmelzer mit den Worten. "Jetzt muss ich wirklich gehen."

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