Ralf Fährmann:Der Einzelkämpfer

Nicht zum ersten Mal rettet der Schalker Torhüter seinem Team drei Punkte. Beim DFB spielt er dennoch keine Rolle.

Von Jörg Strohschein, Gelsenkirchen

Ralf Fährmann wollte an diesem besonderen Abend erst einmal allein sein. Als den Torhüter vom FC Schalke am Freitagabend die halbe Welt nach seinen außergewöhnlichen Paraden im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach fragen wollte, stand er viel länger als üblich unter der Dusche, wie er später verriet. Er habe diesen ganz persönlichen Triumph ausführlich genießen wollen. Wahrscheinlich konnte er selbst nicht fassen, wie er seiner Mannschaft einen kuriosen Sieg gerettet hatte. "Davon träumt man als Kind", sagte der Torhüter.

Als er noch nicht selbst gesprochen hatte nach dem 2:1-Sieg der Schalker, hatte so ziemlicher jeder in der Arena über ihn gesprochen. Zum Beispiel Max Eberl, der Gladbacher Manager. Er beklagte bei seinem Schalker Kollegen Horst Heldt die Ungerechtigkeiten dieses kuriosen Fußballspiels im Allgemeinen - und die außergewöhnlichen Taten des gegnerischen Torhüters Fährmann im Speziellen. Der Erfolg, der wohl zu den ungerechtesten Siegen in der Bundesliga-Geschichte gezählt werden darf, hatte bei der Borussia tiefe Spuren hinterlassen. 22 zu sechs Torschüsse zugunsten der Elf vom Niederrhein wurden statistisch erhoben. Nur sehr selten ist ein Team so dominant und haushoch überlegen in der Gelsenkirchener Arena aufgetreten wie die Borussia. Am Ende waren die Gladbacher aber nicht an der Schalker Mannschaft, sondern vor allem an sich selbst und am gegnerischen Torhüter gescheitert.

Wo immer die Gladbacher hinschießen, ein Körperteil von Fährmann ist schon da

"Ralf Fährmann hat unfassbare Glanzparaden gezeigt und hat uns das Spiel gewonnen. Wir hatten viel Glück", sagte Heldt, er grinste breit. "Ich entschuldige mich doch nicht für die drei Punkte", fügte der 46-Jährige bestens gelaunt an, ein wenig Schadenfreude klang aus seiner Stimme. Denn ein Slapstick-Eigentor von Martin Hinteregger und ein durch Granit Xhaka unhaltbar abgefälschter Schuss von Leon Goretzka besiegelten die Niederlage der Gladbacher.

FC Schalke 04 - Borussia Mönchengladbach 2:1

"Unfassbare Glanzparaden": Schalkes Horst Heldt lobte Torhüter Ralf Fährmann nach dem Spiel in den höchsten Tönen.

(Foto: Guido Kirchner/dpa)

Wo immer die Gladbacher Angreifer Raffael, Lars Stindl oder Thorgan Hazard selbst aus kürzester Distanz auch hin schossen, irgendein Körperteil von Fährmann war schon da und verhinderte, dass der Ball die Schalker Torlinie überquerte. Gleich sieben hochkarätige Chancen des Gegners konnte er mit schier unglaublichen Reflexen verhindern. Lediglich beim einzigen Gegentreffer und zwischenzeitlichen Ausgleich von Andreas Christensen war Fährmann machtlos.

Es war ein Erfolg zum richtigen Zeitpunkt für den Schalker Torhüter. Am Freitag hatte ja Bundestrainer Joachim Löw das Aufgebot für die anstehenden Länderspiele verkündet und den Schalker Torhüter wieder einmal nicht nominiert. "Das ist halt so, auch wenn es natürlich bitter ist", sagte er und sein Unbehagen war ihm dabei deutlich anzusehen. "Ich mache aber weiter und versuche mich anzubieten." Er selbst hatte sich wieder einmal bewiesen, dass seiner Hoffnung auf Berücksichtigung im Nationalteam keine Selbstüberschätzung zugrunde liegt. Nicht wenige Experten sind ohnehin seit längerer Zeit der Auffassung, dass der gebürtige Chemnitzer eine Einladung verdient hätte.

Fährmann ist seit langem die wichtigste Konstante beim FC Schalke

Schließlich war es auch nicht das erste Mal in dieser Saison, dass Fährmann sein Team - wenn auch noch nie in so spektakulärer Weise - als eine Art Einzelkämpfer gerettet hatte. Der 27-Jährige ist bereits seit mehreren Spielzeiten die wichtigste Konstante in einer Schalker Mannschaft, die noch immer auf der Suche nach sich selbst ist. Doch auch Fährmann leidet ähnlich wie der Kölner Timo Horn unter dem außengewöhnlichen Angebot an Torhütern in Deutschland. In den meisten anderen Fußballnationen wäre er wohl zumindest fester Bestandteil des Nationalkaders.

Schema & Statistik

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Die Hoffnung, dass er auch in Deutschland diesen Status noch erreichen wird, dürfte der Torhüter bereits aufgegeben haben, auch wenn er dies öffentlich nicht aussprechen würde. Und so konzentriert sich Fährmann, der ein großer Unterstützer des schon mehrfach in die Kritik geratenen Trainers André Breitenreiter ist, auf seine Zukunft mit den Schalkern. Auch den zuletzt aufgekommenen Gerüchten um einen Wechsel zum FC Liverpool erteilte er am Freitag eine Absage. "Ich habe mit Schalke noch viel vor und habe deshalb ja auch meinen Vertrag vorzeitig bis 2020 verlängert", sagte er. Er wolle den Umbruch in der Mannschaft, der mehrere Jahre andauern könne, weiter begleiten.

Die Schalker können sich in vielerlei Hinsicht auf Ralf Fährmann verlassen. Das war die wohl wichtigste Botschaft für den Klub, die an diesem ungewöhnlichen Abend in Gelsenkirchen ausgesendet wurde.

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