Radsport:Mal sanft, mal schrecklich

Radsport: Siege, Schmach und Sperren: Ivan Basso gewann 2006 und 2010 die Italienrundfahrt, stand allerdings auch auf der Liste des Dopingarztes Fuentes.

Siege, Schmach und Sperren: Ivan Basso gewann 2006 und 2010 die Italienrundfahrt, stand allerdings auch auf der Liste des Dopingarztes Fuentes.

(Foto: Javier Soriano/AFP)

Der italienische Profi Ivan Basso beendet nach zahlreichen Triumphen und Dopingaffären seine turbulente Karriere.

Von Birgit Schönau, Rom

Jetzt ist es also offiziell: Ivan der Schreckliche fährt nicht mehr. Am Montag hat Ivan Basso, der natürlich nur als Gegner ziemlich schrecklich war, und deshalb diesen wenig originellen Spitznamen ertragen musste, seinen Rückzug vom aktiven Radsport bekannt gegeben, nach einer erfolgreich absolvierten Krebstherapie und kurz vor seinem 38. Geburtstag im November. Er tat das in Mailand, bei der Präsentation des 99. Giro d'Italia - 2006 und 2010 hatte er die Italienrundfahrt selbst gewonnen, sie in diesem Jahr zum neunten Mal absolviert. Der Giro war, dieser Kalauer sei erlaubt, über lange Jahre also so etwas wie ein basso continuo, unterbrochen allerdings von Schmach und Sperre. Verdacht auf Doping, was sonst.

Basso fuhr seit 2004 für das damals dänische Team CSC von "Mister 60 Prozent" Bjarne Riis. Der Däne gestand später, als Aktiver massiv gedopt zu haben, die 60 Prozent bezogen sich auf seinen gesundheitsgefährdenden Hämatokritwert. Sein Schützling Basso wurde nie direkt mit dickem Blut überführt, doch im Sommer 2006, gleich nach dem ersten Giro-Sieg, wurde er im Zuge der Ermittlungen von "Operacion Puerto" der spanischen Staatsanwaltschaft unter Dopingverdacht von der Tour ausgeschlossen und von Team CSC suspendiert. Bassos Name hatte auf einer Liste des Dopingarztes Eufemiano Fuentes gestanden, zusammen mit 57 anderen, darunter der mit ihm suspendierte Jan Ullrich.

Genau wie Ullrich stritt Basso zunächst alles ab. Was dazu führte, dass in Italien die Ermittlungen gegen ihn in Rekordzeit wieder eingestellt wurden. Im November wechselte Basso zu Discovery Channel, bereits im April 2007 wurde er auch dort suspendiert. Denn die Ermittlungen der Spanier liefen weiter, die Schlinge zog sich zu, und am 7. Mai räumte Basso erstmals ein, einen Versuch von Blutdoping unternommen zu haben, der prompt gescheitert sei. Tags darauf kam die Revision des 50-Prozent-Geständnisses. Ja, er habe "in einem schwachen Moment" den Doktor Fuentes kontaktiert und sogar vorsorglich fünf Beutel Blut bei ihm deponiert. Aber dann auch gedopt? Nie, niemals und nie.

Im vergangenen Juli wurde bei Basso Hodenkrebs diagnostiziert

Basso erhielt eine Sperre von zwei Jahren. Im Mai 2009 fuhr er wieder beim Giro, wo er überraschend Dritter wurde, weil zwei Fahrer vor ihm wegen Dopings aus dem Klassement geflogen waren. Es folgten der neuerliche Triumph 2010 und dann die Jahre des langsamen Niedergangs, bis er die letzte Ausgabe des Italienklassikers schließlich als Wasserträger für den ebenfalls skandalumwitterten Sieger Alberto Contador absolvierte. Im Juli fuhr Basso im Team mit dem Spanier die Tour de France und stürzte während der fünften Etappe. Die Diagnose der nachfolgenden Untersuchung war niederschmetternd: Hodenkrebs, wie einst bei Lance Armstrong. Basso verkündete die Nachricht gefasst, neben ihm rang sein Kamerad Contador mit den Tränen.

Es gehe ihm hervorragend, beteuerte der Italiener jetzt. Aber mit dem Radsport sei nun Schluss: "Der Giro war mein Leben, doch heute ist kein trauriger Tag." Trotz der dunklen Flecken auf seiner Karriere war Ivan der Schreckliche immer ein Sympathieträger, mit dieser freundlichen, ja fast sanften Aura des bravo ragazzo, des netten Jungen. Man möchte ihm wünschen, dass er irgendwie mit sich im Reinen ist. Aber erfahren wird man das wohl nie, niemals und nie.

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