Radsport: HTC Highroad:Tony Martins Radteam löst sich auf

Erst gerettet, jetzt vor dem Aus: HTC Highroad, das Team des deutschen Tour-Etappensiegers Tony Martin, findet keinen neuen Sponsor und muss aufgeben. Eine Fusion mit einem anderen Team scheitert - aus sportlichen und ethischen Gründen.

Andreas Burkert

Vor knapp zwei Wochen, am letzten Samstag der Tour de France, hatte Bob Stapleton bereits Glückwünsche angenommen. Es gehe weiter mit seinem Highroad-Rennstall, hatte der Manager des erfolgreichsten Teams der vergangenen Jahre im Schatten der Sporthalle von Grenoble erzählt, wo später sein deutscher Fahrer Tony Martin das Einzelzeitfahren gewann. Das schien eine gute Nachricht zu sein für die Mannschaft und auch für den Radsport, denn Stapletons Leute hatten sich für glaubwürdige Leistungen eingesetzt wie wenige sonst im Peloton.

Aus für Martin-Team HTC Highroad

Muss sich ein neues Team suchen: Radrennfahrer Tony Martin

(Foto: dpa)

Doch der kalifornische Geschäftsmann Stapleton, 53, der keineswegs zur Gutgläubigkeit neigt, hat sich leider geirrt: Der mutmaßliche neue Sponsor hat sich überraschend zurückgezogen, und Stapleton musste am Donnerstagabend eine bittere Konsequenz verkünden: Sein Highroad-Team macht dicht.

Zehn Millionen Euro schwer war das bisherige Engagement des taiwanesischen HTC-Konzerns, der sich jedoch nach drei Jahren zurückzieht. Ursprünglich wollte Stapleton am zweiten Tour-Ruhetag verkünden, was seine Akquise ergeben hatte. Doch der Kalifornier vertagte die Verkündung. Zwar sei die Suche bis dahin ergebnislos gewesen, sagte er dann in Grenoble. Doch er habe zwei konkrete Anfragen.

"Wir dachten wirklich, wir hätten einen Partner, der uns ein Budget ermöglicht, um das Team auf demselben Niveau führen zu können wie in den vergangenen vier Jahren", sagte Stapleton am Donnerstag in einer Telefonkonferenz. "Aber Sonntagnacht ist der Deal geplatzt - während des Essens zum 50. Geburtstag meiner Frau." Anfang der Woche habe man weitere Optionen geprüft, zuletzt war auch von einer Fusion mit einem anderen Team die Rede gewesen. Doch auf Kompromisse bezüglich der ethischen und sportlichen Ausrichtung wollte sich Stapleton nicht einlassen.

"Wenn wir sportlich nicht in einer Führungsposition sind, können wir auch nicht die nötigen Veränderungen unseres Sports anführen", sagte Stapleton.

Bereits am Montag hatten die Fahrer ein Zeichen erhalten, sie dürften sich nach neuen Arbeitgebern umsehen. Der Eschborner Tour-Etappensieger Tony Martin ist nun ebenso auf dem Markt und fraglos umworben wie der fränkische Sprinter John Degenkolb. Der Erfurter Zeitfahrer Patrick Gretsch hat bereits bei Skil unterschrieben. Doch auch Sportchef Rolf Aldag ist plötzlich ohne Job. Topsprinter Mark Cavendish will am Wochenende seinen neuen Rennstall bekannt geben, angeblich ist er sich mit dem britischen Sky-Team bereits einig. Stapleton deutete an, womöglich werde zumindest das Frauen-Team erhalten bleiben, in dem auch die deutsche Meisterin Ina-Yoko Teutenberg fährt.

Stapelton hatte nach dem Aus des T-Mobile-Teams die Lizenz der Mannschaft im Jahr 2007 übernommen. Seitdem hatten seine Profis mehr als 480 Siege eingefahren. Zudem bewiesen Sportchefs wie Aldag oder der Däne Brian Holm ein Auge für Talente, auch galten sie als Vorreiter in den Bereichen Technik, Methodik - und im Anti-Doping-Kampf. "Ich bin enttäuscht", sagte Stapleton zur am Mittwoch beschlossenen Aufgabe.

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