PSG in der Champions League:Der Stromsturm aus Paris

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Wirkt plötzlich zufrieden in Paris: der Brasilianer Neymar (rechts). (Foto: dpa)
  • Paris Saint-Germain stellt beim 7:1 über Celtic Glasgow einen neuen Torrekord für die Gruppenphase der Champions League auf.
  • Das Geheimnis: Die drei Topstürmer Neymar, Cavani und Mbappé scheinen sich mittlerweile prächtig zu verstehen.

Von Oliver Meiler

Es gibt diese Momente im Fußball, da öffnen sich die Schleusen, dann gelingt plötzlich alles, wie inszeniert. Da entfesseln sich Spielströme. Neudeutsch nennt man das wohl "Flow".

Die Offensivabteilung von Paris Saint-Germain erlebt in der laufenden Saison solche Flows in Serie. Es gibt sie dermaßen oft, dass die Pariser nun auch internationale Torrekorde brechen, von denen man dachte, sie seien schier unerreichbar - zumal für einen Klub aus Frankreich. Zum Beispiel diesen hier: In fünf Vorrundenspielen in der Champions League, in der Gruppe B, traf der mit viel katarischem Geld getrimmte PSG 24 Mal. Borussia Dortmund, das den alten Rekord hielt, hatte es eine Saison zuvor in der Königsklasse auf 21 Treffer gebracht. Drei mehr sind es also schon.

Die Euphorie kippt um in Übermut

Gegen das bedauernswerte Celtic Glasgow, das am Mittwochabend im Prinzenpark gastierte, sind sieben hinzugekommen. 7:1 ging es aus. Solche Resultate spiegeln natürlich auch das wachsende Gefälle zwischen sehr reichen und einigermaßen armen Vereinen. Hätte Celtic nicht eher zufällig in der ersten Minute die Franzosen überrumpelt, stünde PSG nach fünf Spielen ohne Gegentor da.

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Das Team um Neymar bricht einen Rekord von Borussia Dortmund. Basel schockt Manchester United. Und Barcelona steht im Achtelfinale.

Das beschwingt die ohnedies schon recht üppig schwadernde Euphorie, vielleicht kippt sie auch um in Übermut. In Frankreich findet man nämlich, der Torrekord lasse sich durchaus noch etwas ausbauen, für die Ewigkeit gewissermaßen, am 5. Dezember. Dann spielt PSG in München gegen den FC Bayern. Qualifiziert sind beide Mannschaften schon. Es geht also um fast nichts mehr, außer um Prestige - und das ist eine ganze Menge. PSG müsste mit vier Toren Unterschied verlieren, damit es nicht als Erstplatzierter in die Auslosung ginge, nachdem es das Heimspiel mit 3:0 gewonnen hatte.

Die Bayern nahmen diese Demütigung zum Anlass, den Trainerwechsel von Carlo Ancelotti zu Jupp Heynckes zu vollziehen. Dass die Münchner das Resultat nun noch drehen könnten, schließt man in Paris eher aus. Obschon man schon einmal eine unmöglich gewähnte "Remontada" erleiden musste, eine umgekehrte Aufholjagd, eine Demontage: 1:6 gegen den FC Barcelona, im Rückspiel im Achtelfinale in der vergangenen Champions-League-Saison (Hinspiel 4:0). Das ist noch gar nicht so lange her: März 2017.

Doch in der Wahrnehmung der Pariser hat seitdem ein Epochenwandel stattgefunden - für sehr viel Geld: 222 Millionen Euro für den Brasilianer Neymar Junior, den Chefdemütiger von Barcelona, und 180 Millionen Euro für den 18-jährigen Franzosen Kylian Mbappé, das für viele größte Talent auf dem Weltmarkt. Zusammen mit dem Uruguayer Edinson Cavani, der schon länger für PSG spielt und das große Hallo um die Ankunft der beiden neuen Superstars zunächst nur leidlich ertrug, bilden sie nun den Sturm mit dem eingebauten Flow, den Stromsturm. Alles fließt, alles geht blitzschnell.

Neymar macht jetzt auch wieder einen ganz zufriedenen Eindruck, nachdem er sich kürzlich unter Tränen beschwert hatte, die Presse erfinde Geschichten rund um seine Person, sie schiebe ihm alles Böse in die Schuhe, Allüren eines verwöhnten Neureichen und arrogantes Gebaren gegenüber Mitspielern. Dabei vertrage er sich doch mit allen bestens, ehrlich, auch mit Cavani und Unai Emery, dem Trainer.

Und vielleicht ist das ja auch tatsächlich so, wenigstens momentan. Neymar passt den Ball nun auffällig oft in die Mitte, zu Cavani, wenn der gute Aussichten auf einen Torschuss hat. Zu Saisonbeginn ignorierte er ihn meist und schaute vor allem nach ganz rechts, wo Mbappé jeweils dahergerauscht kam: schnell, unerhört dribbelstark, aber oftmals weniger gut platziert als der "Matador". Es gibt Statistiken dazu, man gönnte sich nichts. Nun kombinieren sie scheinbar neidlos, alle drei. Rechnet man die Tore dazu, die PSG bisher in der laufenden Meisterschaft der Ligue 1 erzielt hat, liegt der Durchschnitt pro Spiel bei 3,5 Treffern. Kein anderes Team in Europa ist produktiver. Es folgen Manchester City mit einer Quote von 3,3 und Juventus Turin mit 2,5.

Die Sportzeitung L'Équipe, die diese Etablierung der Pariser in der Topelite mit seitenlangen Elogen begleitet, jeden Tag, nennt das Trio im Sturm nun: "Les nouveaux monstres", die neuen Monster. Das Blatt räumt zwar ein, dass noch immer nicht klar sei, ob PSG sein Niveau auch wirklich maßgeblich gehoben hat. Oder ob die bisherigen Gegner einfach zu schwach waren, als dass man schon ganz große Schlüsse ziehen könnte. Auch Bayern, so, wie es sich im Hinspiel in Paris präsentiert habe.

Als man Coach Emery fragte, ob sein Team in München mit vier Toren Unterschied verlieren könne, sagte er: "Klar, diese Bayern sind fähig dazu. Das wird ein großes Spiel werden." Emery, muss man dazu wissen, neigt immer dazu, sich eher nüchtern zu äußern. Nach dem 7:1 gegen Celtic Glasgow sagte der Baske: "Wir sind zufrieden, die Mannschaft hat eine komplette Leistung abgeliefert." Dabei war es ein Rausch.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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