Prozess von Claudia Pechstein:"Der Fall wird Sportgeschichte schreiben"

Pressekonferenz mit Claudia Pechstein

Claudia Pechstein: Prozess gegen Dopingsperre

(Foto: dpa)

Zwei Jahre lang wurde Claudia Pechstein wegen Dopings gesperrt, nun verklagt sie gleich zwei Sportverbände auf Schadenersatz in Millionenhöhe. Sollte das Münchner Landgericht den Fall annehmen, könnte ein langer Prozess bevorstehen.

In dunkelblauer Uniform und flankiert von drei renommierten Anwälten hat sich Claudia Pechstein auf ihren nächsten juristischen Kampf eingestimmt - und Vergleichsbereitschaft signalisiert. Knapp eine Woche vor dem Schadensersatzprozess wegen ihrer zweijährigen Sperre verkündete Rechtsbeistand Thomas Summerer, was die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin und Bundespolizistin vor allem vom Eislauf-Weltverband ISU erwartet. "Wenn da was Vernünftiges kommt von der ISU, auch im Sinne einer Rehabilitierung und Entschuldigung, verbunden mit gewissem Schadensersatz, wären wir bereit, darauf einzugehen", sagte Summerer am Donnerstag in Berlin.

Am Ende einer eineinhalbstündigen Pressekonferenz im Büro der Gewerkschaft der Polizei machte der einstige Direktor für Recht und Personal bei der Deutschen Fußball Liga noch einmal deutlich, was Pechstein will: die Wiederherstellung ihres Rufes und Entschädigung für die Millionenverluste und -kosten nach der 2011 abgelaufenen Sperre. Um wie viel Geld es geht, mochte sie nicht im Detail sagen, Summerer sprach von einer Summe im einstelligen Millionenbereich.

"Zahlen haben Sie von mir noch nie gehört, nicht Zeiten oder Geld", erklärte Pechstein. Ob ein erfolgreicher Prozess die ISU oder die mitbeklagte Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft möglicherweise in den finanziellen Ruin treiben, beschäftigt Pechstein nicht: "Ich mache mir erstmal Gedanken über meine Person. Ich kämpfe für mein Recht, das möchte ich in erster Linie durchsetzen." Sie freut sich darauf, dass nun ein deutsches Zivilgericht ihren Fall verhandelt.

Die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin war 2009 wegen auffälliger Blutwerte für zwei Jahre gesperrt worden, macht für ihre erhöhten Retikulozytenwerte jedoch eine ererbte Blutanomalie verantwortlich und kann dafür inzwischen anerkannte Gutachten vorweisen. Sollte es bei der Verhandlung in München zunächst keinen Vergleich geben, geht es laut Pechsteins Anwälten danach um die Frage, ob sich das Landgericht überhaupt für zuständig erklärt.

Die Juristen sehen im Vorfeld jedoch Anzeichen dafür, dass dies der Fall sein wird. "Wenn das Gericht Zweifel hätte, dann würde das Gericht entsprechende Hinweise im Vorfeld geben. Ein entsprechender Hinweis ist aber nicht erteilt worden", sagte Anwalt Christian Krähe.

Der in Berlin anwesende DESG-Präsident Gerd Heinze mochte sich nicht äußern, er ist aber - weil der deutsche Verband die Sperre durchsetzte - ebenso nach München geladen wie der italienische ISU-Präsident Ottavio Cinquanta. "Das spricht dafür, dass die Kammer eine Vergleichsverhandlung anstrebt", erklärte Krähe. Im Fall eines Vergleiches wäre der Prozess schnell beendet, er könnte sich aber auch Jahre hinziehen - so wie bei Ex-Sprinterin Katrin Krabbe, für die Summerer 1,5 Millionen Mark vom Leichtathletik-Weltverband IAAF erstritt.

Pechstein unterstrich, sie verfüge über viel Ausdauer. Bei einem langwierigen Verfahren sollen grundsätzliche Fragen des Sportrechts aufgeworfen werden, darunter der Ausschluss staatlicher Gerichte durch die Unterwerfung der Athleten unter die Sportschiedsgerichtsbarkeit. "Allein die Tatsache, dass ein deutsches Gericht über den in Schweiz ansässigen CAS verhandelt, ist ein Novum", sagte Summerer, "das ist der größte Fall, der in dieser Art in Deutschland verhandelt wurde und wird bestimmt Sportgeschichte schreiben". Die ISU wird in dem Prozess von Dirk-Reiner Martens vertreten, einem Richter am Sportgerichtshof CAS.

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