Protokoll der Woche:Hoeneß' Schicksalswoche

Trial against Uli Hoeness, the president of German soccer club FC

Verurteilt: Uli Hoeneß vor Gericht

(Foto: dpa)

"Erzählen Sie nichts vom Pferd!": Im Prozess gegen Uli Hoeneß wird schnell klar, dass der Angeklagte kaum straffrei davonkommen wird. Der Richter verurteilt ihn dann tatsächlich zu dreieinhalb Jahren Haft - und Hoeneß zieht Konsequenzen. Das Protokoll der Woche.

Von Lisa Sonnabend

Montag

Es sieht nicht gut aus für Uli Hoeneß. Der Bayern-Präsident sitzt auf der Anklagebank im Saal 134 des Justizpalastes München. "Warum kamen die Unterlagen erst vor zwei Wochen?", fragt Richter Rupert Heindl. "Weil die Bemühungen darum nach der Anklage nachgelassen haben", gibt Hoeneß zu. Wenig später, als der 62-Jährige sich erneut in Widersprüche verstrickt, fällt ihm sein Verteidiger harsch ins Wort: "Erzählen Sie nichts vom Pferd!"

Während Pep Guardiola in einem Spiel das System mehrmals wechselt, bleibt Uli Hoeneß im Gerichtssaal nur eine einzige Strategie, um noch zu gewinnen: Er legt alles offen auf den Tisch. Hoeneß gesteht, weit mehr Steuern hinterzogen zu haben als in der Öffentlichkeit bislang bekannt. Doch ob er damit durchkommt? Schon am ersten Verhandlungstag wird deutlich: Die von Uli Hoeneß eingereichte Selbstanzeige weißt große Lücken auf. Dass das Gericht sie am Ende als wirksam anerkennt und Hoeneß damit straffrei bleibt - das ist schon jetzt kaum noch denkbar.

Dienstag

Uli Hoeneß schließt die Augen. Den Kopf hat er leicht nach hinten gelehnt, sein Gesicht ist dunkelrot. Vorne am Richterpult zeigt die Fahnderin vom Finanzamt Rosenheim den Prozessbeteiligten auf, wie sie Hoeneß' Steuerschuld errechnet hat. Sie kommt auf 27,2 Millionen. Hoeneß hört offenbar nicht einmal richtig zu, er blickt ins Leere. Es ist das Bild des Prozesses: Nicht mehr er selbst, sondern andere bestimmen über ihn.

An diesem zweiten Prozesstag wird noch einmal deutlich: Mit der Selbstanzeige von Hoeneß konnten die Fahnder nichts anfangen, bei der Beschaffung der nötigen Unterlagen zeigte sich Hoeneß wenig kooperativ. Der Bayern-Präsident muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Dennoch sitzt er am Ende des Tages auf der Ehrentribüne in der Fröttmaninger Arena und jubelt, als der FC Bayern ins Champions-League-Viertelfinale einzieht.

Mittwoch

Der Verhandlungstag dauert kaum länger als eine Stunde, der Richter hat keinen weiteren Klärungsbedarf. Hoeneß' Verteidiger Hanns W. Feigen spricht mit donnernder Stimme: "In der Selbstanzeige von Hoeneß sind sämtliche Zahlen, über die wir jetzt sprechen, bereits enthalten." Feigen hat die Gabe, Menschen für sich einzunehmen. Nach dem Verhandlungstag sind viele verunsichert: Ist die Selbstanzeige womöglich doch korrekt? Feigen rechnet vor, wie auch er anhand der Daten der Selbstanzeige auf die 27 Millionen Euro kommt. Warum Hoeneß dann zum Prozessauftakt nur von 18,5 Millionen Euro sprach, beantwortet er allerdings nicht.

"Im Namen des Volkes"

Donnerstag

Um 14.09 Uhr verkündet Richter Heindl das Urteil. "Im Namen des Volkes, der Angeklagte wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt." Uli Hoeneß zuckt nicht, er weint nicht hemmungslos wie auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern. Uli Hoeneß steht einfach nur regungslos da. Im Saal kein Raunen, nur Stille. Von außen dringen Protestrufe von FC-Bayern-Anhängern herein. "Es ist keine missglückte Selbstanzeige, sondern eine erkennbar unzureichende", sagt der Richter. Hoeneß' Verteidiger sieht dies noch immer anders, er kündigt sofort nach Prozessende an, in Revision zu gehen. Fünfeinhalb Jahre hatte der Staatsanwalt gefordert, nur dreieinhalb Jahre hat das Gericht verhängt. Ob Hoeneß in der nächsten Instanz wirklich noch milder bestraft werden würde oder sogar straffrei bliebe? Viele Experten sind skeptisch.

Am Abend bleibt Uli Hoeneß dem wichtigsten Saison-Heimspiel seiner Bayern-Basketballer fern. Er verbringt den Abend mit seiner Familie und fasst einen Entschluss. Der Steuersünder Uli Hoeneß hatte sich in den vergangen Monaten oft eher wie ein Opfer als wie ein Täter benommen. Er gab zwar zu, einen "Riesenfehler" gemacht zu haben, betonte aber immer wieder, dass er ja 50 Millionen Euro Steuern gezahlt habe in Deutschland. Er schimpfte über die Medien und "Idioten", die vor seinem Anwesen im Tegernsee pöbelten. Nun zieht Hoeneß also Konsequenzen.

Freitag

Um 10.05 Uhr veröffentlicht der FC Bayern auf seiner Webseite eine persönliche Erklärung von Uli Hoeneß. Der 62-Jährige legt mit sofortiger Wirkung seine Ämter als Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG nieder. In Revision will Hoeneß nicht gehen. "Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung", schreibt er. In wenigen Wochen wird Hoeneß voraussichtlich ein Schreiben bekommen, in dem er gebeten werden wird, sich in der Justizvollzugsanstalt einzufinden.

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