Proteste gegen WM in Brasilien:Mit Batman gegen die Gringos

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Demonstranten protestieren gegen die WM in Brasilien (Archivbild) (Foto: YURI CORTEZ / AFP)

Tausende Demonstranten in 36 Städten, 128 Festnahmen: In Brasilien hält der Widerstand gegen die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer an. Die Demonstranten fordern, dass das Geld in Krankenhäuser investiert werden sollte. Dass sie Gehör finden werden, glauben sie nicht.

Von Konstantin Kaip, Brasilien

Auf der Digitalanzeige einer an der Copacabana aufgestellten Säule zählt ein Countdown die noch verbleibende Zeit bis zum Beginn der Fußball-WM. 138 Tage und vier Stunden sind es am Samstagabend, als ein paar hundert Meter weiter vor dem Luxushotel Copacabana Palace Rufe ertönen: "Não vai ter Copa!" - "Es wird keine WM geben!"

Diese Worte sind der Schlachtruf der WM-Gegner seit den Massenprotesten im Sommer zum Confed Cup - und an diesem Wochenende sind sie wieder im ganzen Land ertönt. In 36 Städten versammelten sich die Protestler, vor allem in São Paulo eskalierte die Demonstration; 128 Personen nahm die Polizei fest.

Fernsehbilder von Verwüstungen und einem brennenden Auto lösten Erinnerungen an die Unruhen beim Confed Cup aus, als das Turnier sogar kurz vor dem Abbruch stand, und lassen für die am 12. Juni beginnende Weltmeisterschaft ähnliche Auseinandersetzungen auf der Straße vermuten - auch wenn die Fifa mitteilte, sie habe "volles Vertrauen in das Konzept der brasilianischen Sicherheitsverantwortlichen".

Insgesamt kamen jedoch deutlich weniger Protestler als erwartet. 2500 waren es in São Paulo, 200 in Rio de Janeiro, in den anderen Städten jeweils um die 100. Nach Meinung der Teilnehmer sind viele Sympathisanten ferngeblieben, weil sie Ausschreitungen einzelner Gruppen wie in São Paulo befürchtet hatten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr Land die teuerste Weltmeisterschaft der Geschichte veranstalte, während es dem Volk am Nötigsten fehlt, sagt die 25 Jahre alte Bildhauerin Aline Campbell, die in Rio mitdemonstriert. Trotzdem zeigten Fifa und Regierung nur Postkartenbilder von Brasilien, sagt sie: "Sie schminken die Stadt für die WM." Es gebe überfüllte Krankenhäuser und Gefängnisse - und Favelas, die dringend Investitionen bräuchten: "Wir haben andere Prioritäten als die WM."

Ein paar Meter weiter drängen sich die Kameramänner und Fotografen um Batman. Der Superheld mit der Maske ist zum Symbol der Proteste geworden. Unter der Maske steckt der Zahntechniker Eron Moraes de Melo. Der 32-Jährige hatte sein Superheldenkostüm eigentlich für Comic-Events angefertigt. Im vergangenen Jahr trug er es dann erstmals bei einer Demonstration während des Confed Cups und wurde so als Batman von Rio berühmt. "Batman ist das richtige Symbol für Rio", ist Eron Moraes de Melo überzeugt, "denn er kämpft für Gerechtigkeit in einer korrupten Stadt." Die vielen Millionen müssten in eine bessere Zukunft aller Brasilianer investiert werden statt in ein kurzzeitiges Massenevent, sagt er: "Wir haben die WM der Gringos und Reichen satt."

Batman bringt die Gruppe schließlich in Bewegung, indem er mit ein paar Vermummten vom Gehsteig auf die Straße wechselt. Flankiert von 150 Polizisten schreiten die Demonstranten die Avenida Atlântica in Richtung Ipanema voran. "Es wird keine WM geben!", rufen sie dabei immer wieder trotzig, ohne wirklich an ihre Drohung zu glauben. "Natürlich wird es die Weltmeisterschaft geben", räumt auch Eron Moraes de Melo ein, "aber uns wird es auch geben." Wenn die Weltmeisterschaft losgeht, versichert er, werden die Straßen voller sein.

© SZ vom 27.01.2014/bwa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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