Problemsport:Bunte Hüte und komische Namen

Es gibt Sportarten, deren Ruf nicht so ist, wie er sein sollte - ein Streifzug durch die Welt des Problemsports. Kickboxer sind brutal, Schachspieler sind langweilig und Frisbeespieler sind Hippies - nicht wahr? Das muss nicht so sein. Wir haben ein paar Sportarten zusammengestellt, deren Image, nun ja, unzufriedenstellend ist. Und: Wir haben uns überlegt, wie sich das ändern könnte.Gesammelt von: Johannes Aumüller, Max Bosse, Mischa Drautz, Katrin Freiburghaus, Sebastian Krass, Michael Neudecker, Christian Spiller, Benedikt Warmbrunn, Sebastian Winter

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Baseball

So ist das Image: Uramerikanischer Sport, für den Durchschnittseuropäer nur aus Hollywoodfilmen bekannt. Das Spiel ist eine mäßig spannende Variante des Schulhofklassikers Brennball, in dem sich die Akteure Kaugummi kauend an die Mützen tappen, in den Schritt greifen oder auf das Feld spucken. Die hölzernen Schläger werden auch gern für unsportliche Aktivitäten verwendet.

So sollte es sein: Wie in den USA - ein Happening für die ganze Familie. Zusätzlich hat das Duell Pitcher gegen Batter durchaus das Zeug, Thriller-Fans scharenweise vor den Fernseher zu locken.

Der Weg zum Ziel: Ist lang, sehr lang. Als ersten Schritt bräuchte es einen deutschen Star, der in der amerikanischen Profiliga MLB Karriere macht, ähnlich wie Dirk Nowitzki im Basketball. Das würde Nachwuchs, Sponsoren und Medien neugierig machen.

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Bodybuilding

So ist das Image: Vielleicht ist ausgerechnet der Gouverneur von Kalifornien schuld daran, dass Bodybuilder als recht ölige, hormonell überlastete und hirnfreie Muskelmaschinen gelten. Arnold Schwarzenegger ließ in Äktschn-Filmen mundfaul seine Muskeln spielen, er wurde als Mr. Universe zur Ikone der Bodybuilder. Und zu ihrem Fluch.

So sollte es sein: Bodybuilder sind ehrliche Kraftsportler, die harte Eisen stemmen und etwas für die Gesundheit tun. Mal ehrlich: Wer träumt denn nicht vom perfekten Körper?

Der Weg zum Ziel: Sorry, aber dem Sport ist nicht zu helfen: Nicht mal die alten Herren des IOC erkennen Bodybuilding als Sport an. Und Arnie spukt noch heute in Bodybuilding-Foren herum. Wie Sylvester Stallone. Der sagt dort: "In zehn Jahren geht Testosteron rezeptfrei über den Ladentisch."

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Bowling

So ist das Image: Partybowling mit Discolights und fetten Beats aus den Boxen. Räumt ein Spieler alle Kegel ab und befindet sich darunter ein bunter, gibt es von der Bar Schnaps für die Runde. Wer nichts trifft, der kann die Kugel mit möglichst viel Gewalt in Richtung Ziel donnern. Die Geschwindigkeitsanzeige über der Bahn wird ihn ehren.

So sollte es sein: Hier wird keine ruhige Kugel geschoben, stattdessen ist mentale und körperliche Fitness gefragt, um ein Ligawochenende durchzustehen. Möglichst bald sollten auch die Spartensender begreifen, dass das Betrachten von fallenden Pins für den Fernsehzuschauer genauso spannend ist wie das Aufdecken von Pokerkarten.

Der Weg zum Ziel: Einschlägige Literatur wie "Die Angst des Linkshänders vor dem letzten Pin" oder "Mit Effet zum Strike - Alle Zehn auf einen Streich" muss in die Bestsellerlisten, damit die taktischen Feinheiten (Ballwahl, Mannschaftsaufstellung, usw.) für den Laien verständlich werden.

Foto: istock

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Dart

So ist das Image: Dickbäuchige Männer in der Kneipe trinken Bier und werfen unter lautem Gegröle Pfeile auf eine Scheibe. Dann trinken sie noch mehr Bier und versuchen unter noch lauterem Gegröle, die Scheibe zu treffen. Dart ist prollig und ein bisschen peinlich.

So sollte es sein: Dart als distinguierter britischer Gentlemansport. Die Spieler tragen Hemd und gebügelte Stoffhose. Endlich soll ins Bewusstsein der Gesellschaft vordringen, dass Dart enorme Kondition und Konzentration erfordert, um präzise zu bleiben. "So wie beim Snooker" stellt sich das zumindest der Münchner Dartkneipenbesitzer und ehemalige Europameister Peter Seidl vor.

Der Weg zum Ziel: Steinig. Einer der weltweit berühmtesten Dartprofis, der Engländer Andy "The Viking" Fordham, rühmte sich vor ein paar Jahren damit, jeden Tag um die 20 Pils zu trinken, "damit die Hand nicht zittert". Er wird verehrt. In England haben sie dennoch die Hoffnung, dass ihr Volkssport Dart eines Tages olympisch wird. Dart wäre dann wohl für Sommerspiele so etwas wie Curling im Winter. Und das wäre schon einmal ein erheblicher Imagegewinn.

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Frisbee

So ist das Image: Ein paar Hippies werfen sich vor der Pinakothek eine Scheibe zu. Die Mitspieler stehen im Kreis, jeder schmeißt zu jedem, keiner wird ausgeschlossen. Danach sitzen alle im Schatten unter den Bäumen zusammen und leeren einen Kasten kühles Bier.

So sollte es sein: Tatsächlich ist der Kasten Bier beim Training dabei und ja, ein Ultimate-Frisbee-Spiel kommt ohne Schiedsrichter aus. Die Sportler vertrauen darauf, dass keiner absichtlich die Regeln verletzt. Aber dennoch es ist ein richtiger Sport. In Wahrheit ist die Mischung aus Basketball, Football und Fußball eigentlich sogar besser als die Vorbilder. Ultimate Frisbee ist dynamischer und anspruchsvoller. 2000 aktive Spieler gibt es schon in Deutschland.

Der Weg zum Ziel: Bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Juni in München werden die Studenten feststellen, dass die Welt doch eine Scheibe ist. Der Weg zum Volkssportstatus ist dann nur noch ein kurzer, da überall trainiert werden kann. Im Restaurant mit den geleerten Tellern, in der Schulpause mit der Kappe vom Kumpel und mit dem Mousepad im Büro. Danach treffen sich alle zur gemeinschaftlichen Aussprache, wie bei es beim Ultimate Frisbee üblich ist. Und alle haben sich lieb.

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Judo

So ist das Image: Der Bild-Zeitung verdanken viele ihren Ruf, manche sind darüber froh, andere weniger. Die Judoka gehören zu Letzteren. Sie sind vermutlich sogar sauer, auch wenn das mit der Bild-Zeitung lange her ist und sie deshalb sagen, dass sie nicht mehr sauer sind. Dort stand: Judo ist die brutalste Sportart schlechthin, rücksichtslos werden Arme verdreht und Beine verrenkt. Eltern, die ihre Kinder zum Judo schicken, handeln unverantwortlich.

So sollte es sein: Eltern sollen dafür gelobt werden, dass sie ihren Nachwuchs auf die Matte drängen. Denn: Sie lernen dort ihren Körper besser kennen, finden den Weg in die innere Mitte und somit Ausgeglichenheit und Gelassenheit. Nicht zu vergessen: Wenn sich die Kinder auf der Matte austoben, sind sie zu Hause auch gleich viel ruhiger.

Der Weg zum Ziel: Bild-Zeitung ignorieren. Oder bedenken, dass sich Judo bereits stark gewandelt hat. Früher waren viel brutalere Schläge und Tritte erlaubt, sogar mit Waffen wurde gekämpft. Da ist das heute doch gar nichts dagegen.

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Kickboxen

So ist das Image: Kickboxen ist nur für harte Jungs geeignet. Es ist alles erlaubt - außer Schwäche zu zeigen. Kickboxer dürfen den Gegner mit allen Körperteilen vermöbeln, sie werden zu wahren Kampfmaschinen abgerichtet. Für weitere Ausführungen: siehe Judo.

So sollte es sein: Kickboxer sind vielseitige und vollkommene Könner der Körperbeherrschung, nicht umsonst hieß es früher "All Style Karate". So eine Schlag-Tritt-Kombination muss erst mal gestanden werden, nicht zu vergessen, dass man dabei selbst noch Treffer einsteckt. Meister tragen die Angriffe geschmeidig und graziös vor.

Der Weg zum Ziel: Hat schon begonnen: Im Semi- und Leichtkontakt wird bereits überwiegend auf Matten gekämpft, oft ist Schutzkleidung an allen relevanten Kanten des Körpers vorgeschrieben. Was zählt, ist Präzision. Wer weich landet, steht schneller wieder auf. Besonders als richtig harter Kerl.

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Langlauf

So ist das Image: Beim Langlaufen passiert nichts. Und wenn doch - wenn die Athleten wirklich mal ganz besonders schnell sind - dann nimmt sie keiner mehr ernst. "Eh alle gedopt", heißt es dann verächtlich, wäre ja nicht das erste Mal. Der Generalverdacht begleitet alle Läufer - die sauberen wie die Betrüger.

So sollte es sein: Eine koordinativ anspruchsvolle Sportart für Winterwald- und Naturliebhaber, die an ihre eigenen - und nur ihre eigenen - Grenzen gehen. Langlauf vereint Kraft mit Ausdauer und Bewegungstalent. Zudem rennt man nicht ständig irgendwo im Kreis herum und ist mitunter recht flott unterwegs.

Der Weg zum Ziel: Kontrollen, Kontrollen, auch wenn man es nicht mehr hören kann. Sportwart Andreas Seibold vom SC Hochvogel setzt auf die Eigenverantwortung der Athleten und hofft auf die Selbstreinigung des Sports. "Doping gehört scharf kontrolliert und hart bestraft, dann müsste sich das Problem von selber regulieren", sagt er.

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Pferdesport

So ist das Image: Liefert sich mit Segeln einen harten Kampf um den Ruf der elitärsten Sportart. Pferderennen sind Vorwand, um Geld zu waschen und bunte Hüte zu präsentieren. Spring- und Dressurreiten wurde vom Fachmagazin "Wendy" erfunden, um jungen Mädchen aus gutem Hause einzuflüstern, dass es nichts Schöneres gibt, als große Tiere mit komischen Namen über bunte Hindernisse hopsen oder durch ein Sand-Pferdeäpfel-Gemisch stolzieren zu lassen.

So sollte es sein: Vorwand, um Geld zu waschen und bunte Hüte zu präsentieren. Aber weil Pferde ja doch irgendwie für alle da sind und Sport außerdem immer auch Geschäft ist, sollten neue Zielgruppen in den Kreis der Elitären brechen. Auch auf die Gefahr hin, dass die Faszination des Reichtums vielleicht ein wenig verloren geht, wenn die Tochter des Fließbandarbeiters plötzlich neben der des Abteilungsleiters reitet.

Der Weg zum Ziel: Das größte Hemmnis für die nicht-elitären Anfänger ist der finanzielle Aufwand: Das Tier selbst, die Stallmiete, dazu die Ausrüstung - das alles kostet. Die Lösung bieten bereits viele Höfe an: Pferdesharing. Ein Pferd, viele Reiter, geteilte Kosten. Um nun noch den Staub der Spießigkeit abzuschütteln, bräuchte es einen gepiercten, tätowierten Reiter, einen Pferdepunk. Vielleicht sollte mal jemand bei Stefan Kretzschmar nachfragen?

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Schach

So ist das Image: Einen langweiligeren Sport gibt es kaum. Es passiert noch weniger als beim Langlauf, sitzen sich zwei gegenüber, kratzen sich ein wenig an der Stirn, streicheln sich ein wenig an der Nase, legen ein wenig den Kopf in die aufgestützte Hand - und bewegen dann völlig emotionslos eine Figur. Stundenlang.

So sollte es sein: Das Image eines spannenden Sports, der das urmännliche Prinzip des Eins-gegen-eins verkörpert. Ein intellektuelles "Schlag den Raab", gewürzt mit einer Prise Ästhetik. Wer daran zweifelt, dass Schach nicht nur spannend und gut für den Hirnschmalz, sondern auch schön ist, der muss nur mal mit einem Springer ein Matt vollenden.

Der Weg zum Ziel: Schach muss schneller werden. Spannung und Schönheit des Sports dringen erst gar nicht zum Zuschauer durch, weil es niemand aushält, sechs Stunden lang eine Partie zu verfolgen. Natürlich darf Schach nicht so schnell werden, dass der Kerngedanke nicht mehr zum Tragen kommt, das tiefgründige, strategische Nachdenken. Ein Blitz-Turnier ist zwischendurch mal nett, aber nichts auf Dauer. Doch für das Turnierschach müssen Wege gefunden werden, wie das Spiel auch zwei Stunden eher beendet sein kann als bisher.

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Synchronschwimmen

So ist das Image: Fürs Turnen waren Sie zu untalentiert, beim Schwimmen sind Sie hinterher gejapst, Sie stecken sich gerne Wäscheklammern auf die Nase und haben sich das Lächeln ins Gesicht gegipst? Willkommen beim Synchronschwimmen. Als Mann dürfen Sie auch mitmachen, wissen aber, dass Sie dann ein Warmduscher und Weichei sind. Außerdem lassen haarige Beine, die aus dem Wasser ragen, die Zahl der Zuschauer von sieben auf null fallen.

So sollte es sein: Synchronschwimmen ist Kunst, Athletik, Teamarbeit. Und seit 1984 olympisch. Die Hebefiguren ohne festen Untergrund sind schon anstrengend genug, dass man unter Wasser eher schlecht atmet, erschwert die Sache aber noch. Damit die Übung dennoch ästhetisch aussieht, ackern die Besten bis zu zehn Stunden täglich, neben Ballett auch viel Konditions- und Krafttraining.

Der Weg zum Ziel: "Förde-Nixen", "Isar-Nixen", "Donau-Nixen": Die Teamnamen müssen sich ändern. Als Showeinlage könnten sich die Synchronschwimmerinnen ins Fernsehen schleichen - und zack! - dank Unterwasserkameras vorführen, wie anspruchsvoll ihr Sport ist. Dabei muss ein Promi wie Olli Kahn spaßeshalber mitmachen, der dann beinahe absäuft.

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Fußball

So ist das Image: Tolle Spiele, volle Stadien.

So sollte es sein: Tolle Spiele, volle Stadien.

Der Weg zum Ziel: Tolle Spiele, volle Stadien.

Foto: dpa

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