Probleme beim Hamburger SV:Bundesliga-Dino auf Diät

Hamburger SV HSV Thorsten Fink Oliver Kreuzer

Wohin, mit welchem Kader? Hamburgs Trainer Thorsten Fink (links) und Sportchef Oliver Kreuzer.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Hamburger SV will seinen Kader verschlanken, für große Transfers fehlt derzeit das Geld. Dass der frühere Bayern-Stürmer Roque Santa Cruz nicht nach Hamburg kommt, hat aber andere Gründe.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Wer ist denn nun schuld? Angeblich die Ehefrau! Roque Santa Cruz, der frühere Stürmer des FC Bayern, wäre gerne zum Hamburger SV gewechselt, sagt jedenfalls Oliver Kreuzer, der neue Sportdirektor des Traditionsvereins. Doch Santa Cruz' Gattin habe "aus sehr speziellen privaten Gründen" nicht in die Hansestadt umsiedeln wollen, so die recht kuriose Begründung.

Die Stürmersuche beim HSV geht damit weiter, für den Klub ist dies in zweierlei Hinsicht ein schwerer Schlag. Nicht nur, weil Santa Cruz dem Anforderungsprofil des gesuchten Stürmers entsprochen hätte: Die Hamburger wähnen sich in einer sehr lebenswerten Stadt, die Frau Cruz einiges zu bieten gehabt hätte.

Doch ehe sich die Hanseaten über so viel Geringschätzung beklagen konnten, wehte ein Zeitungsbericht herein, wonach in den Bilanzen des Liga-Dinos, des einzigen niemals aus der höchsten Spielklasse abgestiegenen Gründungsmitglieds, ein neues Millionen-Loch aufgetaucht sein soll. Für den neuen Sportchef Kreuzer bedeute dies den sofortigen Transferstopp.

Den Begriff "Transferstopp" (Bild) wollte Vorstandsboss Carl-Edgar Jarchow zwar so direkt nicht stehen lassen. Der 58-Jährige ließ in diversen Interviews aber schon durchblicken, dass der HSV seinen Wunschspieler Santa Cruz in der aktuellen Situation tatsächlich nur schwerlich hätte verpflichten können. "Wir wollen den Kader verschlanken, uns punktuell verstärken und das Budget senken", erklärte Jarchow, "das heißt auch, dass wir jetzt nicht erst mal fünf Spieler kaufen, ohne zu verkaufen. Das geht Hand in Hand."

Finanziell geht es dem HSV wirklich nicht gut. Vereins-Juwel Heung-Min Son hat den Klub bereits für rund zehn Millionen Euro in Richtung Bayer Leverkusen verlassen (7,5 Millionen gehen an den HSV), bis zum Ende der Wechselfrist am 31. August muss der sechsmalige Meister offenbar noch einmal zehn Millionen Euro einnehmen, um einen ausgeglichenen Saisonetat hinzubekommen. Schon bei der gerade vollzogenen Ausleihe von Verteidiger Johan Djourou, für rund 800 000 Euro vom FC Arsenal, habe der Aufsichtsrat Bedenken geäußert, am Ende aber zugestimmt, heißt es.

Offenbar unter großen Bauchschmerzen. "Wir fahren voll gegen die Wand", wird ein nicht näher genanntes Gremiumsmitglied zitiert, was Jarchow ziemlich schnell auf Gemütszustand 180 brachte. "Da hat ein Aufsichtsrat aus egoistischen Hintergründen den Weg an die Presse gesucht", polterte der Boss. Kreuzer, der neue Sportchef, hat nach wenigen Dienstwochen eine Ahnung, wie das Leben so spielt beim HSV.

Kreuzers große Aufgabe

Kreuzers Aufgabe ist trotzdem klar umrissen: Er muss den vorhandenen Kader verschlanken, so schnell wie möglich. Der Plan ist, den Gehaltsetat von rund 48 Millionen Euro auf unter 40 Millionen Euro zu senken, um Spielraum für neue Transfers zu schaffen. Für Gutverdiener wie Marcus Berg, Gojko Kacar oder Robert Tesche, die in den Planungen von Trainer Thorsten Fink keine Rolle mehr spielen, müssen jedoch zunächst solvente Abnehmer gefunden werden.

"Wir haben bisher noch keine entscheidende Reduzierung getätigt", sagt Jarchow und setzt seinen Sportchef damit unter Druck, "aber das Transferfenster hat ja gerade erst geöffnet." Die Abwehrspieler Paul Scharner, Michael Mancienne oder Slobodan Rajkovic sind weitere Namen, bei denen die Hamburger nicht unglücklich wären, sie künftig auf anderen Gehaltslisten wieder zu finden.

Sportchef Kreuzer steckt damit im gleichen Dilemma, das bereits seinem Vorgänger Frank Arnesen zu schaffen machte. Schon in den vergangenen beiden Jahren fuhr der Klub jeweils ein dickes Minus ein, in diesem Geschäftsjahr droht sogar ein zweistelliger Millionenverlust. Viele Spieler sind mit sehr guten Verträgen ausgestattet, spielen jedoch seit Jahren unter ihren Möglichkeiten und liefern so wenige Anreize für andere Klubs, ebenfalls gut dotierte Angebote zu unterbreiten.

"Geld ist nicht alles", ließ der Serbe Kacar immerhin gegenüber der Hamburger Morgenpost durchblicken, "an erster Stelle steht, dass ich spielen und gebraucht werden will." Kurioserweise soll Kacar zeitgleich eine Gehaltserhöhung bekommen haben, statt 1,6 soll er nun 1,8 Millionen Euro pro Saison kassieren, obwohl er aktuell nur bei der klubeigenen U23 mittrainiert. Möglich macht dies eine Zusatzvereinbarung in Kacars Vertrag, ausgehandelt noch mit Ex-Boss Bernd Hoffmann, der beim HSV schon seit März 2011 nichts mehr zu sagen hat.

Zu allem Übel braucht der HSV nach dem Abschied von Son und der Absage von Santa Cruz immer noch einen Stürmer. Der in Hoffenheim degradierte Eren Derdiyok soll ein Kandidat sein, auch wenn Kreuzer bereits bekannte, dass der Schweizer "nicht unsere erste Alternative" sei. Das könnte sich nun geändert haben. Auch mit Dortmunds Innenverteidiger Lasse Sobiech soll sich Kreuzer prinzipiell einig sein. Doch auch dieser Transfer stockt, wie aktuell so vieles beim HSV.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: