Pressestimmen zum Blatter-Rücktritt:"Er hielt sich für unzerstörbar, unbesiegbar, unverzichtbar"

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Sepp Blatter: Rücktritt nach der Wiederwahl (Foto: REUTERS)

Frankreichs Medien ziehen Schlüsse auf den Charakter von Sepp Blatter, die Schweiz sucht Beweggründe und für England ist die Fifa "durch und durch verdorben".

Großbritannien

The Times: "Sepp Blatters Rücktritt als Fifa-Präsident war längst überfällig. Es ist gut, dass er geht. Die Beweise der US-Ermittler scheinen zu bestätigen, dass die Fifa durch und durch verdorben war, und von einem Klüngel in einer Fünf-Sterne-Welt unter der nachsichtigen Aufsicht Blatters geführt wurde. Die Fifa muss nun einen unwahrscheinlich anmutenden Prozess einleiten, um einen ehrlichen Führer zu suchen."

Fifa-Präsident
:Blatters strategischer Rückzug

Nun also doch: Sepp Blatter tritt als Fifa-Präsident zurück. Der Zeitpunkt spricht für Panik - und zugleich für Strategie. Er kann jetzt Dinge in Ordnung bringen.

Kommentar von Claudio Catuogno

Frankreich

Libération: "Fifa Nostra. Heiliger Blatter, er hat uns bis zum Ende lachen lassen. (...) Was werden die 133 Verbandschefs denken, die für ihn gestimmt haben?"

Le Figaro: "Blatter hat also die Waffen gestreckt. Gerade mal vier Tage nach seiner Wiederwahl an die Spitze der Fifa. Eine unglaublich dramatische Wendung, verursacht durch eine weitere Enthüllung."

Ouest-France: "Die überraschende Bekanntmachung hat die Wirkung einer Bombe für die Fußballwelt. Ein unfassbares Erdbeben nach den Maßstäben des Geschäfts Fußball. Er (Blatter) hielt sich für unzerstörbar, unbesiegbar, unverzichtbar."

Niederlande

De Telegraaf: "Blatter, Game Over! ... Der Fußballkaiser Joseph 'Sepp 'Blatter, der sich selbst unangreifbar wähnte, ist dann doch von seinem Thron gefallen."

Trouw: "Gestern kam gleich im Westen Europas die Hoffnung auf, dass die Fifa doch gesäubert werden könnte. Aber so weit ist es noch nicht. Nicht nur, weil Europa sich erst selbst noch vereinigen muss. Aber auch weil mit Sepp Blatter ein Gegner weicht, der immer noch in der Lage ist, trotz seiner Niederlage andere nicht gewinnen zu lassen."

De Volkskrant: "Das Schiff, über das Sepp Blatter noch am Freitag nach seiner vierten Wiederwahl so feurig sprach, ist dann doch endgültig gestrandet. ... In seiner Periode als Fifa-Vorsitzender entwickelte sich die Organisation zu einer Geldmaschine von unglaublichem Ausmass. Die Milliarden, die in die Fifa-Kasse strömten, waren zugleich der Brandstoff für eine endlose Reihe von Korruptionsskandalen."

Rücktritt als Fifa-Präsident
:US-Justizbehörden ermitteln gegen Sepp Blatter

Zeitenwende im Weltfußball: Sepp Blatter dankt als Präsident der Fifa ab. Die US-Justiz lässt dem Schweizer keine Wahl - Medien zufolge hat das FBI nun Blatter persönlich ins Visier genommen.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Spanien

El País: "Die anstehende Wahl eines neuen Fifa-Präsidenten ist ein idealer Moment, eine Neugründung des Weltfußballverbandes zu beginnen. Die Organisation darf nicht mehr die Möglichkeit zu korrupten Machenschaften bieten. (...) Das Management der Fifa zu ändern und den Verband zu einer transparenten Organisation zu machen, wird komplizierter sein."

El Periódico de Catalunya: "Nur vier Tage nach seiner Wiederwahl erklärt Blatter seinen Rücktritt. Er hatte keine andere Wahl, als dem internen und externen Druck nachzugeben."

Marca: "Blatter ergibt sich. In den USA wird angeblich auch gegen ihn wegen Korruptionsverdachts ermittelt."

As: "Blatter sagt, er trete zurück, aber er bleibt weiter im Amt. Er führt die Geschäfte bis zur Abhaltung eines außerordentlichen Kongresses und der Wahl eines neuen Präsidenten."

Schweiz

Neue Zürcher Zeitung: "Dem Weltfussball dürften turbulente Wochen bevorstehen, wobei die zentralen Aspekte nicht nur Blatters Nachfolge, sondern auch die Beweggründe für seinen Abgang betreffen werden. Es gibt Spekulationen, Blatter gehe nicht einfach dem Fifa-Frieden zuliebe, sondern kapituliere vor juristischen Untersuchungen. Der Walliser steht zwar seit Jahren einer von Korruption geprägten Organisation vor, doch kriminelle Machenschaften sind ihm noch nicht nachgewiesen worden."

Tages-Anzeiger: "'Schlangenkopf' oder 'Jesus'? Fast weltweit verehrt, in seiner Heimat verachtet: Der Walliser machte sich während seiner 17-jährigen Amtszeit nicht nur Freunde. (...) Paradoxerweise wurde er als Vertreter Europas ausgerechnet auf seinem Kontinent am meisten kritisiert, nicht zuletzt auch in seinem Heimatland."

Blick: "Und jetzt geht er doch? Dann hat er etwas falsch gemacht? Liegt gegen ihn etwas Belastendes vor? Oder reicht ihm die Wiederwahl von letzter Woche für sein Vermächtnis? Oder sind es private Gründe? Noch am Kongress im Hallenstadion in Zürich-Oerlikon beteuerte Blatter, den Fussball vom Ruch der Korruption befreien zu wollen - als Präsident. (...) Bei seinem Abgang gestern tönt er anders, verbittert, geknickt.

Österreich

Die Presse: "Eines aber dürfen alle Kritiker nicht vergessen: Blatter hat die Fifa zu dem gemacht, was sie ist; ein Unternehmen mit zwei Milliarden Dollar Jahresumsatz, ein Weltkonzern. Die Vermarktung des WM-Pokals ist ein Selbstläufer, jeder Amateur könnte es. (...) Blatter war ein Top-Manager mit Kontakten, Geschäftssinn und Verhandlungsgeschick. Die Fifa hat unter seiner Leitung den Fußball an den Bestbieter verkauft, ja; aber extrem hochpreisig. Und ausschließlich an dieser Summe wird nun sein Nachfolger gemessen."

Israel

Ynet: "Fifa wird in der nächsten Zeit mit der Wahl eines neuen Präsidenten beschäftigt sein und die Beschäftigung mit den palästinensischen Beschwerden wird sich verzögern. Sollte Uefa-Chef Michel Platini gewählt werden, wären das gute Nachrichten für Israel. Platini war zuletzt die wichtigste Kraft bei der Unterstützung Israels gegen die Forderung der Palästinenser nach einem Ausschluss (aus der Fifa). Aber auch wenn Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien gewählt wird, ist das nicht unbedingt schlecht für Israel."

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