Pressestimmen:"Das geringste Übel"

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In der Schweiz und in Russland wird die Wahl Infantinos geradezu euphorisch kommentiert, in England vergleicht eine Zeitung Fifa-Funktionäre mit Kakerlaken.

In vielen Ländern ist die Wahl des Schweizers Gianni Infantino zum neuen Fifa-Präsidenten mit der Hoffnung auf einen nachhaltigen Wandel beim Fußball-Weltverband aufgenommen worden. Kritische Stimmen kommen vor allem aus England. Die internationalen Pressestimmen zum neuen Fifa-Präsidenten im Überblick:

ENGLAND Daily Mirror: "Gianni Infantinos Präsidentschaft könnte die Tür für eine WM 2030 in England öffnen."

Daily Mail: "Selbst der Einschlag eines Meteoren würde das Gesicht der Fifa kaum verändern. Die beiden Lebensformen, die in einer post-apokalyptischen Landschaft am wahrscheinlichsten überleben würden, sind Kakerlaken und Fifa-Funktionäre, die alle Atemschutzgeräte gehortet und in einem geheimen Bunker angehäuft hätten, um dann mit den mutierten, radioaktiven Insekten ein Abkommen mit dem Versprechen zu treffen, die nächste Fußball-WM ausrichten zu dürfen. Gianni Infantino war unter den gegebenen Umständen das geringste Übel."

The Guardian: "Der Sieg des früheren Generalsekretärs der UEFA weckt die Hoffnung auf eine hellere Zukunft für die Fußball-Weltverband - hauptsächlich, weil es bedeutet, dass Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa nicht in Sepp Blatters Fußstapfen tritt."

Times: "Ein Präsident, der eine gute Nachricht für große Vereine ist."

FRANKREICH L'Equipe: "Infantino hat sich den Mond vom Himmel geholt. Der Schattenmann steht jetzt im gleißenden Scheinwerferlicht. Infantino bietet der Fifa eine Form von Sicherheit, weil er als Mitglied der Reformkommission alle Akten kennt."

Le Parisien: "Während die Fifa seit Jahrzehnten durch die Kultur der Korruption und Vetternwirtschaft unterminiert wird, muss Infantino jetzt an der Spitze von tiefen Reformen stehen, die ihm gelingen müssen. Wahrscheinlich wird der Sohn italienischer Eltern jetzt im August in das Internationale Olympische Komitee gewählt, was Rom bei der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024 gegen Paris helfen könnte."

Le Figaro: "Infantino erwarten enorme Baustellen. Und seine Gegner lauern schon darauf, ob er alle seine Zusagen - vor allem die finanziellen - auch wirklich einhält."

ITALIEN Gazzetta dello Sport: "Ein 'Italiener' erobert die Spitze des Weltfußballs nach dem endlosen Reich von Sepp Blatter und davor dem noch längeren von Joao Havelange. Infantinos Wahl ist eine historische Wende, die hoffentlich eine neue Ära starten wird. Jetzt steht dem neuen Präsidenten eine schwierige Aufgabe bevor, denn die politische und finanzielle Krise der Fifa erfordert eine totale Neugründung."

La Repubblica: "Die Fifa gerät in Europas Hände. Der arabische Traum zerschellt. Infantino wird sich die Stiefel beschmutzen und die Korruption, die verbotenen Beziehungen und den Milliardenstrom transparent gestalten müssen. Er muss ein verseuchtes Meer säubern, in dem Blatter blendend schwamm."

Corriere della Sera: "Sex, Fifa und Rock'n'Roll. Es ist sechs Uhr nachmittags, das Klima im Hallenstadion, wo bereits Pink Floyd und Queen aufgetreten sind, ist ausgelassen und frivol wie nach einem Konzert. Es ist der Triumph eines bescheidenen Kindes, das einfach in den Fußball verliebt ist. Nach den Handschellen und all dem Schlamm kann das Spiel endlich wieder beginnen." La Stampa: Die Überraschung Infantino. Die Macht im Fußball zieht 9,73 Kilometer weiter: Das ist die Entfernung zwischen Visp und Briga. Zwei kleine Pünktchen auf der Weltkarte, aber in der Welt des Fußballs sind das die Geburtsorte von Sepp Blatter und Gianni Infantino, dem zehnten und neuen Präsidenten der Fifa. Von einem Schweizer zum anderen, aber die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden enden hier."

SCHWEIZ Blick: "FIFAntino. Hand aufs Herz: Diese Wahl ist gut für den Fußball und gut für die Schweiz."

Aargauer Zeitung: "Unser nächster Fußballkönig. Der Thron bleibt in der Schweiz. Gianni Infantino folgt auf Sepp Blatter."

Tages-Anzeiger: "Zum Glück Infantino. Die Fifa beschließt die dringend nötigen Reformen - und setzt auf Gianni Infantino als neuen Präsidenten und Baumeister einer besseren Zukunft."

Neue Luzerner Zeitung: "Infantino will eine neue Ära. Der neue Fifa-Präsident heißt Gianni Infantino. Gott sei Dank."

SPANIEN Marca: "Gianni Infantino ist der Auserwählte der Fußball-Welt, um einem System, das seit Mai am Stock geht, die Glaubwürdigkeit zurückzubringen. Er hat einen harten und komplizierten Job vor sich, sollte er aber seine Arbeitsweise der vergangenen sechs Jahre als Uefa-Generalsekretär anwenden, kann er es schaffen. Dies ist seine Visitenkarte für die ganze Welt, er muss jetzt nur das wiederholen, was er schon bei der Uefa gemacht hat. Er lässt darauf hoffen, dass nach der Ablösung von Blatter eine neue Ära im Fußball eingeläutet wird."

AS: Der 'Glatzkopf der Champions-League-Auslosungen', so nennen ihn seine Freunde, wird nach dem Abgang von Joseph Blatter neuer Fifa-Präsident. Über die Fernsehpräsenz auf die Präsidentschafts-Kandidatenliste - das scheint sowohl in der Politik wie auch im Fußball zu funktionieren. Die Fifa hat ihren neunten Papst. Jetzt liegt es an Infantino selber, das Gesamtkonstrukt Fifa neu zu ordnen und transparenter zu machen."

Sport: "Infantino hatte die volle Unterstützung der Europäer. Er bietet eine totale Transparenz bei zukünftigen Wahlen eines WM-Gastgebers, aber auch bei kommerziellen Verträgen und den Vergütungen der Funktionäre. Das war die definitive Beerdigung von Blatter bei der Fifa. Bei der Fifa weht jetzt ein neuer Wind."

El Mundo: "Ein Apparatschik für die Erneuerung. Es wird sich zeigen, wie Infantino seine Führungsarbeit gestalten wird, denn bisher hat er immer im Schatten von Michel Platini gestanden."

20 Minutos: "Das nette Gesicht der UEFA besteigt den Fifa-Thron.

NIEDERLANDE De Telegraaf: "Ein Segen für den Fußball. Ein Herz für die Sache. Infantinos Wahl ist ein Signal für die Welt. Die Fifa erhält ein neues Jackett. Ein europäisches Jackett, denn sehr überraschend besiegte der Schweizer Gianni Infantino den Favoriten Scheich Salman bin Abrahim Al Khalifa aus Bahrein. Die Zukunft muss beweisen, ob die Fifa sich mit Infantino als Organisation selbst reinigen kann. Garantien dafür fehlen kurz nach dem Kongress. Mit Infantino ist die Chance größer als mit Scheich Salman, an dem eine Schändung der Menschenrechte im eigenen Land klebte."

NRC Weekend: "Infantino gewinnt à la Blatter. Infantino war Europas Kompromisskandidat, auserkoren nach dem Fall des Uefa-Vorsitzenden und sicher geglaubten neuen Fifa-Bosses Michel Platini. Wie Infantino gewann? Ein Programm voll mit Herrlichkeiten für die Wähler und eine Kampagne, bei der er in vier Monaten nach eigenen Angaben 50 Länder besucht hat. Der neue Vorsitzende hat nach den angenommenen Reformen nicht länger mehr die exekutive Macht. Das allein macht es fast unmöglich, ein neuer Blatter zu werden."

SCHWEDEN: Svenska Dagbladet: "Entfesslungskünstler Houdini hatte eine einfachere Aufgabe als jetzt Infantino. Es besteht die Gefahr, dass Infantino trotz aller netten Worte über einen Neustart, einen Neuaufbau und so weiter, nur eine herausgeputzte Version von des Kaisers neue Kleider ist."

RUSSLAND: Sport-Ekspress: "An dem Abend in Zürich drohte nichts Übernatürliches oder Revolutionäres. Kein möglicher Sieger hätte die Fußballpolitik auf den Kopf gestellt, Russland die WM weggenommen und eine Hexenjagd begonnen. (...) Freuen wir uns, dass der Mann der wichtigste im Weltfußball wird, den Russland unterstützt hat!"

© SZ vom 28.02.2016 / dpa, SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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