Premier League:Leicester muss die Party verschieben

Manchester United v Leicester City - Barclays Premier League

Christian Fuchs gegen Antonio Valencia.

(Foto: REUTERS)

Ein 1:1 bei Manchester United reicht Leicester City nicht, um vorzeitig den Titel zu holen. Robert Huth sorgt für eine unschöne Szene.

Von Martin Schneider

Der Moment, in dem das Wunder vertagt wurde, begann mit einem Griff von Danny Drinkwater. Sein linker Arm schnellte nach vorne an die Schulter von Memphis Depay, nicht schlimm, aber der Niederländer spürte die Berührung und fiel zu Boden. Drinkwater schaute unschuldig, der Nieselregen von Manchester tropfte von seinem Gesicht, als ihm Schiedsrichter Michael Oliver die gelb-rote Karte zeigte. Leicester City hatte dabei Glück: Es gab nur Freistoß, es hätte auch Elfmeter für Manchester United geben können, vermutlich war das Foul knapp innerhalb des Strafraums.

Leicesters Torhüter Kasper Schmeichel hielt dann noch seine Fäuste in zwei Schüsse, warf sich einmal mutig in einen langen Pass und hätte sich dabei fast auch noch Rot abgeholt. Dann war Schluss, es blieb beim 1:1. Und Leicester City ist nicht englischer Meister. Noch nicht. Nächste Woche am Samstag hat der vielleicht größte Außenseiter der Geschichte noch eine Chance. Dann im Heimspiel gegen Everton.

Die Briten lieben ja Wetten, man kann auf der Insel auf alles setzen und daher diskutierte die BBC vor dem Spiel die Quote auf eine Meisterschaft von Leicester vor der Saison: Sie lag bei 5000:1. Die gleiche Quote bekommt man übrigens, wenn man auf Nordirland als Weltmeister 2018 setzt oder darauf, dass Justin Bieber irgendwann mal Präsident der USA wird (man kann wirklich auf alles wetten). Nächstes Jahr steht die Quote für einen Abstieg von Leicester trotz allem noch schlechter als auf eine erneute Meisterschaft.

Jamie Vardy fehlt Leicester

Jamie Vardy fehlte im Spiel bei Manchester United, der Top-Torjäger saß eine Sperre ab, weil er gegen West Ham erst umstrittenerweise mit Gelb-Rot vom Platz flog und dann den Schiedsrichter arg beschimpfte. Leonardo Ulloa ersetzte ihn, der Argentinier ist aber ungleich langsamer als Vardy. Bei United fehlte Bastian Schweinsteiger immer noch, ob er vor der Europameisterschaft nochmal fit wird, ist fraglich.

Und Manchester spielte den Tabellenführer zunächst an die Wand. Jeder Pass und jeder Zweikampf der Truppe von Trainer Louis van Gaal sagte: "In unserem Stadion, im Heim des englischen Rekordmeister, im Theatre of Dreams, da holt ihr nicht den Pokal."

In der achten Minute war es dann Christian Fuchs, der als Linksverteidiger in der Leicester-Abwehr plötzlich alleine gegen Adolfo Valencia stand und sich allzu leicht auswackeln ließ. Die Flanke von Valencia traf auf einen völlig alleingelassenen Anthony Martial, der locker zur Führung einschoss. Fünf Minuten Später musste Kasper Schmeichel mit einem Reflex gegen einen Schuss von Jesse Lingard das 2:0 verhindern.

Aber Leicester ist Leicester. In der 17. Minute schoss Danny Drinkwater einen Freistoß und im Getümmel tankte sich Wes Morgan mit seinen 93 Kilogramm im Strafraum durch die Spielertraube wie ein Rugbyspieler durch die letzte Verteidigungslinie. Morgan blieb dabei fair und wuchtete den Ball mit seinem Schädel über die Linie. 1:1 - alles wieder drin.

Huth greift Fellaini in den Haarschopf

Manchester United versuchte es weiter mit geschmeidigem Fußball gegen das Abwehr-Bollwerk. Spielverlagerungen nach rechts, Spielverlagerungen nach links. Van Gaal ließ seinen bekannten Ballbesitzfußball aufziehen, Fuchs hatte oft Probleme gegen Valencia. Robert Huth musste oft seinen Stahlkopf in diverse Flanken von United halten. In der 22. Minute versenkte Huth seine Hand im buschigen Haarschopf von Marouane Fellaini, griff in seine Locken und zog daran. Als Revanche schlug Fellaini seinen linken Ellbogen in Huths Gesicht. Der Schiedsrichter sah die Situation nicht und ließ weiterspielen.

Nur jeder zweite Pass der Foxes in dieser Phase kam an - eine Quote knapp über den Ball einfach irgendwohin bolzen. In der 30. Minute spielte Leicesters Danny Simpson als letzter Mann einen Querpass in die Füße von Lingaard. Der sprintete allein aufs Tor von Schmeichel los, Simpson hinterher, er störte ihn, Lingaard fiel, aber Schiedsrichter Michael Oliver entschied korrekt nicht auf Notbremse, weil der Spieler von Manchester zu einfach zu Boden ging.

Riyad Mahrez hätte in der 38. Minute einen Elfmeter für Leicester bekommen können, als er im Zweikampf mit Marcos Rojo zwar einen Strafstoß provozierte, vom Argentinier aber auch klar getroffen wurde. United dominierte in der ersten Halbzeit das Spiel, Leicester hatte aber die besseren Torchancen, weil sich United bei Standards so stümperhaft und körperlos anstellte, als wäre der Sport Basketball oder Badminton.

Leicester nutzt die eigene Drangphase nicht aus

Nur Sekunden nach Wiederanpfiff gewann Morgan seinen gefühlt 15. Zweikampf gegen Rojo, United-Torhüter David de Gea rettete. Jeder Eckball wurde zur Torchance für Leicester, wirklich jedes Kopfball-Duell verlor die United-Verteidigung, als wären alle Spieler maximal 1,60 Meter groß, es fing an komödiantische Züge zu bekommen. Das Problem für Leicester: Es ging kein Ball rein.

Aber ihre Konter wurden nun stärker und präziser, Leicester spielte den Fußball, der sie an die Tabellenspitze gebracht hatte. In der 71. Minute lief Mahrez alleine aufs Tor zu, zwei Übersteiger, einen Sprint von der Seite in die Mitte, ein Schuss mit links und nur die Fäuste von de Gea verhinderten die Führung. Ein Querpass wäre die bessere Lösung gewesen. Es war die beste Phase von Leicester, erst in der 80. Minute bekam United das Spiel wieder über den intelligent agierenden Wayne Rooney in den Griff. Dessen Pässe in der Offensive verhinderten weitere Konter.

Dann flog Drinkwater vom Platz. Nun kann Leicester am nächsten Samstag Meister werden. In einem Heimspiel gegen Everton. Vielleicht wird das dann auch die schönere Party.

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