Premier League:Guardiola ist mit seinem Team weiter als Mourinho

Manchester United v Manchester City - Premier League

Tatsächlich, eine Umarmung: José Mourinho und Pep Guardiola vor dem Spiel.

(Foto: Carl Recine/Reuters)

Nach dem Sieg im Manchester-Derby feiern die City-Fans ihren Trainer mit Gesängen. Er hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, der Mannschaft seine Idee zu vermitteln.

Von Javier Cáceres, Manchester

Als die Partie vorüber war und Old Trafford, das Stadion von Manchester United, sich allmählich leerte, wurde offenbar, welch Bedeutung das Derby für Pep Guardiola gehabt hatte. Guardiola ist ja jetzt Trainer von Manchester City, mit 2:1 hatte seine Mannschaft gegen den Nachbarn gewonnen, und er brauchte danach lange, bis er den Weg in die Kabine fand. Jeden einzelnen seiner Spieler fing er auf dem Rasen ab, überhäufte alle mit Gesten der Anerkennung und schickte sie dann in die Ecke, in der die City-Fans standen, auf dass sie sich bei ihnen bedankten. Er selbst ging ebenfalls mit, was etwas überraschend war, derlei hatte er zu seiner Zeit als Trainer des FC Bayern (2013-2016) nur bei sehr ausgesuchten Anlässen getan. Es war ein Weg, der sich lohnte, denn im Gegenzug erhielt auch er Zuwendung, in Form eines Chors aus 3000 City-Kehlen: "Cause Guardiola we've got/cause Guardiola we've got..."

Die Guardiola-Rufe waren durchaus angebracht. Das emotional vielleicht aufgeladenste Manchester-Derby der jüngeren Geschichte war ja zurecht als Duell zwischen Guardiola und José Mourinho stilisiert worden, den seit Jahren ziemlich besten Feinden der Fussballwelt. Beide haben mit Beginn der gerade mal vier Spieltage jungen Saison ihre Jobs in Manchester angetreten. Und wenn sich nach den 90 Minuten von Old Trafford etwas sagen ließ, dann dies: Guardiola ist bei dem Versuch, seiner Mannschaft seinen Stempel aufzudrücken, Mourinho voraus. Und nach vier Siegen aus vier Spielen führt er die Tabelle zurecht an.

Vor dem Anpfiff kommt es, Überraschung, zu einer Umarmung

Guardiola und Mourinho hatten sich zu Spielbeginn, und auch das war überraschend, nachgerade herzlich begrüßt. Umringt von Fotografen und Kameramännern gaben sie sich nicht nur die Hand, es kam zu einer von Mourinho ausgehenden, flüchtigen Umarmung. Es war, als wollten sie damit tatsächlich, wie am Vorabend angekündigt, jedweden Protagonismus den Spielern überlassen - den teuersten Kadern des Planeten. Sie taten gut daran, denn es entwickelte sich tatsächlich eine offene, 90 Minuten lang spannende, intensive Partie. "Zum Ende hin habe ich nur noch gebetet", sagte ein völlig erschöpfter und heiserer Guardiola nach der Partie.

Dass das Flehen nötig wurde, war eigentlich überraschend. Fast 45 Minuten lang war Manchester City das einzige Team mit einer klaren Spielidee, auf Seiten der Gastgeber herrschte Konfusion. "Wir waren nicht auf unserem Niveau", konzedierte Mourinho, gleich "drei, vier, fünf Spieler gaben uns nicht das, was wir von ihnen erwartet hatten". Dazu zählte insbesondere Henrikh Mkhitaryan, der in diesem Sommer aus Dortmund nach Manchester gewechselt war und bei seinem Premier-League-Debüt nie einen Bezug zum Spiel herstellen konnte - und zur Halbzeit wie der gleichfalls desolate Jesse Lingard ausgewechselt wurde. Auf der anderen Seite lieferten Fernandinho, David Silva und vor allem Kevin De Bruyne eine derart überzeugende Vorstellung ab, dass die nach 36 Minuten hergestellte 2:0-Führung ein Debakel anzukündigen schien. Das Trio dominierte das Geschehen im Mittelfeld nach Belieben.

De Bruyne ist an beiden City-Treffern beteiligt

Kurioserweise entsprang der erste Treffer aber nicht einer der langen, guardiolesken Ballstaffetten, sondern dem althergebrachten, britischen Kick-and-Rush-Muster. Citys Linksverteidiger Kolarov entledigte sich an der Eckfahne des Drucks Uniteds, indem er den Ball einfach nach vorne drosch. Der nigerianische Mittelstürmer Kelechi Iheanacho leitete ihn eher ziellos per Kopf weiter, doch weil Uniteds Innenverteidiger Daley Blind nicht energisch genug zum Ball ging, konnte De Bruyne den Ball wegspitzeln. Er überwand Torwart David De Gea mit einem trockenen Flachschuss (15. Minute). Am zweiten Treffer war der frühere Bundesligaprofi De Bruyne auch entscheidend beteiligt. Er setzte einen Schuss an den linken Pfosten, den Abpraller schoss der allein stehende Iheanacho durch die Beine von De Gea aus kurzer Distanz ins Netz (36.). United wirkte groggy wie ein taumelnder Boxer. Doch dann brachte ein folgenschwerer Patzer des neuen City-Torwarts Claudio Bravo Mourinhos Mannschaft wieder ins Spiel.

Kurz vor der Halbzeit versuchte der chilenische Schlussmann einen von der Seitenlinie getretenen Freistoß vom Himmel zu pflücken, doch durch ein Missverständnis mit Innenverteidiger John Stones, der ebenfalls zum Ball ging, rutschte ihm das Spielgerät aus den Fingern. Uniteds Stürmer Zlatan Ibrahimovic jagte den Ball mit einem technisch anspruchsvollen Volleyschuss ins Netz (44.). Danach hatte er, wieder nach einem Missverständnis Bravos mit Sagna, eine ähnliche Chance. Doch ein City-Verteidiger klärte Ibrahimovic' Schuss auf der Linie.

Mourinho beklagte sich natürlich wieder über den Schiedsrichter

Natürlich nörgelt Mourinho über den Schiedsrichter

Überhaupt Bravo: Er wurde für den englischen Nationaltorwart Joe Hart geholt, weil er besser mit dem Fuß spielen kann. Theoretisch. Am Samstag aber brachte er sich zur Gaudi der United-Fans immer wieder in die Bredouille. Ein Mal wäre das in der zweiten Halbzeit fast ins Auge gegangen. Nachdem er einen United-Angreifer im Strafraum versetzt hatte, legte er sich den Ball so weit vor, dass ihm Wayne Rooney fast den Ball abgenommen hätte. Es kam zu einem Pressschlag, nach dem Rooney liegen blieb.

Mourinho klagte in klassischer Mou-Manier, dass dies eigentlich einen Elfmeter und eine rote Karte für Bravo hätte bedeuten müssen, zudem habe der Schiedsrichter auch einen Handelfmeter verweigert, der Referee habe "zwei große Fehler" begangen. Doch keine der Szenen war wirklich elfmeterreif. Guardiola wiederum rühmte Bravo für seine "Persönlichkeit", weil der Chilene sein Spiel nach dem Gegentreffer um kein Jota verändert habe: "Ich liebe Torhüter, die den Ball attackieren".

Damit dürfte auch klar sein, dass Bravo trotz seiner Leistung beim nächsten Spiel von Manchester City zwischen den Pfosten steht - am Dienstag im ersten Gruppenspiel der Champions League gegen Borussia Mönchengladbach. Guardiola, der dem früheren Schalker Leroy Sané zu einem halbstündigen, diskreten Premier-League-Debüt verhalf, forderte bereits den Anhang zu Unterstützung auf. "Wir werden sie brauchen, denn für uns ist das Spiel ein Finale", sagte Guardiola.

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