Portugal vor EM-Auftakt:Ronaldo huldigt sich selbst

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"Er ist sehr glücklich, fühlt sich gut, und wirkt supermotiviert": Wird es diesmal Ronaldos EM? (Foto: AFP)

Cristiano Ronaldo könnte bei der EM mehrere Rekorde brechen und sein Ego weiter füttern - doch die Portugiesen beäugen seine Form vor dem Spiel gegen Island eher skeptisch.

Von Javier Cáceres, Marcoussis

Die Debatte über die Frage, wer nun besser sei als Fußballer, der Portugiese Cristiano Ronaldo oder der Argentinier Lionel Messi, dauert nun schon länger. Doch das bedeutet nicht, dass sie nicht noch durch überraschende Einschätzungen bereichert werden könnte.

Dieser Tage etwa begegneten sich der Brasilianer Edson Arantes do Nascimento alias Pelé und der Argentinier Diego Armando Maradona in Paris - und schlossen nicht nur mit einer innigen Umarmung überraschend Frieden, sondern tauschten sich auch über zwei ihrer legitimen Erben als weltbeste Kicker aus: "Ronaldo ist ein Spieler, der eine Mannschaft im Alleingang ins Finale bringen kann. Er ist ein Kulturerbe des Fußballs", sagte Maradona, Argentiniens WM-Held von 1986, über den Stürmer von Real Madrid, der an diesem Dienstag mit Portugal gegen Island (21 Uhr im SZ-Liveticker) sein erstes Spiel bei der Europameisterschaft bestreiten wird.

Danach äußerte er sich auf einem Podium ähnlich lobend über Landsmann Lionel Messi - und erntete erstaunte Blicke. Der Grund: Im Auditorium war längst bekannt, dass Maradona Pelé verraten hatte, was er wirklich denkt: "Messi ist ein guter Kerl. Aber es mangelt ihm an Persönlichkeit", sagte er, ohne zu wissen, dass ein Mikrofon seine Worte aufzeichnete.

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Cristiano Ronaldo ist indes nur bedingt auf Äußerungen Dritter angewiesen, um Selbstsicherheit zu tanken: "Die Besten beeinflussen immer ihren Sport. Ich denke schon, dass ich eine große Wirkung erzielt habe", verriet er nun der italienischen Zeitschrift Undici. Gleichwohl dürften ihm die Worte Maradonas runtergegangen sein wie das Öl, mit dem er seinen Haaren Glanz verleiht.

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Denn Ronaldo befindet sich mit Messi seit Jahren in einem Duell um die Hegemonie in der Sparte Heldenfußball. Zurzeit findet dieses Duell transatlantisch statt: Messi, 28, spielt in den USA bei der Copa América und will seinen ersten Titel mit Argentiniens A-Nationalelf holen. Ronaldo, 31, trachtet in Frankreich nach der ersten internationalen Trophäe in der Geschichte Portugals.

Als "Kapitän der elf Millionen Portugiesen" feiert ihn der portugiesische Verband FPF in einem Info-Heftchen, und zählt auf, dass die Nummer 7 von Real Madrid drei Mal mit dem "Ballon d'Or" für den Weltfußballer ausgezeichnet wurde und auch Großoffizier des Orden des Infanten D. Henrique ist. Dies ist die dritthöchste Stufe des wichtigsten Verdienstordens seiner Heimat, es ist also noch Luft nach oben.

Die nächsten Ordens-Grade dürfte Ronaldo leichter erklimmen, wenn er weitere Rekorde bräche; bei der EM wackeln mindestens zwei. Bereits an diesem Dienstag wird er den Länderspielrekord von Luís Figo einstellen (127 Länderspiele), Ronaldo hat das Trikot der Portugiesen 126 Mal getragen, unter anderem bei je drei Welt- und Europameisterschaften (auch 2004, als Portugal im Finale gegen Otto Rehhagels Griechen verlor und Ronaldo bitter weinte). Ronaldo dürfte zudem nach der Vorrunde Lilian Thuram (Frankreich) und Edwin van der Sar (Niederlande) als EM-Endrunden-Rekordspieler überholen.

Ronaldo hat bislang 14 EM-Spiele, Thuram und van der Sar schafften 16. Und Ronaldo wird auch in einer anderen Rubrik zu Thuram und van der Sar aufschließen: Die beiden sind zusammen mit Aron Winter (Niederlande), Peter Schmeichel (Dänemark), Alessandro Del Piero (Italien) und Lothar Matthäus (Deutschland) unter den Spielern, die im Laufe ihrer Karrieren an vier EM-Endrunden teilgenommen haben.

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"Er ist sehr glücklich, fühlt sich gut, und wirkt supermotiviert"

Wenn der letzte Eindruck stimmt, dürfte Ronaldo in guter Form sein. Beim letzten EM-Test gegen Estland (7:0) erzielte er zwei sehenswerte Treffer. Die Kameraden im Leistungszentrum des französischen Rugby-Verbandes in Marcoussis, das Portugal als EM-Quartier dient, äußern sich lobend über den Anführer. "Er ist sehr glücklich, fühlt sich gut, und wirkt supermotiviert", sagte Cédric (FC Southampton), der sich mit Bundesliga-Profi Vieirinha (VfL Wolfsburg) um den Rechtsverteidiger-Posten in der Startelf der Portugiesen balgt.

In jedem Fall ist Ronaldo nach dem Champions-League-Finalsieg von Mailand, bei dem er gegen Atlético Madrid den letzten Elfmeter verwandelte, sowie einem mediterranen Kurzurlaub auf einer Luxus-Yacht in guter Laune zur EM gereist. Die Portugiesen beruhigt das nur bedingt. Vor zwei Jahren reiste er ebenfalls nach einem Champions-League-Sieg zu einem Großturnier an (WM 2014) und behauptete ebenfalls, in guter Verfassung zu sein - "doch was wir dann sahen, war ein Elend", schrieb die portugiesische Zeitung Correio de Manhà.

Dass solche Skepsis Ronaldos Ego verletzt, ist unwahrscheinlich; Ronaldo ist so etwas wie die Antwort des Fußballs auf die Königin aus Grimms Schneewittchen-Märchen, sie schaute auch gern in den Spiegel. "Mit den Resultaten, die ich erzielt habe, kann ich schon meinen, dass ich der Beste der letzten 20 Jahre bin", sagt Ronaldo. Mindestens.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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