Portugal im EM-Viertelfinale:Aus dem Nichts kommt Quaresma

Croatia v Portugal - Round of 16: UEFA Euro 2016

Portugals Siegtorschütze Ricardo Quaresma.

(Foto: Getty Images)

117 Minuten ist es ein Spiel fast ohne Torchancen - doch dann wirft Portugal den Geheimfavoriten aus dem Turnier. Die Kroaten sind untröstlich.

Von Tobias Schächter, Lens

Es war der letzte Schuss von Cristiano Ronaldo in der 117. Minute der Verlängerung. Kroatiens Torwart Danijel Subasic wehrte den Ball noch ab, aber der eingewechselte Ricardo Quaresma drückte die Kugel per Kopf zum Siegtreffer für Portugal über die Linie. Durch den hart umkämpften 1:0-Sieg spielen die Portugiesen im Viertelfinale nun gegen Polen.

Die Kroaten sind draußen. Wieder einmal. Und wohl noch nie hat es so wehgetan wie an diesem Abend in Lens. Diese Generation kroatischer Fußballer muss nach dieser bitteren Niederlage nun damit leben, wieder einmal nur ein Versprechen gewesen zu sein.

Subasic klagt: "Wir haben die Tore nicht gemacht"

"Wir waren das bessere Team, aber wir können uns davon nichts kaufen. Wir haben die Tore nicht gemacht", klagte Subasic. Seine Elf konnte das Momentum nicht nutzen. Auch weil dieses Turnier in Frankreich stattfindet, glaubten viele in Kroatien an ein gutes Ende. Hier wurden die Kroaten 1998 WM-Dritter. Aber nach der vielversprechenden Vorrunde ist der Traum der Modrics, Rakitics und Co. schon im Achtelfinale ausgeträumt, endlich aus dem Schatten der Sukers und Prosineckis, der Helden von 98, zu treten.

"Hey Cro, Let's Go" stand auf einem Transparent in der kroatischen Fankurve in Anlehnung an das Motto der legendären Punk-Band "The Ramones". Seit der Nacht von Lens haben die Kroaten bei dieser EM in Frankreich nun ausgerockt.

Portugal darf nun aufs Halbfinale hoffen

Wenn nicht jetzt, wann dann? Diese Frage hatten sich beide Teams vor diesem mit Spannung erwarteten Achtelfinalhit gestellt. Der Weg ins Finale scheint ja so einfach wie nie, auf der rechten Seite des Tableaus ringen die alten, großen Fußballnationen England, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien mit ihren 19 Welt-und Europameisterschaftstiteln um den Einzug ins Finale am 10. Juni in Paris.

Auf der anderen Seite des Pfades zu Europas Fußballkrone spielten bis Samstagnacht Außenseiter und eben die zwei noch titellosen, aber titelhungrigen Kroaten und Portugiesen den Endspielteilnehmer aus. Die Portugiesen haben nun die große Chance, durch einen Sieg gegen Polen mindestens bis ins Halbfinale zu kommen. Das war die Ausgangslage. Es brauchte die Verlängerung, diesen Kampf zu entscheiden.

Portugal verteidigte überraschend klug

Die Zuschauer spürten den Respekt der beiden Teams vor der Aufgabe und dem Gegner bis unter das steile Tribünendach des Stade Bollaert-Delelis. Dass die Portugiesen den Kroaten den Ballbesitz weitgehend überließen und versuchten, bei Balleroberung schnell zu kontern, war keine Überraschung. Überraschend war aber, wie klug die Portugiesen verteidigten. Adrien Silva störte Luka Modric schon früh im Aufbauspiel. Und Ivan Rakitic, ein Meister in der Kunst sich in der gefährlichen Zone zwischen der defensiven Mittelfeldreihe und der Viererabwehrkette des Gegners anspielen zu lassen, bekam dort kaum einen Ball, weil der famose William Carvalho die Kunst des Raumversiegelns perfekt beherrscht.

Die Passmaschine der Kroaten ging auch deshalb mehr in die Breite als nach vorne. Die einzige Tormöglichkeit der "Vatreni" (Feurigen) in der ersten Halbzeit kam dann auch nur nach dem Fehlpass von Nani zustande - aber Ivan Perisic knallte den Ball aus 14 Metern nur ans Außennetz (30.). Perisic hatte sich auf der linken Seite seines Kopfes mit den Nationalfarben seines Landes bemalt - wohl, um seinen unbedingten Siegeswillen zu demonstrieren.

Die Kroaten sind untröstlich

Es blieb ein Spiel fast ohne Torchancen. Insbesondere die Portugiesen wirkten zeitweise, als seien sie gar nicht darauf aus, das Spiel vor dem Elfmeterschießen zu entscheiden. Etwas mehr taten die Kroaten, Perisic traf in der 110. Minute nur den Pfosten, auch Vida verfehlte das Tor kurz vor Abpfiff knapp. Zum Glück für Portugal und Quaresma, der kurz vor Schluss aus dem Nichts traf.

Wenn nicht jetzt, wann dann? Für Portugal zählt dieses Motto 2016 weiter. Die Kroaten sind untröstlich und müssen diese Frage auch 2016 so beantworten: Der Titel bei dieser EM wird ab diesem Samstag von Lens ohne uns vergeben. Wieder einmal.

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