Portugal:Der Traumfänger

Fünf Spiele, fünf Remis nach regulärer Spielzeit: Dass Portugal minimalistisch das EM-Halbfinale erreicht, liegt an der bulligen Abgeklärtheit von Renato Sanches, dem erst 18 Jahre alten Zugang des FC Bayern.

Von Ulrich Hartmann, Marseille

Man muss Renato Sanches den Ball wegnehmen. Wenn er ihn nicht mehr mit den Füßen jongliert, niemandem Knoten in die Beine dribbelt, den Torwart nicht demütigt und seinen Kapitän Cristiano Ronaldo nicht mehr in den Schatten stellt - wenn man ihn also vom Fußballrasen auf ein Podium im Keller des Stade Vélodrome holt, er sich schüchtern die markanten Locken aus dem Gesicht streicht und mit zarter Stimme spricht, dann spürt man erst, wie jung dieser auf dem Platz so abgeklärte Fußballer tatsächlich ist. 18 Jahre und 317 Tage waren es am Donnerstag, als er die Portugiesen ins Halbfinale der EM führte, indem er gegen Polen erst den 1:1-Ausgleich erzielt und dann im Elfmeterschießen den zweiten von fünf portugiesischen Treffern übernommen hatte. Er ist jetzt ein nationaler Held, der drittjüngste Fußballer, der je in einem EM-Spiel ein Tor geschossen hat und der jüngste, der je in einem K. o.-Spiel getroffen hat. Und als er nach Mitternacht im portugiesischen Mannschaftsbus aus dem Marseiller Stadion gefahren wurde, da hatte er sich auch noch soeben in einen Spieler des FC Bayern München verwandelt, denn seit dem 1. Juli gehört er offiziell zur Belegschaft des deutschen Meisters.

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