Polizeieinsätze im Fußball:Bremer Risikospiel

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  • Als erstes Land weigert sich Bremen, die Kosten für Risikospiele im Fußball zu tragen - und stellt stattdessen der Deutschen Fußball-Liga eine Rechnung.
  • Im deutschen Sport kommt das gar nicht gut an.
  • Die DFL will sich mit allen juristischen Möglichkeiten wehren.

Von Peter Burghardt und Heribert Prantl, Hamburg

Sportlich war das Fußballspiel zwischen den Bundesligisten Werder Bremen und Hamburger SV schon mal bedeutender. Früher bewarb sich immer mal wieder einer der beiden Vereine um die deutsche Meisterschaft - im Frühjahr 2015 dagegen sind die Gastgeber Neunter, und der HSV läuft als Drittletzter Gefahr, erstmals in seiner Geschichte in die zweite Liga abzustürzen. Besonders gut befreundet sind die Anhänger der benachbarten Klubs allerdings nach wie vor nicht, sie gelten als traditionell verfeindet.

So kam der Bremer Senat auf die Idee, eine seit Monaten schwelende Drohung erstmals in die Tat umzusetzen: Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) soll ungefähr 300 000 Euro dafür bezahlen, dass beim Nordderby am 19. April im Weserstadion mehr Polizisten im Einsatz sein werden als gewöhnlich. Aber die DFL will nicht bezahlen.

Im vergangenen Jahr hatte die Bürgerschaft der Hansestadt mit rot-grüner Mehrheit die Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes beschlossen, am 8. November trat die enorm umstrittene Verordnung in Kraft. Demnach werden die Veranstalter zur Kasse gebeten, wenn bei Risikospielen Mehrkosten anfallen. Zunächst sollte die DFL als Dachorganisation der Fußball-Bundesliga bereits bezahlen, als Werder Bremen im Dezember Hannover 96 zu Besuch hatte, doch das Match galt dann plötzlich als nicht mehr so gefährlich.

Die Begegnung mit dem abstiegsgefährdeten Erzrivalen aus Hamburg dagegen wird von Innensenator Ulrich Mäurer und seinen Experten als "Rot-Spiel" eingestuft, also als besonders bedrohlich, weil mit zahlreichen gewaltbereiten Fans gerechnet wird. Gewöhnliche Partien stehen im Rang von "Grün-Spielen", da werden auf Kosten des Bundeslandes gewöhnlich 150 Sicherheitsleute für die maximal 42 000 Zuschauer auf den Tribünen und die Nachbarschaft abgestellt. Bei "Rot-Spielen", also einem wie Werder gegen den HSV, gehen die Planungen von mindestens 1000 Polizisten aus, viele davon müssen aus anderen Bundesländern angefordert werden. Beim jüngsten Aufeinandertreffen seien es 1200 Beamte gewesen, berichtete Mäurer der SZ. Von zusätzlichen Kosten von 500 000 Euro war die Rede.

Für Bremens Senat und seinen Ressortleiter Inneres und Sport ist die Sache klar: Wenn ein Ereignis teureren Schutz als üblich verlangt, weil zum Beispiel besonders viele Hooligans erwartet werden, dann muss sich ein Verband wie die DFL finanziell an dem erweiterten Aufwand beteiligen, statt den klammen öffentlichen Haushalt noch weiter zu belasten. Das habe man aus guten Gründen nicht im Polizeirecht, sondern im Gebührengesetz geregelt. Auf diese Weise müsse man nicht feststellen, wer der Störer sei, es gebe auch keine moralischen Wertungen - es entstünden schlicht Kosten, und die müsse der Verursacher begleichen.

Das ist für Mäurer nicht anders, als wenn eine Windmühle über die Autobahn transportiert werde, die dann irgendwo aufgestellt werde - wenn die Sicherheitsmaßnahmen wie Polizeibegleitung und so weiter per Gebührenbescheid abgerechnet würden, dann rege sich doch auch niemand auf.

Die DFL sei über die bevorstehende Rechnung informiert worden, so Mäurer. Zugestellt werde der Bescheid natürlich erst nach dem Spiel, wenn man wisse, was das gekostet habe. Die geschätzten 300 000 Euro seien für die DFL ja kein wirklich gewaltiger Betrag. Die DFL jedoch sieht das anders.

"Der Alleingang des Bundeslandes Bremen löst keine Probleme und ist rechtlich äußerst fragwürdig", sagte ein DFL-Sprecher am Mittwoch. Der Vorstoß werde deshalb von der Liga ebenso abgelehnt wie vom Deutschen Olympischen Sportbund, dem Deutschen Fußball-Bund "und allen anderen Bundesländern". Die DFL will sich mit allen juristischen Möglichkeiten wehren. Auch Werder Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry hatte das Gesetz des Senats im Herbst 2014 kritisiert und auf einen Plan der DFL gegen die Gewalt in den Stadion verwiesen.

Der Streit fällt außer in das Saisonfinale der Bundesliga auch in den Bremer Wahlkampf, am 10. Mai wird die nächste Bürgerschaft gewählt. Obendrein war Innensenator Mäurer kürzlich nach einem Antiterror-Manöver in Schwierigkeiten geraten, denn bei der Polizeiaktion gegen mutmaßliche Dschihadisten gab es mehrere Pannen bei der Überwachung und Kontrolle von Verdächtigen.

Die angekündigte Klage der DFL gegen die Rechnung für die Polizeiaktion beim Duell von Werder Bremen und Hamburger SV in zehn Tagen sieht Mäurer dagegen gelassen. "Es geht ums Prinzip", sagt der Politiker. Er fühle sich im Kreise der Innenminister und Innensenatoren in dieser Frage als "David". Andere Minister und Senatoren schauen zu und warten, wie sich der Fall entwickelt.

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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