Polen-Erfolg zum Auftakt der Fußball-EM:Milik löst die Verstopfung

EURO 2016 - Group C Poland vs Northern Ireland

Arkadiusz Milik und seine Polen jubeln - sie gewannen gegen Nordirland.

(Foto: dpa)
  • Das gab es noch nie: Polens Nationalteam schafft mit dem 1:0 gegen Nordirland den ersten Sieg bei einer EM.
  • Es bestätigt sich, dass Lewandowski und Co. der stärkste deutsche Gegner sind.
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Von Ulrich Hartmann, Nizza

Es hat am Sonntagabend an der Côte d'Azur lange so ausgesehen, als könnte die polnische Nationalelf trotz drückender Überlegenheit auch im siebten Europameisterschaftsspiel ihrer Geschichte einen Sieg verpassen. Der am Arm als Kapitän markierte Stürmer Robert Lewandowski wuselte sich auf grünem Grund latent durch grüne Nordiren, kam aber irgendwie auf keinen grünen Zweig.

Also musste sein Stürmerkollege Arkadiusz Milik die fußballerische Verstopfung lösen und den Polen mit der Führung den Weg zum historischen Sieg ebnen. Deren Chance aufs erstmalige Erreichen der K.o.-Runde steht nach dem 1:0 (0:0) nicht schlecht, für die Nordiren kann man sich nach dieser Leistung ein Happy End kaum vorstellen.

"Lewandowski ist für mich einer der zwei besten Mittelstürmer der Welt", hatte Nordirlands Trainer Michael O'Neill vor dem Spiel gesagt und als kleines Rätsel aufgegeben: "Der andere spielt die Copa America" - gemeint war Messi. Spannend war zu sehen, wie die nordirische Abwehr das Musterexemplar eines Mittelstürmers betreuen würde. Wobei diese Abwehrkette als einziger Mannschaftsteil halbwegs EM-Niveau besitzt. In Craig Cathcart (FC Watford) sowie Gareth McAuley und Jonathan Evans (beide West Bromwich) spielen dort drei Premier-League-Spieler.

Erstklassige Profis sind ansonsten rar im Kader. Aus dieser Abwehrreihe fällt Conor McLaughlin heraus, der mit Fleetwood Town im Keller der dritten englischen Liga herumkrebst, und den die nordirische Presse den "Underdog der Underdogs" nennt. Auch der immer wieder zur Fünferkette einrückende Shane Ferguson ist mit dem FC Millwall in der dritten englischen Liga zu Hause. "Keiner unserer Abwehrspieler wird vor Ehrfurcht erstarren", hatte O'Neill angekündigt - aber nur bedingt recht behalten.

In Nizza trafen sich zwei Fußballnationen, die arm an geschichtlicher EM-Euphorie sind. Zum dritten Mal in Serie nehmen die Polen an einer EM-Endrunde teil, aber gewonnen hatten sie zuvor keines ihrer sechs Spiele. Für die Nordiren ist es sogar die erste Teilnahme. Insofern war die Freude bei den im Stadion friedlichen wie sangesfreudigen Anhängern beider Teams groß.

Polen drückt, Nordirland wartet ab

Die Sonne schien großzügig ins schöne Stadion, das bei den Spielen des Heimatklubs OGC Nizza oft nur zu einem Drittel gefüllt ist. Dies zu ändern, ist ein Ziel des neuen Nizza-Trainers Lucien Favre, dem vormaligen Mönchengladbacher.

Das Auftaktspiel der deutschen Gruppe begann wie erwartet. Die Polen drückten die Nordiren kompromisslos in die eigene Hälfte. Die Grünen erstarrten zwar nicht in Ehrfurcht, aber in offensiver Hilflosigkeit. Nicht ein einziger vernünftiger Konter gelang ihnen bis zur Pause - den Polen allerdings auch kein Treffer.

Der vormalige Leverkusener und Augsburger Milik, heute bei Ajax Amsterdam, hatte nach einer Vorlage des Dortmunders Lukasz Piszczek in der 32. Minute die ultimative Chance zur 1:0-Führung - vergab aber. Die Zwischenbilanz: 66 Prozent Ballbesitz, 10:0 Torschüsse, 7:0 Ecken, 0:0-Halbzeitstand.

So eine Dominanz kennt Lewandowski zwar aus der Bundesliga, derart tief wie die Nordiren steht dort allerdings kaum ein Gegner. Zu Beginn der zweiten Halbzeit probierten die Polen ihre humorlosen Kontrahenten deshalb ein bisschen herauszulocken, spielten umständlich weit in die eigene Hälfte zurück und jagten den Ball dann umso plötzlicher nach vorne, wo der frühere Dortmunder Jakub Blaszczykowski, heute AC Florenz, in der 51. Minute von rechts außen Milik belieferte und diesen das überfällige 1:0 erzielen sah.

Trotz danach sogar wachsender Gefahr verbreitender Nordiren bewahrten die Polen die knappe Führung - bejubelten hernach verständlicherweise aber selbst diesen diätetischen Sieg reichhaltig.

"Wir können uns weiterentwickeln", resümierte der zum besten Spieler der Partie gekürte Grzegorz Krychowiak aber auch richtig.

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