Playoff-Finale in der DEL:Freude am Wackeln

EHC Red Bull München - Eisbären Berlin

Auswärts zur Serienführung: Starke Berliner jubeln in München über den Sieg in Spiel eins der Final-Playoffs.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Die Eisbären Berlin gewinnen überraschend die Auftaktpartie beim Meister München und gehen trotzdem zurückhaltend in die zweite Partie, bei der ein streitbarer EHC-Angreifer zurückkehren wird.

Von Christian Bernhard, München

So gut wie Martin Buchwieser kennen sich nur wenige in der Münchner Olympia-Eishalle aus. Der 28-Jährige hat fünf Jahre für den dort ansässigen Profi-Eishockey-Klub gespielt, als dieser noch EHC München und nicht EHC Red Bull München hieß. Er war damals Publikumsliebling, wenn der Stadionsprecher ihn ankündigte oder der Angreifer ein Tor erzielt hatte, brüllte das Münchner Publikum "Buchwieser, Buchwieser, Buchwieser". Am späten Freitagabend stand Buchwieser vor seiner alten sportlichen Heimat und sagte dem Tagesspiegel: "Uns freut es natürlich, wenn die wackeln." Dann fügte er schmunzelnd hinzu: "Die sind das ja auch nicht gewohnt."

Die, das ist der EHC Red Bull München, der die Deutsche Eishockey Liga (DEL) seit 2016 mit zwei Meisterschaften in Serie dominiert. Buchwieser ist nicht mehr Teil des Münchner Eishockeys, er trägt seit dieser Saison das Trikot der Eisbären Berlin, die am Freitag das erste Finalspiel um den Titel 4:3 in München gewannen. Berlins Trainer Uwe Krupp gab sich nach dem idealen Start zurückhaltend. "Wir freuen uns natürlich über den ersten Sieg. Aber es ist noch viel Eishockey zu spielen." Der erfahrene Ex-Nationaltrainer weiß, dass ein Sieg in einer "Best-of-seven"-Serie noch nicht viel bedeutet.

Berlins Olympia-Silbermedaillengewinner Hördler und Müller glänzen

Imposant war allerdings mit welcher Selbstverständlichkeit die Eisbären beim Titelverteidiger, der seit 2016 nur drei Playoff-Heimspiele verloren hat, auftraten. Die Berliner spielten deutlich überzeugender. "Wir wurden etwas überrascht", gestand Münchens Trainer Don Jackson sein. "Sie haben sich in den letztjährigen Playoffs verbessert und auch in dieser Saison gesteigert. Sie sind jetzt ein besserer Klub."

Besonders beeindruckend war, dass es die Eisbären schafften, das ansonsten so dominante Forechecking der Münchner auszuhebeln. Der EHC verpasste es, frühe Scheibengewinne zu provozieren, da die Berliner ihr Offensivspiel in der eigenen Zone präzise und schnell starteten. "Berlin hat es schlau gemacht", sagte EHC-Verteidiger Yannic Seidenberg. "Wir haben es ihnen zu einfach gemacht, hinten rauszukommen."

Großen Anteil daran hatten die Eisbären-Verteidiger, allen voran das Silber-Duo von Pyeongchang, Frank Hördler und Jonas Müller. Die beiden spulten nicht nur sehr viel Eiszeit ab, sondern überzeugten mit einer nahezu fehlerlosen Vorstellung. "Ihre Verteidiger haben viel Tempo und sind nicht einfach in Schach zu halten", sagte Jackson. "Sie sind in der Lage, die Scheibe auch unter Druck schnell zu bewegen." Müllers Vorarbeit zum spielentscheidenden vierten Treffer von Louis-Marc Aubry war überragend: Der 22-Jährige eroberte die Scheibe in der neutralen Zone, behauptete sie gegen drei Münchner und übergab sie unter großem Druck an Andre Rankel, der Aubry ideal bediente.

Die Eisbären drehen den Spieß um - Pinizzotto kehrt zurück

Berlins sauberer Spielaufbau führte zudem dazu, dass die Eisbären ihrerseits die Münchner früh unter Druck setzen konnten. "Manchmal haben wir ihren Forecheck falsch gelesen und die falsche Entscheidung im Passspiel getroffen", erklärte Seidenberg. Die Berliner waren auch vor dem gegnerischen Tor präsenter. "Wir haben es nicht geschafft, die Rebounds vor dem eigenen Tor aufzuräumen", sagte Seidenberg. Die ersten zwei Eisbären-Treffer fielen direkt vor dem Kasten von Nationaltorhüter Danny aus den Birken. Und die Eisbären haben zwei Angriffsreihen, die auch beim Final-Auftakt ihre Playoff-Topform unter Beweis stellten. Die Formation um James Sheppard, Sean Backman und Nick Petersen war am Freitag für zwei Tore verantwortlich, jene um Kapitän Rankel, Aubry und Marcel Noebels arbeitete 60 Minuten lang wunderbar gegen die Scheibe und sorgte für den vierten Treffer. Für Aubry war das bereits sein neunter Playoff-Treffer, damit stellte er den Eisbären-Rekord von Rankel aus dem Jahr 2011 ein.

"Die gute Nachricht lautet: Wir können besser sein", sagte Jackson nach der Partie, dabei schloss er taktische Änderungen für die zweite Partie am Sonntag in Berlin (14.30 Uhr) aus. Etwas wird aber anders sein: Steve Pinizzotto kehrt nach seiner Fünf-Spiele-Sperre, die er für seinen üblen Ellbogencheck im Halbfinale gegen Mannheims Matthias Plachta kassiert hatte, wieder ins Münchner Aufgebot zurück. Pinizzotto sei ein Spieler, "der eine starke Mannschaft noch einmal stärker macht", sagte Krupp dazu. Der streitbare Angreifer hatte durch die Sperre jede Menge Zeit, sich Gedanken über seine Aktion zu machen. Einsicht scheint daraus nicht entsprungen zu sein. Der Check, sagte er der Abendzeitung, sei "in dieser Art eher in Nordamerika üblich".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: