Philipp Lahm:Servus, Sportdirektor

26 11 2016 xkvx Fussball 1 Bundesliga FC Bayern Muenchen Bayer 04 Leverkusen emspor v l Hak

Sucht seit Wochen nach seiner Bestform: Bayern-Verteidiger Philipp Lahm (Mitte, gegen Leverkusens Hakan Calhanoglu).

(Foto: imago)

Hört Philipp Lahm schon 2017 auf, um in die sportliche Leitung des FC Bayern aufzurücken? Es liegt zumindest der Verdacht nahe, dass er im System Ancelotti nicht ganz glücklich ist.

Von Thomas Hummel

Philipp Lahm kam aus dem Kabinentrakt der Münchner Arena und wurde sogleich begrüßt mit: "Servus, Sportdirektor." Doch Lahm reagierte nicht. Kein Lächeln, kein Blick, nichts. Entweder hatte er es überhört oder er wollte es überhören. Ein Musterprofi wie Lahm lässt sich nicht so einfach aus der Reserve kitzeln, sich in eine Debatte hineinziehen, in Spekulationen. Oder?

Tags zuvor auf der Jahreshauptversammlung hatte Karl-Heinz Rummenigge gegen Mitternacht ein Geheimnis gelüftet. Als das ganze Wiederwahl-Brimborium um Uli Hoeneß beendet war, fragte ein Mitglied im Audi Dome, ob es nicht wichtig wäre, nach dem Ausscheiden von Matthias Sammer einen neuen Sportdirektor zu suchen. Vorstandschef Rummenigge antwortete: Jawohl, der Klub sei bereits dabei. "Wir haben da einen im Hinterkopf, den Namen haben Sie sicher schon gehört, den werden wir auch holen, aber der muss im Moment noch Fußball spielen."

Damit ist so gut wie klar: Philipp Lahm, Kapitän, Weltmeister, seit vielen Jahren Innenminister der Mannschaft des FC Bayern, wird nach seiner aktiven Karriere den Posten übernehmen. Die Frage lautet nur noch, ob das 2017 oder 2018 der Fall sein wird. Also wie lange der 33-Jährige noch spielen möchte.

Sein Verhältnis zu Guardiola war fast symbiotisch

Am Samstag um 18.30 Uhr stand er noch in kurzen roten Hosen auf dem Platz. Gegen Bayer Leverkusen führte er sogar den Anstoß aus, was ein Novum sein dürfte in der langen Karriere des Philipp Lahm. Nach dem knappen 2:1-Sieg erklärte er: "Die Mannschaft war definitiv unter Druck nach zwei Niederlagen. Auch weil Leipzig gestern gewonnen hat. Es läuft noch nicht alles rund, wir müssen uns durch harte Arbeit da raus arbeiten." Das klang nach Kapitän Lahm - und schon leicht nach Sportdirektor Lahm.

Zuletzt sah vieles danach aus, als wollte er sich lieber schneller als langsamer vom Spielbetrieb verabschieden. Sein Verhältnis zu Trainer Pep Guardiola war ein fast symbiotisches gewesen, hatte der Spanier eine neue Formation mit sieben Umstellungen auf einen Zettel gekritzelt, führte Lahm die Anweisungen auf dem Platz aus. Guardiola hatte Lahm gefordert, und der hatte es geliebt. Da hatten sich zwei Intellektuelle des Fußballs gesucht und gefunden. Lahm überbrachte einst den Wunsch der Mannschaft, Guardiola möge doch bitte bleiben. Dennoch ging er. Und es kam Carlo Ancelotti.

Lahm: "Das Spiel ist nicht mehr so wie es war"

Der Kapitän würde das öffentlich nie sagen, aber seine Rückversetzung auf den Außenverteidiger-Posten kann ihm nicht gefallen haben. Schon in der Nationalmannschaft wollte er diese Position an der Seitenlinie nicht mehr ausfüllen, bei Guardiola durften die Außenverteidiger wenigstens die meiste Zeit im Zentrum herumlaufen. Doch bei Ancelotti müssen sie an der Linie kleben. Lahms Vorstellungen da draußen waren bestenfalls anständig. Aber kein Vergleich zu den fulminanten Leistungen aus dem Vorjahr, als er in vielen Spielen der beste Mann auf dem Platz gewesen war.

Kürzlich folgte die Ankündigung, er könne sich vorstellen, frühzeitig aus seinem Vertrag bis 2018 auszusteigen. Zumindest der Verdacht liegt nahe, dass da einer nicht mehr richtig will.

Gegen Leverkusen bildete er zusammen mit Xabi Alonso das Alt-Herren-Mittelfeld des FC Bayern. Ein Duo, das in punkto Spielverständnis nicht zu übertreffen ist. Das aber, wenn es ganz schnell geht, Schwächen zeigt. Wie vor dem 1:1 durch Hakan Calhanoglu. Als Lahm dann durch den weniger spielverständigen Arturo Vidal ersetzt wurde, stimmte allerdings gar nichts mehr im Bayern-Spiel, Leverkusen hätte am Ende das 2:2 verdient gehabt.

Er wirbt um Verständnis für den Trainer

Ganz Diplomat, warb Lahm danach um Verständnis. Auch für den Trainer. "Es braucht einfach Zeit, es kam ein neuer Trainer mit neuen Ideen. Das Spiel ist nicht mehr so wie es war. Das muss jeder verinnerlichen, Automatismen müssen trainiert und einstudiert werden." Es wirkte so, als habe sich Philipp Lahm vorgenommen, es mit diesem Carlo Ancelotti hinzubiegen. Was nicht das schlechteste Zeichen für den Italiener wäre.

Und dann? Doch Sportdirektor? "Wir hatten immer jemanden, der nah an der Mannschaft war, der sehr gut gearbeitet hat. Ich glaub schon, dass man da jemanden braucht", sagte Lahm. Jemanden, der aktuell noch spielt? "Vielleicht." Er wurde sogar konkret: "Ich habe immer gesagt, dass ich dem Verein verbunden bin. Es wird sicher irgendwann Gespräche geben, dann wird man weitersehen." Philipp Lahm ging nach Hause. Servus, Sportdirektor.

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