Philipp Lahm im Interview:"Das war ein Fehlpass"

Philipp Lahm im Interview: Die beiden Weltmeister Philipp Lahm und Xabi Alonso beim SZ-Doppel-Interview zur WM in Russland.

Die beiden Weltmeister Philipp Lahm und Xabi Alonso beim SZ-Doppel-Interview zur WM in Russland.

(Foto: INMA_FLORES)

Beim SZ-Doppel-Interview mit Xabi Alonso spricht Weltmeister Philipp Lahm auch über das Verhalten von Özil und Gündoğan - und wirbt für Deutschland als Gastgeber der EM 2024.

Von Javier Cáceres

Am Donnerstag beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, doch Philipp Lahm, Kapitän der deutschen Weltmeistermannschaft von 2014, hat bereits das nächste Turnier vor Augen: die Europameisterschaft 2024, um deren Austragung sich Deutschland bemüht - und deren Bewerbung Lahm als Botschafter anführt. "Deutschland kann wieder zeigen, dass wir ein weltoffenes Land sind. Europa ist in Deutschland zu Gast", sagte Lahm am Rande eines Doppel-Interviews mit seinem früheren Kollegen Xabi Alonso, dem spanischen Weltmeister von 2010, das in der Mittwochsausgabe der Süddeutschen Zeitung erscheint. "Der Fußball sorgt für unvergessliche Gemeinschaftserlebnisse, und wir brauchen diese Erlebnisse - in Deutschland wie in Europa", sagt Lahm.

Ein treibender Gedanke ist dabei die Erinnerung an die WM 2006, der ersten Weltmeisterschaft, an der Lahm als Spieler teilnahm. Jenseits davon, dass Deutschland eine perfekte Infrastruktur vorweise konnte - die Begeisterung, die sich damals entfaltete, habe für identitätsstiftende Momente gesorgt - in einer Zeit, die auch nicht sorgenfrei war. "Es ist nun mal so, dass sich eine Gesellschaft nicht nur zum Besseren entwickelt. Denken Sie an die Zeit vor der WM 2006, da hatten wir auch Probleme. Damals ging es los mit der Großen Koalition, wir hatten eine hohe Arbeitslosigkeit... Aber die WM hat die Menschen auch in unserem Land wieder enger zusammengebracht", sagt Lahm. Zudem war sie als Signal an die Basis wichtig: "Wir haben 27.000 Vereine in Deutschland, mit unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Dass ein Turnier bei uns stattfindet, ist auch für diese Personen, die sich freiwillig engagieren, eine zusätzliche Motivation."

Was Lahm über Gündoğan und Özil denkt

Einen ähnlichen integrativen Effekt verspreche er sich auch von einer EM in Deutschland, sagt Lahm. Dass es aktuell einige Probleme in Deutschland und Europa gebe, liege auf der Hand: "Die Flüchtlingsproblematik, der Einzug der AfD in den Bundestag, das ist alles neu." Umso wichtiger sei es, die Menschen wieder mit einander ins Gespräch zu bringen, in den Stadien, beim Public Viewing, beim Grillen.

Unterstützung erhält er dabei von Xabi Alonso, der 2006 als spanischer Nationalspieler an der WM teilnahm. "Ich habe sie als eine WM in Erinnerung, bei der sich die Bevölkerung wirklich eingebracht hat. Ich war auch in anderen Ländern bei Weltmeisterschaften, aber Stadien, die Fanzones, die farbenfrohen Straßen in den Städten, so ein Ambiente habe ich nirgends wieder erlebt. Es war ein Fest, nicht nur rund ums eigene Team", erklärte der spätere Bayern-Profi. Ein solches Turnier sei überdies "ein Impuls für die Menschen, sich zu engagieren und dem Gemeinwohl zu dienen".

WM-Spielplan 2018

Unser WM-Spielplan 2018 bietet Ihnen alle Spiele auf einen Blick. Sie können sich auch Ihren eigenen Plan ausdrucken - auf DIN A3 oder DIN A4.

Deutschlands Rivale im Rennen um die EM ist die Türkei. Zuletzt sorgten zwei deutsche Nationalspieler mit türkischen Wurzeln für Aufsehen: İlkay Gündoğan und Mesut Özil. Sie hatten sich vor Wochen mit dem türkischen Präsidenten Recip Tayyip Erdoğan ablichten lassen; die Affäre belastet die deutsche WM-Vorbereitung, beim letzten Testspiel gab es Pfiffe. "Um die Fußballersprache zu bemühen: Das war ein Fehlpass", sagt Lahm.

Gleichwohl: Als Propaganda für den Bewerbungsgegner empfand er die Aktion nicht. "Jedenfalls habe ich es nicht so empfunden, dass sie für die türkische und gegen die deutsche Bewerbung waren. Ich glaube auch, dass sich viele türkischstämmige Bürger in Deutschland freuen würden, wenn die EM 2024 bei uns stattfinden würde", erklärte Lahm: "Mesut und Ílkay haben auch bei uns hautnah erlebt, wie es 2006 war. Nicht als Spieler, aber als deutsche Bürger, in dem Land, in dem sie gelebt haben. Die Leute, die 2006 erlebt haben, sind immer noch begeistert."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: