Pferdesport auf Eis:Pferde als Eiskunstläufer

Der neue Pferdesport: Islandpferde laufen im Eisstadion und zeigen dabei mit Nägeln unter den Hufen besondere Fähigkeiten. Zur EM nach Berlin kamen so viele Zuschauer wie nie zuvor.

Taalke Nieberding

Gleichmäßig klackern die Hufeisen auf der spiegelglatten Fläche, wie zurrende Nähmaschinen. Im Stakkato laufen Islandpferde elegant und fließend die 400-Meter-Runden im Eisstadion in Berlin-Wilmersdorf. Wo sonst Eisschnellläufer trainieren, setzen sie sicher einen Huf vor den anderen und zeigen das, wofür die Rasse immer beliebter wird: Tölt, ihre Spezialgangart, bei der immer ein Bein den Boden berührt.

Pferde auf dem Dressurplatz, der Rennbahn oder im Wald - das hat man schon gesehen. Auch Pferde an der Nordsee im Watt. Aber Pferde auf Eis? Selbst für Profireiter und die Koryphäen der Islandpferde-Szene, die am vergangenen Wochenende in Berlin um die Europameistertitel kämpften, ist das Eisreiten ein besonderes Erlebnis. "Denn die meisten Pferde sind auf dem federnden, glitzernden Untergrund besonders lauffreudig", erklärt Veranstalter Carsten Eckert, der die Eisturnier-Idee vor zehn Jahren erstmals auf den europäischen Kontinent holte. "Für die Pferde wird das Eis extra etwas weicher präpariert als für die Schnellläufer."

Wie beim Eiskunstlaufen siegt die schönste, fehlerfreie Darbietung. Fünf Juroren ziehen Noten zwischen Null und Zehn für die Vorführung der Gangarten. Neben Schritt, Trab und Galopp beherrschen Islandponys noch Tölt und Rennpass, eine Gangart, die nur auf kurzen Strecken geritten wird, bis zu 45 Kilometer pro Stunde.

"Aber erst hier auf der Bahn weiß man, wie sein Pferd wirklich auf die Scheinwerfer, die johlenden Zuschauer und das Eis reagiert. Das ist schon eine besondere Anspannung", sagt Teilnehmer Karly Zingsheim, der auch Präsident des Bundesverbandes der Islandpferde-Reiter und -Züchter (IPZV) mit 23.000 Mitgliedern ist. Für Halt sorgt ein spezieller Hufbeschlag mit Eisstollen, der wirkt wie Spikes unter Leichtathletik-Schuhen. Einige Pferde rutschen trotzdem. "Sie fühlen sich entweder auf dem Untergrund nicht wohl oder haben einen besonderen Bewegungsablauf, so dass die Eisnägel nicht richtig greifen können", erklärt die mehrfache Final-Teilnehmerin Laura Grimm aus Hannover.

Da Pferde in Eishallen normalerweise keinen Zutritt haben, kann der Auftritt vorher nicht trainiert werden. "Lediglich an der Kondition der Pferde und an den Gangarten lässt sich arbeiten", sagt Zingsheim. Allerdings zeigte dieser außergewöhnlich schnee- und eisreiche Winter in Deutschland schon im Vorfeld, ob ein Pferd gut oder schlecht auf glattem Untergrund zurechtkommt.

Auf Island ist das anders: Dort werden schon seit vielen Jahrzehnten im Winter auf zugefrorenen Seen Pferderennen ausgetragen. Schließlich sind die Winter auf der Insel verschneit, lang und dunkel. Organisator Eckert kam Ende der 1990er Jahre der Geistesblitz, diese Tradition nach Deutschland zu importieren: "Das trittsichere Islandpferd passt mit seinem langen Winterfell, seiner Robustheit und Charakterstärke einfach ideal ins Eisstadion."

Eher regional fand die erste Veranstaltung in Braunschweig statt. Mittlerweile nimmt sie immer größere Dimensionen an: Vor mehr und mehr Publikum wird seit 2003 in Berlin die Europameisterschaft ausgetragen. Knapp 4000 Zuschauer trotzten am Wochenende dem Regenwetter - so viele wie nie zuvor. Auch in andere europäische Länder haben Eisturniere in den vergangenen Jahren Einzug gehalten.

Und Organisator Eckert will das Islandpony weiter zu den Menschen bringen, die es noch nicht kennen. Gerade erst hat Deutschland vom internationalen Verband FEIF den Zuschlag für die Islandpferde-Weltmeisterschaft 2013 erhalten. Unter dem Motto "Bringing the Icelandic horse to the people" plant Eckert die WM erstmals in einer Metropole: auf der traditionsreichen Trabrennbahn in Berlin-Karlshorst. Sie wird dann wie die gewöhnlichen Turniere auf einer 250-Meter-Ovalbahn mit festem Schottersand-Belag ausgetragen.

Mittlerweile gibt es weltweit 200.000 Islandpferde, auch außerhalb von Europa: In Kanada, Kalifornien, Neuseeland und sogar auf Hawaii kann man die 1,30 bis 1,45 Meter großen Kleinpferde finden. An die 60.000 leben in Deutschland - und einige zeigen ihre Künste immer häufiger auf Eis.

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