Pep Guardiola vor dem Halbfinale Bayern - Barça:Mehr als ein Ozean an Gefühlen

Lesezeit: 4 min

Große Siege mit Barcelona - und jetzt? Pep Guardiola wechselt bald nach München.  (Foto: dpa)

Das Spiel der Spiele im Champions-League-Halbfinale steht kurz bevor und so langsam beginnen die Katalanen, nervös zu werden. Hält der frühere Barça-Trainer Pep Guardiola gegenüber seinem neuen Klub dicht? Beim FC Barcelona wird heftig spekuliert, die alte Liebe ist offenbar abgekühlt.

Von Oliver Meiler, Barcelona

Er gibt sich ja alle Mühe, nicht aufzufallen, kein Thema zu sein, keine Sensibilitäten zu brüskieren. Weder in Barcelona, seiner Heimat, und noch weniger in München, seinem zukünftigen Arbeitsort. Wie lange ist es her, seit man Pep Guardiola zum letzten Mal in der Öffentlichkeit gesehen hat? Wann hat man ihn schon reden gehört? Eben.

Und vielleicht liegt es gerade daran, an diesem schier forcierten Wegsein, verloren in der Anonymität New Yorks, wo er sein Sabbatical zu Ende bringt und wo sich nun wirklich keiner für Fußball interessiert, dass dem Mann in diesen hohen Zeiten des europäischer Fußballs Dinge angedichtet werden, die er wahrscheinlich gar nie im Kopf führte.

Zum Beispiel, dass er den Bayern taktische Tipps geben könnte - gegen Barça, sein Barça, das Barça aller seiner Erfolge als kultartig gefeierter Trainer. Dass er also die Begegnung im Halbfinale der Champions League, diesen ersten Akt im Showdown um die Hegemonie im Weltfußball, irgendwie beeinflussen könnte. Mit Insiderinformationen zu Schwächen und Makeln, ganz ohne Eleganz.

Nun, man sollte Guardiola den Respekt erweisen, den Jupp Heynckes in dieser Angelegenheit für sich einfordert: So etwas würde Pep nie tun. Ist doch eine Frage der Moral. Und der Ehre. Wahrscheinlich. Oder etwa nicht?

Die Fußballgötter
:Spanische Verhältnisse

Die Bayern und der BVB dominieren die ganze Liga. Da wollen die Vereinsbosse Uli Hoeneß und Hans-Joachim Watzke gegensteuern. Der Fußballcomic.

Von Guido Schröter

So diskutiert und spaltet sich Barcelona, wenn die Rede auf Pep kommt. Erst zehn Monate ist es her, dass er den Verein verlassen hat. Mental und körperlich ausgelaugt, wie er damals sagte. Nach vier Jahren und 14 Titeln. Nie war Barça so erfolgreich gewesen wie unter seiner technischen Leitung, von 2008 bis 2012, nie so angesehen, ja geliebt. Weit über Katalonien hinaus.

Die legendäre Inkonstanz - sie war weg. Plötzlich hing dem Klub eine Aura der Unbesiegbarkeit an, die er in seiner Geschichte nie gehabt hatte. Plötzlich war man der beste Verein der Welt mit den besten Spielern und dem besten Spiel. Auch dank Pep, vielleicht sogar vor allem dank der Verausgabung von Pep, dieser besessenen Intensität. Zehn Monate ist das erst her.

Doch es scheint, als sei eine Ewigkeit vergangen. Als hätte sich eine Welt zwischen Guardiola und den FC Barcelona geschoben, etwas mehr als nur ein Ozean.

Was fühlt er wohl, für wen schlägt sein Herz, fragen die Zeitungen. Und schon in der Frage schwingt das Unerhörte mit. Ein Kolumnist von La Vanguardia schreibt, Guardiola habe sich im New Yorker Exil "emotional emanzipiert" von Barça. Man hört Verrat heraus. Guardiola, der Katalane aus Santpedor, ist schließlich ein passionierter culé, wie sich die Anhänger des Vereins nennen, einer dieser Fans, die in den Farben mehr sehen als einen Klub. Der Schriftsteller Sergi Pàmies ortet eine ähnliche Entliebung, glaubt aber, dass es ganz anders sei, dass sich nämlich Guardiola verraten fühlt - von Barça.

Offenbar gefiel ihm nicht, dass der Verein die Beförderung seines langjährigen Freundes und Vizes Tito Vilanova zum Cheftrainer so kurz nach seiner Rücktrittsankündigung bekannt gab. Und dass der so schnell zusagte. Ohne statthaft ausgedehnte Verneigung vor dem Vermächtnis, nicht bescheiden genug. Da brachte es auch nichts, dass Vilanova später einmal sagte, er wäre an Guardiolas Seite geblieben, wenn der vor einem Jahr zu einem anderen Verein gewechselt hätte, statt eine Auszeit zu nehmen.

Etwas war zerbrochen. Seither soll die Beziehung zwischen Pep und Tito recht frostig sein. Sagt man. Als Vilanova für seine Krebsbehandlung nach New York fuhr, so berichtete es unlängst Barcelonas Sportzeitung Mundo Deportivo, trafen sich die beiden offenbar in über zwei Monaten nicht ein einziges Mal.

Fiktive Saisonplanung des FC Bayern
:Sekretärin in der Abwehr, Bürostuhl im Tor

Wie kriegen wir die entschiedene Bundesligarunde rum? Und wie feiern wir nicht? Matthias Sammer, Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß, Jupp Heynckes und Philipp Lahm besprechen die kommenden Wochen beim FC Bayern.

Ein Geheimprotokoll von Thomas Hahn

Wer im Januar in Zürich an der Verleihung des Ballon d' Or hinter den Kulissen dabei war, erzählte danach, dass die Begegnung zwischen Guardiola und sieben seiner dort anwesenden ehemaligen Spieler, inklusive Lionel Messi, alles andere als herzlich gewesen sei. Mit dem Ende seiner Trainerzeit endete wohl auch die Komplizenschaft. Zuerst alles, und dann nichts mehr.

Spanien vor den Champions-League-Halbfinals
:"Wir fahren ohne Komplexe nach München"

Zuversicht in Spanien: Barcelonas Nationalspieler Andres Iniesta sieht den FC Bayern nicht als Favoriten im Champions-League-Halbfinale, für Nationaltrainer Vicente del Bosque ist Real Madrid stärker als der BVB. Barça darf zudem auf eine Rückkehr von Carles Puyol hoffen.

Als der Verdacht aufkam, Guardiola könnte sich für die Verstärkung Bayerns beim Personal von Barça bedienen, war die Entrüstung groß. Ebenfalls präventiv. Es waren nämlich nur Gerüchte. Im Gespräch ist er mit Leuten, die den Verein zur selben Zeit wie er verlassen haben: mit Manel Estiarte etwa, einem berühmten Ex-Wasserballer, der sich einst um die Außenwirkung des FC Barcelona kümmerte; mit Lorenzo Buenaventura, der sich der Physis von Pep's Barça annahm.

Mit Juan Carlos Unzué, der zum technischem Personal zählte, es danach selber als Cheftrainer versuchte, aber heute ohne Engagement dasteht. Würde Guardiola sich auch um die eine oder andere prominente Karteikarte aus Barças aktuellem Spielerkader bemühen, fiele er wohl für immer in Ungnade.

Und so spekuliert man in Barcelona über Peps Schwächen für die uruguayischen Stürmer Edison Cavani (SSC Neapel) und Luis Suárez (FC Liverpool), für Mesut Özil (Real Madrid) und den Waliser Gareth Bale (Tottenham). Alles Offensivkräfte, die auch anderswo im Gespräch sind. 120 Millionen Euro soll Guardiola zur Verfügung haben, um aus den Bayern die beste Mannschaft der Welt zu machen - den neuen Hegemon, El Bayern de Guardiola, El Barça de Baviera.

Solche Wortschöpfungen kursieren schon. Wenn er es denn schafft. Wenn er auch ohne Messi, Xavi, Iniesta und die anderen Erfolg haben kann, ohne diese Interpreten einer Grundphilosophie, die Johan Cruyff dem Klub indoktriniert hatte, dieses schnelle Spiel mit dem erwürgenden Ballbesitz, wie man es heute auch von Bayern München zu sehen bekommt.

Barça gegen Bayern: müdes Original gegen muntere Nachahmung. Auch als Phantom ist Guardiola eine Hauptfigur dieses Duells. Er hängt noch etwas zwischen den Welten, zwischen gestern und morgen. Das Hinspiel am Dienstag, so vermutet man, wird sich Guardiola in New York im Fernsehen ansehen. Wenn am 1. Mai im Camp Nou das Rückspiel stattfindet, wird er in Südamerika sein. Am Tag darauf hält er im ausverkauften Teatro Gran Rex von Buenos Aires eine Rede über "Leidenschaft, Leadership und Teamarbeit".

Die Geschichte wiederholt sich, ein bisschen wenigstens. Bevor Guardiola seine Trainerkarriere begann, reiste er ebenfalls nach Argentinien, um dort einen seiner Inspiratoren zu treffen: Fußballlehrer Marcelo Bielsa, heute Trainer von Athletic Bilbao, den sie "El loco" nennen, den Verrückten. Es war eine Art Wallfahrt, im Auto nach Rosario, dann eine intensive Klausur mit dem Mentor, bis tief in die Nacht.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Vorne "Shaq", hinten "Air" Neuer

Xherdan Shaqiri zeigt seine wohl beste Leistung als Münchner, Manuel Neuer versucht sich bei Flanken in Korbhöhe, als wolle er sich den Spitznamen "Air" Neuer verdienen. Bastian Schweinsteiger präsentiert sich als wahrer Frühlingsmuffel. Die Bayern beim 6:1 gegen Wolfsburg in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Niemand nahm Notiz. Pep war 2006 noch keine Größe, er war noch nicht "El filósofo", er sollte nur die zweite Mannschaft Barças trainieren. Man fragte sich, ob der ehemalige Mittelfeldspieler das überhaupt kann: Coach. Nun fragt man sich nur noch, ob er das auch in München kann.

Team-Vergleich Bayern - Barcelona

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: