Paralympics:"Schade"

Lesezeit: 1 min

Anders als 2016 in Rio schließt das Internationale Paralympische Komitee die russische Mannschaft nicht komplett aus. Aus Deutschland kommt Kritik.

Von Sebastian Fischer

Die Bilanz liest sich noch immer surreal. 30 Goldmedaillen gewann Russland bei den Winter-Paralympics 2014 in Sotschi, dazu 28 silberne, 22 bronzene, insgesamt 65 mehr als die deutsche Mannschaft auf Rang zwei. Im McLaren-Report, der 2016 das russische Doping-System belegte, war ausdrücklich auch von Betrug bei den Paralympics die Rede: Die Urinproben von sechs Gewinnern von 21 paralympischen Medaillen seien gefälscht gewesen. Doch die kommenden Winter-Paralympics in Pyeongchang im März könnten wieder von russischen Athleten geprägt werden. Sie dürfen unter neutraler Flagge teilnehmen, wie das Internationale Paralympische Komitee (IPC) am Montag bekannt gab.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, da das IPC 2016 - anders als das Internationale Olympische Komitee (IOC) - Russland komplett von den Sommer-Spielen in Rio de Janeiro ausgeschlossen und damit ein viel beachtetes Zeichen für sauberen Sport gesetzt hatte, damals noch unter dem IPC-Präsidenten Sir Philip Craven. Sein Nachfolger Andrew Parsons sprach nun von einer "neuen Situation" und "großem Vertrauen, dass das System in Russland nicht mehr korrupt ist". Zwar bleibt der Ausschluss des Nationalen Paralympischen Komitees (RPC) bestehen, unter anderem weil die Russen die Belege im McLaren-Report nicht anerkennen. Doch nach dem Vorbild des IOC dürfen ausgewählte Einzelsportler an den Start gehen, die sich, neben weiteren zu erfüllenden Kriterien, in den vergangenen sechs Monaten mindestens zwei offiziellen Doping-Tests unterzogen haben. Das IPC rechnet mit bis zu 35 russischen Sportlern, in Sotschi waren es noch 69. Sie starten unter der IPC-Flagge, bei Siegerehrungen soll die paralympische Hymne gespielt werden. Anders als bei den Olympischen Spielen, wo Russen als "Olympische Athleten aus Russland" antreten, fehlt ein Hinweis auf die Herkunft der Sportler. Sie starten als "Neutrale Paralympische Athleten".

DOSB-Präsident Alfons Hörmann freute sich über den Entschluss. "Es ist dem IOC und dem IPC dieses Mal gelungen, einheitlich vorzugehen - das ist ein hohes Gut." Doch beim Deutschen Behindertensportverband (DBS) sehen sie das ganz anders. "Es ist schade, dass das IPC von seiner konsequenten Anti-Doping-Politik abgerückt ist", sagten DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und DBS-Vizepräsident Karl Quade in einer gemeinsamen Stellungnahme. Das IPC habe sich "irgendeinem Druck gebeugt". Er gehe davon aus, sagte Quade, dass russische Sportler die nordischen Disziplinen dominieren werden. Para-Nordisch-Bundestrainer Ralf Rombach sagte, es gebe unter mehreren Mannschaften die Diskussion, Staffelrennen nun zu boykottieren.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: