Paderborn:Elf Effes

1. FC Union Berlin - SC Paderborn

Vor dem Sprung zurück auf die ganz große Bühne: Stefan Effenberg tritt am Mittwoch mit Paderborn im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund an.

(Foto: Sophia Kembowski/dpa)

Beim 2:0 gegen den Zweitliga-Rivalen Union Berlin zeigt sich, dass der frühere Alphatier-Kicker Stefan Effenberg den SC in Windeseile nach seinem Vorbild formt.

Von Javier Caceres, Berlin

Wer am Samstag gegen 15 Uhr im Kabinengang der Alten Försterei in Berlin-Köpenick Stefan Effenberg begegnete, der sah einen glücklichen Mann. Natürlich hatte das nicht unwesentlich damit zu tun, dass seine Mannschaft, der SC Paderborn, soeben beim 1. FC Union Berlin gewonnen hatte. Aber Effenberg strahlte mehr, als es nach einem 2:0 üblich ist. Er strahlte aus dem tiefsten Innern heraus, wie einer, der wieder zu seiner Bestimmung zurückgefunden hat und dort ist, wo er immer sein wollte: auf dem Fußballfeld.

Seiner Frau Claudia vertraute er dies offenbar so an: "Das Feuer ist wieder da, das Feuer brennt in mir so wie damals als Spieler", habe er ihr gesagt, verriet Claudia Effenberg dem TV-Sender Sky, als sie sich ihren Weg auf die Tribüne bahnte, tatsächlich einen schwarzblauen Fan-Schal des SC Paderborn auf den Schultern.

Das Feuer brennt. Und die Funken springen über: Das war die Nachricht dieser Partie. Von Beginn an war spürbar, dass der SC Paderborn gerade eine Wandlung durchlebt. Elf kleine Effes sollt ihr sein! Das versucht der einstige Alphatier-Kicker seiner Auswahl jedenfalls zu vermitteln. Nicht, dass beim SC Paderborn jemand dabei wäre, der ähnlich viel Talent mitbringt wie der einst bei Borussia Mönchengladbach, Bayern München und dem AC Florenz aktive Weltklasse-Mittelfeldspieler. Aber die Körpersprache lässt sich imitieren: Geballter Wille, auf dem Rasen Herrschaftsansprüche stellen, Präsenz zeigen, mit breiter Brust und festem Fuß auftreten. "Er weiß, wie er die Spieler emotional trifft", berichtete Mittelfeldspieler Marvin Bakalorz nach der Partie: "Es ist immer wieder so, dass die Jungs aus der Ansprache rausgehen, sich geil fühlen und Schaum vorm Mund haben."

Die Partie war bereits nach sechs Minuten entschieden - und die Art, wie es dazu gekommen war, sagte viel aus: Vor dem 1:0 grätschte Mittelfeldspieler Dominik Wydra den zartgliedrigen Union-Organisator Eroll Zejnullahu an der Mittellinie in bester Effenberg-Manier weg, der Ball kam über einen guten Pass von Mahir Saglik zu Süleyman Koc, der den Ball fein an Torwart Daniel Haas vorbeilegte (3. Minute). Drei Minuten später revanchierte sich Koc, indem er von der rechten Seite präzise auf den Kopf von Saglik flankte; die türkische Nummer 10 traf, von einer völlig überforderten Union- Abwehr unbehelligt, zum 2:0-Endstand.

Paderborn spielte derart klischeehaft Effe-Fußball, dass sich die Frage stellte, wie die Unioner sich nur derart überrumpeln lassen konnten. Sascha Lewandowski, der Trainer der Unioner, fand dafür auch keine Erklärung. Seine Mannschaft habe eine "absolut verdiente Niederlage" erlitten, sagte er, und räumte ein, dass ihre Leistung "einen absoluten Tiefpunkt" dargestellt habe, "auch für mich selbst". Es gebe da auch nichts zu relativieren: "Mein eigener Anspruch als Trainer ist es, so viel zu bewirken, dass es kontinuierlich in die richtige Richtung geht. Doch dass nach dem Rückstand eigentlich gar kein Element gegriffen hat, das macht einen natürlich extrem nachdenklich."

Nun taumelt der 1. FC Union, der eigentlich gerne um den Aufstieg mitspielen wollte, der Abstiegszone entgegen, während der SC Paderborn sich bereits Richtung Tabellenmittelfeld bewegt. Effenberg musste erdulden, dass er gefragt wurde, ob ein Durchmarsch anstehe und vor allem, ob seine bloße Präsenz ausreiche, um eine Elf besser zu machen. Vor seiner Ankunft hatte Paderborn in zehn Spielen sieben Punkte erzielt. "So einfach isses auch nich", brummte Effenberg.

Er freute sich darüber, dass sein Team das Spiel "relativ abgezockt runtergespielt" habe. Er selbst wachte darüber 90 Minuten lang im Stehen, stets die Grenzen der Coaching-Zone auslotend, wie ein Tiger in einem unsichtbaren Käfig, aufmunternd, leidend, die Elf mit fast rhythmischen Gesten über den Platz bewegend.

Am Mittwoch trifft Paderborn in der zweiten Runde des DFB-Pokals den Erst- ligisten Borussia Dortmund. Dass der Effe-Effekt bis dahin verpufft, ist ausgeschlossen. Effenberg selbst glaubt, er werde auch mittelfristig anhalten: "Die Spieler wollen, ziehen mit und haben Freude."

So einfach kann Fußball auch sein.

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