Olympisches Tennis in Wimbledon:Julia Görges genervt, Angelique Kerber nervenstark

Eine gewinnt, eine scheitert, eine spielt noch: Drei deutsche Tennisfrauen kämpfen bei Olympia um den Einzug ins Viertelfinale. Angelique Kerber schlägt Venus Williams in zwei Sätzen. Julia Görges unterliegt der Russin Maria Kirilenko. Und nun spielt Sabine Lisicki.

Jürgen Schmieder, Wimbledon

Regen ist, so lange man nicht Gene Kelly heißt oder der Inhaber einer Trenchcoat-Firma ist, eher eine unbeliebte Witterung. Tennisspieler haben ein recht zwiespältiges Verhältnis zum Regen, vor allem dann, wenn sie gerade eine Partie austragen - weil Nässe natürlich das Momentum eines Spiels komplett verschieben kann. Wer führt, der will, dass es weitergeht. Wer sich in einer Krise befindet, der hofft auf einen kleinen Schauer.

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Angelique Kerber: Sie musste Tennis kämpfen.

(Foto: AFP)

Am Dienstag in Wimbledon regnete es immer wieder. Mal war es nur ein vorsichtiges Nieseln, bei dem weitergespielt wurde - mal war es heftiger Guss, so dass die Akteure zurück in die Kabinen geschickt wurden. Bei jedem Regentropfen, der da vom Himmel fiel, fragten sich die Zuschauer: Wird das Spiel unterbrochen? Und: Wem würde das helfen?

Im Falle von Julia Görges war die Antwort auf die erste Frage: insgesamt zwei Mal. Und auf die zweite: Die letzte Unterbrechung half ihr gar nicht. Davor hatte sie ein Break Vorsprung, zwei Minuten nach Wiederbeginn nicht mehr, noch einmal fünf Minuten später lag sie ein Break zurück. Am Ende verlor sie ihr Viertelfinal-Match gegen die Russin Maria Kirilenko mit 6:7 und 3:6.

Das Match begann verspätet, weil es regnete. Görges machte das erst einmal nichts aus, sie bewegte sich flink über den Platz, während die Russin verkrampft und genervt wirkte. Görges gelang sogleich ein Break - doch dann regnete es wieder. Diesmal machte es der Deutschen etwas aus. "Ich habe sehr, sehr gut begonnen, nach dem Regen habe ich ihr mein Aufschlagsspiel zu leicht gegeben", sagte Görges danach, "ich habe einige enge Entscheidungen gegen mich bekommen, weil ich den Ball zu nah an die Linie gespielt habe."

Danach echauffierte sie sich über den Lärm auf der Anlage, schimpfte immer wieder mit der Schiedsrichterin und ärgerte sich über sich selbst - die Russin dagegen wirkte plötzlich gelöst. Am Himmel waren keine Wolken zu sehen, eine erneute Pause erschien eher unwahrscheinlich, Görges musste nun selbst in diese Partie zurückfinden.

Sie machte wahrlich kein schlechtes Spiel, sie agierte druckvoll und beweglich, doch bei den prägenden Punkten unterliefen ihr entweder groteske Fehler oder sie verzweifelte an der Agilität und den teils herausragenden Konterschlägen der Russin. "Manchmal muss man den Ball eben einen Meter weiter ins Feld spielen, das würde auch reichen. Ich habe zu viel riskiert", sagte Görges danach.

Direkt anschließend spielte die 24 Jahre alte Angelique Kerber gegen Venus Williams. Die 32-Jährige US-Amerikanerin wird aufgrund zahlreicher Erkrankungen nur noch auf Rang 72 der Weltrangliste geführt und war zuletzt in Wimbledon in der ersten Runde ausgeschieden. Im Doppel allerdings hatte Williams mit ihrer Schwester Serena am Dienstag das deutsche Duo Kerber/Lisicki bezwungen.

Bei Kerber war es so: Mitte des ersten Satzes zog eine finstre Wolke über den Court No.2, es tröpfelte auch ein bisschen - doch es gab keine Unterbrechung, weil die Wolke humorlos in Richtung Innenstadt weiterzog. Kerber hätte eine Pause gut gebrauchen können, denn nach dem Besuch der Wolke erlaubte sie sich eine Schwächephase, sie musste zwei Satzbälle abwehren und lag auch im Tie Break zurück.

Sie durfte an diesem Nachmittag nicht Tennis spielen, sie musste Tennis kämpfen. Auch im zweiten Satz lag sie zurück, wieder gelang ihr die Rückkehr in den Durchgang, wieder musste der Tie Break entscheiden - und so gewann sie am Ende mit 7:6 und 7:6.

Über das Olympische Turnier sagte sie: "Ich weiß, wie ich gegen die Topspielerinnen agieren muss, ich bin ja jetzt - in Anführungszeichen - selbst eine."

Vielleicht sogar Gold?

Den deutschen Spielerinnen wird ja durchaus zugetraut, etwas zu erreichen bei diesem Wettbewerb in Wimbledon - wobei sich kaum jemand genauer zu spezifizieren traute, was dieses "etwas" sein könnte. Was wäre ein Erfolg? Dritte Runde? Eine Medaille? Vielleicht sogar Gold?

London 2012 - Tennis

Raus im Olympia-Achtelfinale: Julia Görges.

(Foto: dpa)

Sabine Lisicki hatte beim Grand-Slam-Turnier vor wenigen Wochen Maria Scharapowa bezwungen, die Trägerin der russischen Flagge bei der Eröffnungsfeier. Angelique Kerber war erst im Halbfinale gescheitert.

Kerber kam zudem mit der nicht unwichtigen Empfehlung, im Jahr 2012 bei den Frauen die meisten Partien gewonnen zu haben und sich vor allem auf grünem Untergrund ganz hervorragend präsentiert zu haben. "Ich traue ihr in Wimbledon zu, ganz weit zu kommen", hatte Trainerin Barbara Rittner gesagt - nur wollte sie sich wie auch bei Lisicki und Görges nicht festlegen, wie weit genau "ganz weit" ist.

Am Mittwoch im Achtelfinale mussten sie gegen Spielerinnen antreten, die ebenfalls etwas erreichen und weit kommen wollten - oder zumindest einen klangvollen Nachnamen besitzen. Lisickis Gegnerin etwa ist erneut Maria Scharapowa. "Ich möchte eine Medaille für Deutschland mitnehmen, deshalb bin ich hergekommen", hatte die 22-jährige Lisicki nach ihrem knappen Sieg gegen Jaroslawa Schwedow gesagt.

Lisicki tritt derzeit gegen Scharapowa an. Wenn man so nach oben blickt auf der Tennisanlage in Wimbledon, dann sieht man kaum noch Wolken und glaubt ganz fest daran, dass es nicht mehr viele Unterbrechungen geben sollte an diesem Mittwoch.

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