Olympisches Schwimmen:Kampf mit den Tränen

Die deutschen Schwimmer kapitulieren vor der Stärke anderer Nationen. Auch Michael Phelps wirkt erschöpft, hat aber ein Rezept.

Thomas Hummel

Antje Buschschulte hat noch in der neuen Pekinger Schwimmhalle einen sehr weisen Satz gesagt: "Schneller als schnell schwimmen kann ich eben nicht." Sie kraulte als Letzte der deutschen 4x100-Meter-Staffel durch das Wasser, sie sah rechts von ihr das Kielwasser der Niederländerin, links von ihr das der Amerikanerin, "und ich dachte, da muss ich noch irgendwie rankommen". Doch schneller als schnell geht eben nicht, obwohl die 29-Jährige fast eine Sekunden schneller war als ihre Bestzeit über 100 Meter Freistil in einem Einzelrennen, blieb sie auf Platz fünf hängen.

Olympisches Schwimmen: Noch zuversichtlich: Britta Steffen vor der 4x100 Meter Freistil Staffel. Danach war sie sehr enttäuscht.

Noch zuversichtlich: Britta Steffen vor der 4x100 Meter Freistil Staffel. Danach war sie sehr enttäuscht.

(Foto: Foto: dpa)

Die Staffel der Frauen war die einzige Medaillenchance des Deutschen Schwimmverbands am ersten Tag der Entscheidungen im futuristischen Water Cube. Starterin Britta Steffen schürte die Hoffnung zunächst, sie übergab als Erste und kam mit 53,38 Sekunden nahe an ihren Europarekord heran. Überraschend hielt die Frankfurterin Meike Freitag danach dem Ansturm der Gegnerinnen stand und hielt die Führung.

Die 20-Jährige Daniela Götz allerdings enttäuschte, benötigte fast eine Sekunde länger als in ihrer Bestenliste steht und die anderen Nationen zogen vorbei. Götz fiel auf Rang fünf zurück, und so schnell Antje Buschschulte danach auch schwamm - dabei blieb es. Vorne jubelten die Niederländerinnen, die überraschend Gold holten vor den USA und Australien.

"Wir müssen uns abfinden"

Bundestrainer Örjan Madsen erklärte danach: "Das ist unsere Leistungsfähigkeit, damit müssen wir uns abfinden." Die anderen Nationen seien zuletzt eben so viel schneller geworden. Allerdings schwamm seine Staffel diesmal langsamer als bei der Weltmeisterschaft vor einem Jahr in Melbourne.

Die Mischung aus eigener Stagnation und dem Leistungsschub der Konkurrenz brachte Britta Steffen schon nach ihrem ersten Finale an den Rand der Verzweiflung. Schließlich wurde in der Staffel zudem deutlich, dass sie wohl auch im Einzel über 100 Meter Freistil keine Aussicht auf eine Medaille hat. Die Niederländerin Marleen Veldhuis, die Amerikanerin Dara Torres, die Australierin Lisbeth Trickett oder die Chinesin Jiaying Pang waren deutlich schneller.

Kurz nach dem Rennen kämpfte Steffen vor der deutschen Presse mit den Tränen. "Wir hatten mehr gewollt als gekonnt", sagte sie mit brüchiger Stimme. Sie wird einiges mit ihrem extra nach China mitgeflogenen Psychologen zu besprechen haben.

Neue Dimensionen

Auch einige andere deutsche Schwimmer dürften an ihren ersten Einsätzen noch zu knabbern haben. Schon am Samstag schieden Daniela Samulski als 39. über 100 Meter Schmetterling, Paul Biedermann als 18. und Christian Kubusch als 29. über 400 Meter Freistil aus. Auch Katharina Schiller hatte als 33. über 400 Meter Lagen gegen die Weltelite keine Chance. In keinem Wettbewerb waren mehr als 40 Athleten am Start gewesen.

Und während die Deutschen wohl über ihre Schwächen rätseln, rätselte so mancher Beobachter über die teilweise unglaublichen Leistungssteigerungen in der Weltelite. Dort setzte sich der Trend aus den vergangenen Wochen fort: Das Schwimmen stößt 2008 in neuen Dimensionen vor.

"Essen, schlafen, schwimmen"

Der US-Amerikaner Michael Phelps und die Australierin Stephanie Rice pulverisierten in den Endläufen über 400 Meter Lagen die Weltrekorde. Phelps schlug nach 4:03,84 Minuten an, 1,41 Sekunden schneller als vor einigen Wochen bei den US-Ausscheidungen in Omaha, Nebraska. Und Rice unterbot die Bestmarke der Amerikanerin Katie Hoff, die dritte wurde, gar um 1,67 Sekunden auf 4:29,45 Minuten. Auch die Zweitplatzierte Kirsty Coventry aus Simbabwe blieb deutlich unter Hoffs bisheriger Bestzeit. "Weltrekord? Ich denke da eigentlich gar nicht dran", sagte Rice, "bei Olympischen Spielen hat man so viel Druck, da sieht man den Weltrekord nicht."

Michael Phelps hingegen wirkte nach seinem ersten von acht möglichen Goldmedaillen erschöpft. Eigentlich, sagte er, habe er bei der Siegerehrung die Hymne mitsingen wollen, dann seien die Emotionen allerdings über ihn gekommen, Freudentränen sammelten sich in seinen Augen. "Vor dem Rennen habe ich mich nicht so gut gefühlt, ein Schauer ist mir über den Rücken gelaufen." Außerdem sei es wohl sein letztes 400-Meter-Lagen-Rennen gewesen, diese Strecke sei einfach zu hart. Was er nun tun könne, um sich für die kommenden Aufgaben zu erholen? "Essen, schlafen und schwimmen, das ist alles, was ich kann."

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