Olympische Spiele in Peking:"Der muss weg!"

Der Streit zwischen Fabian Hambüchen und dem Sportdirektor des Turnerbundes Wolfgang Willam eskaliert. Nun droht ein unschöner Machtkampf.

Jürgen Schmieder

Es sind keine leichten Tage für diesen Turner, der daran gewöhnt ist, hofiert und bejubelt zu werden. Fabian Hambüchen wurde 2007 Weltmeister am Reck, im gleichen Jahr war er Deutschlands "Sportler des Jahres". Bereits im Jahr 2004 wurde er unter die besten 100 deutschen Sportler des Jahrhunderts gewählt (Platz 62). Seine Karriere war bisher ein steter Aufstieg, von dem nicht nur er selbst, sondern auch der deutsche Turn-Verband profitierte.

Olympische Spiele in Peking: Fabian Hambüchen nach den Wettkämpfen: "Ich war zu sehr auf Gold fixiert."

Fabian Hambüchen nach den Wettkämpfen: "Ich war zu sehr auf Gold fixiert."

(Foto: Foto: dpa)

Der vorläufige Höhepunkt sollte eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen sein und viele wollten sich im Glanz des Sieges sonnen - allen voran DOSB-Chef Thomas Bach, der sich durch die Medaillenübergabe verewigen wollte.

Die erwartete Krönung blieb Hambüchen versagt: In drei Wettbewerben verpasste er in Peking eine Medaille, an seinem Lieblingsgerät Reck gewann er Bronze. Bei der Verkündung der Noten nach seiner Reckübung saß er mit Tränen in den Augen am Rand, nach dem Wettkampf sagte er: "Ich war zu sehr auf Gold fixiert. Das war nicht meine Woche, das waren nicht meine Olympischen Spiele."

Nun droht Hambüchen nach der Enttäuschung noch ein Streit mit dem Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes Wolfgang Willam. Der hatte gesagt: "Ich bin heilfroh über Bronze. Denn seit langem war klar, dass Fabian nicht in der Form war, die für einen Olympiasieg nötig gewesen wäre." Bereits im Trainingslager in Tokio hätte Hambüchen große Probleme mit seiner Reck-Übung gehabt. "Das habe man nicht publik gemacht, um den Jungen nicht zusätzlich zu verunsichern", sagte Willam.

Willams Aussage kann Hambüchen nicht verstehen: "Ich war geschockt. Nach Bronze hatte er mir noch fröhlich gratuliert", sagte Hambüchen in der ARD-Sendung "Waldi und Harry". "Ich war in Superform, noch nie so gut drauf. Ich hatte die meisten Finals und damit das härteste Programm. Psychisch und physisch war ich super drauf."

Hambüchens Vater lässt den Streit noch weiter eskalieren: "Ich habe ihn gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hat. Der Deutsche Turnerbund muss froh sein, dass er mit einem Team Hambüchen arbeiten darf. Wolfgang Willam ist total unten durch - der muss weg." Klarer kann man das Selbstverständnis der Turnfamilie nicht formulieren - und deutlicher kann man keine Ablösung fordern.

Es scheint derzeit auf einen Machtkampf zwischen Willam und Hambüchen hinauszulaufen. Auf der einen Seite steht da einer der bekanntesten deutschen Olympiateilnehmer, auf der anderen ein Sport-Direktor - der einerseits von Hambüchens Erfolgen profitierte, andererseits kaum Einfluss nehmen kann auf die Arbeit des Turners.

Es scheint derzeit, als würde Hambüchen zumindest aus diesem sportpolitischen Wettkampf als Sieger hervorgehen. Willam nämlich relativierte seine Aussagen: "Ich habe meine Einschätzung nicht auf das Reck, sondern seine Gesamtform bezogen. Durchaus habe ich ihm zugetraut, dass er am Reck gewinnen kann."

Nach Ruder-Chef Michael Müller und Schwimm-Boss Örjan Madsen ist Willam der dritte deutsche Sportdirektor, der kritisiert wird. Und langsam wird deutlich, welche Rolle die Sportdirektoren bei diesen Olympischen Spielen - ob zu Recht oder zu Unrecht - einnehmen: die der Prügelknaben.

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