Olympische Spiele 2024:Fifa und Flüchtlinge

Bald steht in Hamburg der Volksentscheid über die Spiele-Bewerbung an. Aber zu den vielen grundsätzlichen Gegenargumenten gesellen sich zwei aktuelle.

Von Johannes Aumüller

Es braucht 260 000 Ja-Stimmen mindestens, ansonsten ist der Traum von Olympischen Spielen in Deutschland bald vorbei. Ende November entscheidet Hamburgs Bevölkerung, ob es bei der Bewerbung ihrer Stadt für die Sommer-Austragung 2024 bleibt. Es reicht dann nicht nur die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, es müssen zudem mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten für die Spiele votieren. Ungefähr 260 000 Stimmen also.

Die Aufgabe ist schwer, und das dünkt auch den Befürwortern aus Sport und Politik. Es gibt in der Bevölkerung ohnehin genügend grundsätzliche und fundierte Gegenargumente: von der mangelnden Transparenz bis hin zu der Erkenntnis, dass sich Kostenschätzungen für Olympische Spiele noch nie als korrekt erwiesen haben. Aber aktuell kommen noch einmal zwei Aspekte hinzu: die Fifa und die Flüchtlinge.

Die Affären im Fußball-Weltverband zeigen der Bevölkerung mal wieder deutlich, welch Geistes Kind das internationale Sportfunktionärstum ist. Die Spiele-Lobby tut nun so, als werfe die böse Fifa einen unberechtigten Schatten auf die ach so heile olympische und ebenso heile Hamburger Welt - und der Bürger dann alles in einen großen sportpolitischen Topf. Das ist natürlich Humbug. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) selbst hat genügend Affären und intransparente Vorgänge. Und es gibt auch manche überschneidende Personalie, auf die zu blicken sich lohnt: Fifa-Boss Blatter saß trotz diverser Affären über viele Jahre problemlos in der Ringe-Organisation, der neue dubiose Fifa-Vorständler Scheich Al Sabah war bei der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten ein entscheidender Mann.

Ein anderes Argument formulierte Alfons Hörmann, Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), gerade bei einer Trainerkonferenz in Hannover. Das Referendum sei eine Herausforderung, die "insbesondere unter dem Aspekt der Flüchtlingskrise noch einmal etwas schwerer zu finden ist", sagte er. Die Flüchtlingsproblematik komme "zur absoluten Unzeit, was das Thema Olympia anbelangt".

Das war zwar etwas ungelenk ausgedrückt. Aber andererseits führen die Sätze zum Kern, der wiederum Hörmann und seinen Mitstreitern eher nicht gefällt. Hamburgs Politik und Hamburgs Bevölkerung haben gerade schlicht andere Sorgen als die Olympia-Bewerbung. Täglich kommen Hunderte Flüchtlinge in die Stadt, es braucht so schnell wie möglich Tausende neue Unterkünfte. Über Luxusprojekte wie den Bau eines neuen Stadions oder eine üppige neue Infrastruktur zu diskutieren, steht da nicht nur finanziell, sondern auch emotional schräg in der Landschaft.

Das hat nichts damit zu tun, das eine gegen das andere aufzurechnen. Aber vielleicht kommt Hamburgs Bevölkerung im November zum Schluss, dass gegenwärtig schlicht der falsche Zeitpunkt für eine Olympia-Bewerbung ist.

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