Olympische Spiele:Achtmal Gold = 100.000.000 Dollar

Frei-Pizza, ein Ständchen von Springsteen, Quoten wie noch nie: Die Phelps-Vermarktung läuft schon auf Hochtouren.

Josef Kelnberger

In der Heimatstadt von Schwimmer Michael Phelps blieben am Samstag nach dem Heimspiel des Football-Klubs Baltimore Ravens 40000 Menschen im Stadion sitzen. Sie verfolgten auf einer Großleinwand Phelps' Rennen in der Lagenstaffel. Am selben Tag sahen auch bei einem Spiel der Boston Red Sox im Fenway Park Tausende von Baseballfans das historische Rennen auf der Stadion-Videowand. In Sportarenen überall im Land wurde das achte Gold des Schwimmers vermeldet.

Olympische Spiele: Acht Siege, sieben Weltrekorde: US-Schwimmer Michael Phelps.

Acht Siege, sieben Weltrekorde: US-Schwimmer Michael Phelps.

(Foto: Foto: Regina Schmeken)

In Jacksonville/Florida versammelte der Rocker Bruce Springsteen wie üblich eine hohe fünfstellige Zahl von Fans zu einem Konzert seiner Magic-Tour. Als er seine Hymne "Born in the USA" ankündigte, die von der Heimkehr eines Vietnam-Kämpfers handelt, wollte er sie einer ganz speziellen Person widmen, dem Schwimmer Michael Phelps. George W. Bush rief den Schwimmer am Samstagabend gleich nach dem Rennen an. Er sagte zu Michael Phelps: "Umarmen Sie Ihre Mutter und sagen Sie ihr, der Präsident umarmt sie."

Born in the USA. Der Aufstieg des von Hyperaktivität geplagten Scheidungskindes Michael Phelps vom Klassenclown zum Superhelden hält Amerika in Atem; der Skeptizismus, mit dem man in Europa solchen Gigantentaten begegnet, kommt in den Vereinigten Staaten von Amerika nirgendwo vor. In den Sportkommentaren der US-Zeitungen geht es darum, ob der Schwimmer mit seinen insgesamt 14 Goldmedaillen nun gleichzusetzen sei mit den Idolen Michael Jordan und Tiger Woods, die weit über ihren Sport hinaus wirkten.

"Be like Mike!"

Das wird dem Schwimmer gefallen. Er wolle für seinen Sport das Gleiche bewegen, sagte Phelps in Peking, wie Jordan fürs Basketball und Woods für den Golfsport. Phelps erinnert sich immer noch gerne an die Werbespots, die Nike seinerzeit für Jordan durchs Land jagte: "Be like Mike!" Sei wie Mike! Auf den Wirtschaftsseiten vieler US-Zeitungen wird nun spekuliert, ob eine ähnliche Mega-Kampagne mit Michael Phelps bevorsteht. Was ist Mike, der Schwimmer, wert?

100 Millionen Dollar, das ist die Schätzung von Peter Carlisle von der Vermarktungsagentur Octagon, die Phelps betreut. 100 Millionen, über sein ganzes Leben betrachtet, würden ihm die Goldmedaillen bescheren. Andere Marketingexperten halten das für weit untertrieben. Schon jetzt wird Phelps' jährliches Einkommen zwischen drei und fünf Millionen Dollar angesiedelt. Und nun ist er eine Woche lang zur Primetime in den USA auf dem Network NBC, Teil des General-Electric-Konzerns (GE), der selbst ein IOC-Sponsor ist, gefeiert worden. Es war eine gewaltige Werbekampagne, die Corporate America in Peking inszenierte.

890 Millionen Dollar zahlte NBC für die Übertragungsrechte dem IOC, das im Gegenzug die Finals auf zehn Uhr morgens Pekinger Zeit verlegt hatte, beste Sendezeit in den USA. In der Phelps-Woche verbuchte NBC erwartungsgemäß Zuschauerzahlen, wie man sie bei Olympischen Spielen noch nie erreicht hat. Das Rennen zum achten Gold am Samstagabend sahen 40 Millionen Menschen. Solche Zahlen verbuchte NBC an einem Samstagabend seit 1990 nicht mehr; damals lief die Kult-Sitcom "Golden Girls".

Neben dem Duo NBC/GE reitet auch der in Kalifornien beheimatete Kreditkarten-Gigant Visa die Welle, die der Schwimmer Phelps in Bewegung setzte. Visa ist persönlicher Sponsor von Phelps und gleichzeitig Top-Sponsor des IOC. Deshalb reist der Schwimmer am Sonntag im Namen von Visa-Olympia nach London, wo gleichzeitig mit der Schlussfeier in Peking der Countdown für die Spiele 2012 beginnt.

Auch Morgen Freeman ist dabei

Die Phelps-Mania wird noch lange anhalten, das Feld ist bereitet. Visa hatte bereits unmittelbar nach Phelps' historischen Rennen neue Werbespots geschaltet, mit der pathetischen Stimme von Schauspieler Morgan Freeman. PureSport, ein Hersteller von Sportgetränken, wird demnächst eine landesweite Kampagne mit Phelps starten. Auch Unternehmen wie Speedo (Schwimmkleidung), Omega (Uhren), Hilton (Hotels) und AT&T (Telekommunikation) haben Verträge mit dem Schwimmer.

Pizza Hut hat angekündigt, das gesamte US-Schwimmteam ein Jahr lang kostenlos mit Pizza und Pasta zu versorgen, ein eher harmloser Versuch, im Sog des Superhelden zu schwimmen. Auf der Networking-Internetseite Facebook erklärten sich spontan fast 800000 User zu Fans von Michael Phelps. Der Schwimmer selbst erzählte, er habe auf seinem Blackberry 6000 Glückwunsch-Nachrichten erhalten. Es wird dauern, bis er sie alle beantwortet hat.

Der Schwimmer, mit 23 Jahren noch ein großes Kind, trat am Montagabend sichtlich ermattet noch einmal vor die Presse. Er sagt, er freue sich auf seine Heimkehr nach Baltimore, auf Spaziergänge mit seinem Hund Herman, auf Spiele der Ravens-Footballer. Das wird einen Auflauf geben, wenn er im Stadion erscheint. Die Stadt Baltimore plagt sich noch mit der Planung einer Coming-Home-Feier für Michael Phelps. Das Football-Stadion, fürchtet man, sei zu klein dafür.

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