Olympia:Wo bei Olympia gefeiert wird

Wo steigen die besten Partys? Wer bietet das beste Essen an? Und welches Haus sieht am schönsten aus? Ein Rundgang durch die Nationen-Häuser bei Olympia.

Von Christian Zürcher

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Around the Games: Day 9 - Winter Olympic Games

Quelle: Getty Images

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Olympia:

Meistens sieht man so etwas auf Frühlings- und Herbstmessen oder Krämermärkten. Diese Stände, an denen Selbstgemachtes und Gemüsehobel angeboten werden. So in etwa darf man sich den Charme des Korea-Hauses vorstellen, nur dass sich hier ein Land präsentiert. Der Besucher tanzt im XXL-Spielautomaten zum Charthit "Gangnam Style", lässt sich in traditionelle Kleider stecken und schaut Handys von Samsung an. Schade. Chance vertan.

Pyeongchang 2018 - Ski Alpin

Quelle: dpa

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Das Nationenhaus der Schweden erinnert mehr an die große Möbelhauskette aus dem skandinavischen Land: eher schlicht und ohne viel Tam-Tam. Im Gegensatz zum freundlichen Ruf der Schweden kann es einem hier jedoch passieren, dass man abgewiesen wird - wie übrigens auch bei den US-Amerikanern. Doch die Sicherheitskontrollen sind lasch, schnell ist man drin im Haus und sitzt auf einem dieser bequemen Sessel, schaut Eishockey und genießt das beste im Haus: das Essen. Es gibt Köttbullar mit Kartoffelstock und Konfitüre. Ganz wie im Möbelhaus.

Pyeongchang 2018 - Skispringen

Quelle: dpa

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Ohne eigenes Nationenhaus ist das norwegische Team. Die Goldmedaillengewinner im Skispringen feierten ihren Erfolg deshalb später im deutschen Haus.

Members of Incheon Alpenrose choir play alphorns at the house of Switzerland at Yongpyong ski resort in Pyeongchang

Quelle: REUTERS

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Kürzlich traten im Schweizer Haus ein Goldmedaillen- und zwei Silbermedaillengewinner auf. Die Feier fand draußen in der fiesen Kälte statt. Ein bärtiger Jurassier schwenkte in Edelweisshemd die Fahne, der Teint seiner Arme wechselte von orange zu blau. Zehn Minuten dauerte das Fest, es gab Selfies und Jubel, aber keine Euphorie und Gabalier - dafür Kuhglocken. Bald waren die Leute verschwunden, ein paar wenige traten noch in die kleine Bar. Ein Koreaner würde zur Stimmung sagen: "Soso." Den Pathos anderer Häuser sucht man hier vergeblich, das Schweizer Holzhaus ist ein ruhiger Ort. Vielleicht auch darum, weil das Haus ursprünglich für Rio konzipiert wurde. Pyeongchang ist Rio minus 40 Grad. Eher blöd also. Das Raclette gibt es für 12 Franken und die Rugenbräu-Dose für 8 Franken. Ein Emmentaler sagt: "Kleine Portionen, überrissene Preise. Da muss man sich als Schweizer ja schämen." Die Gäste aus dem Ausland sind da großzügiger. "Sehr schön", "feines Essen", "toller Ort". Aber sie sagen auch: "Feiern gehen wir anderswo."

PyeongChang 2018; Nationenhäuser

Quelle: Tages-Anzeiger/Urs Jaudas

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Große Scheinwerfer zerschneiden die Nacht und künden das Haus der Niederlande bereits kilometerweit an. Drinnen wirkt es erst steril, überall LED-Lampen, massive Boxen und eine riesige Bühne. Dieses Haus könnte auch Bestandteil von Amsterdams Nachtleben sein. Es hat sich in der Stadt Gangneung rumgesprochen, dass hier Abend für Abend getanzt wird. Auch die Kanadier kommen, weil ihr Haus um 23 Uhr schließt. Unter der Führung von Eistänzerin Piper Gilles zeigen sie einen Linedance. Erst als der DJ den landestypischen K-Pop laufen lässt, wissen sie nicht mehr weiter. Nun übernehmen die Koreaner. Alle bilden einen Kreis, eine Russin springt hinein und tollt sich auf dem Boden wie ein Hundewelpe. Danach: Jubel, Jubel, Jubel.

PyeongChang 2018; Nationenhäuser

Quelle: Tages-Anzeiger/Urs Jaudas

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Wer ins kanadische Haus geht, kann lernen, wie man Polarbären erlegt: mit einer Schrotflinte, aus sicherer Entfernung, in die Brust. Solche Weisheiten gehören nicht zum offiziellen Programm, doch weil hier ganz Kanada zusammenfindet, kann es passieren, dass man auf Leute wie Justin Hack trifft. Der Wildhüter, 31, kämpft hauptberuflich gegen Bären. Hack war gerade in der Gegend, wie er sagt, in Thailand. Dort hörte er, dass im Kanadahaus der Bär steppt, und ausnahmsweise lud er nicht seine Flinte, sondern kam dem Tier friedlich entgegen. Dieses Haus ist voll mit Athleten, Betreuern und Fans - jeden Abend. 23 Euro - und man ist dabei. Alle tragen irgendwo das Ahornblatt am Körper, es ist wie im Eishockeystadion, und als die Bobfahrer als Führende auf die Reise geschickt werden, explodiert das Haus im Takt der Zwischenzeiten. Am Ende sind die Kanadier Olympiasieger und die Gäste im Siegesrausch.

11 02 2018 Austria House Pyeongchang KOR PyeongChang 2018 Medaillenfeier im Bild David Gleirsc

Quelle: imago/Eibner Europa

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Kürzlich war im Haus der Österreicher ein ehemaliger Skisprungweltmeister unterwegs. Er war, nun ja, bereits sehr fröhlich und weit entfernt von seiner sportlichen Höchstform. Das Gebäude konnte der Weltmeister von einst nicht mehr alleine verlassen - er musste von Kollegen gestützt werden. Drinnen tanzten sie fröhlich weiter, und irgendwann kamen dann auch die Medaillengewinner im Rodeln, da war was los: Schlagersänger Andreas Gabalier hulapalute, der Bass pumpte und Fahnen wurden geschwenkt. Silber im Rodeln, eine Nation feiert - das können sie, die Österreicher. Der Moderator sprach vom "unglaublich erfolgreichen Österreich", von den "bereits nächsten Medaillengewinnern", und sagte: "Lasst uns teilhaben an Euren Gefühlen!" Die Rodler ließen dann auch teilhaben an ihren Gefühlen, ein Fass Bier haben sie angestochen, für Selfies gelächelt. "Heute ist noch eher harmlos", sagte die Bardame aus dem Vorarlberg. Das Haus ist berüchtigt, bei den Spielen in Rio schenkten sie 10 000 Caipirinhas aus. Alles ist hier gratis, das Menü, die Jause, das Bier, der Obstler. Mit einer kleinen Einschränkung: Man muss eingeladen werden - oder 400 Euro Eintritt zahlen. Auch die Rodlerin Martina Kocher aus der Schweiz genoss ihren letzten olympischen Abend mit den Österreichern. Weshalb sie nicht im Schweizer Haus feierte? Sie fragte zurück: "Sieht man das nicht?"

Around the Games: Day 13 - Winter Olympic Games

Quelle: Getty Images

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Wirkt das Austria House wie eine Après-Ski-Festhütte, dann entspricht das deutsche Haus einem bayerisches Wirtshaus. Getäfelte Wände, Holzstühle, auf den Tischen Brezeln und volle Weizengläser. Es ist nachmittags um zwei, der Skispringer Richard Freitag betritt das Medienzimmer und sagt: "Guten Morgen." Seine müden Augen erzählen die Geschichte des Vorabends. Freitag hat genau hier vor ein paar Stunden seine Silbermedaille im Teamskispringen gefeiert, mit 500 anderen, bis fünf Uhr morgens. Champagnerflaschen spritzten in die Menge: Spätestens hier werden die Deutschen zu Feierbiestern. Und als wäre das nicht genug, kamen spontan auch noch die norwegischen Springer vorbei. Weil die Deutschen so erfolgreich sind bei diesen Spielen, wiederholt sich das Schauspiel Tag für Tag. Eine Journalistin sagt: "Das hältst du nicht durch." Auch hier ist alles gratis, von der Leberkässemmel bis zum Schnaps. Ein Aber gibt es aber auch hier: Wer nicht eingeladen ist, sollte 390 Euro parat haben.

Der Text erschien zuerst im Tages-Anzeiger vom 22. Februar.

© SZ.de/mjk/chge
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