Olympia 2024:Vision auf den Elbinseln

  • Hamburg reagiert mit großer Freude auf die Empfehlung des Präsidiums des DOSB, für Deutschland ins Rennen um die Olympischen Sommerspiele 2024 zu gehen.
  • Die Linken machen klar, dass sie das Großprojekt weiterhin mit aller Macht verhindern wollen.
  • Andere erhoffen sich Geld und neue Ideen für den Spitzensport in Norddeutschland.
  • Am Samstag, 21. März, findet in Frankfurt die offizielle Abstimmung der Mitglieder des DOSB statt.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Im Skylight-Café der Ereignis-Arena von Stellingen, hoch über dem Eis, das sonst der Eishockey-Klub Hamburg Freezers bespielt, waren ein paar Hamburger Prominente zusammengekommen, um gemeinsam nach Frankfurt zu schauen. Mitten drin in der Festgesellschaft sollen auch ein paar Vertreter der Hansestadt gewesen sein, die darauf achten sollten, dass niemand in ekstatischen Jubel ausbrach, falls das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Hamburg als seinen bevorzugten Bewerber für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 benennen würde.

Der Hanseat jubelt nicht, wenn erst eine Vorentscheidung gefallen ist im weichen Wahlkampf gegen die Hauptstadt Berlin - das war die Vorgabe. Aber als aus Frankfurt dann die Kunde kam, dass das DOSB-Präsidium seiner Mitgliederversammlung für die Abstimmung an diesem Samstag in Frankfurt tatsächlich Hamburg für die Olympia-Bewerbung empfehlen werde - waren die Aufpasser machtlos. Der Beifall fiel vernehmlich aus, der Unternehmer Gerrit Braun, einer der tätigsten Olympia-Befürworter Hamburgs, sagte sogar: "Ich bin fast zusammengebrochen vor Freude."

Selbst Stadtoberhaupt Olaf Scholz klang für seine Verhältnisse begeistert

So ganz hat das also nicht geklappt mit der Zurückhaltung nach diesem Votum. Strahlende Gesichter und feste Umarmungen hat man am Montag in der Stellinger Event-Halle erleben dürfen. Selbst der Erste Bürgermeister Olaf Scholz klang für seine Verhältnisse begeistert: "Wir empfinden das als eine sehr, sehr große Ehre. Wir glauben, dass es für Hamburg und für Deutschland und für alle, die am Sport begeistert sind und vom Sport begeistert sind, eine große Sache werden wird."

Es gab auch ganz andere Reaktionen. Der Fraktionssprecher der Linken, Mehmet Yidliz, rief in Erinnerung, dass es selbst in Hamburg Spiele-Gegner gibt. "Wir werden weiter daran arbeiten, dass dieses irrwitzige Großprojekt nicht zustande kommt", sagte er. Allerdings wird das keine einfache Mission für die Opposition, denn Hamburgs Olympia-Kampagne trifft nach Stand der Dinge auf eine relativ hohe Zustimmung in der Bevölkerung, was wohl auch den Ausschlag für Hamburg gegeben hat. Und sie hat starke Befürworter.

Vor allem die Handelskammer als Interessenvertreter der Hamburger Wirtschaft will die Spiele unbedingt. Sie hat mit ihrer Olympia-Begeisterung wahrscheinlich sogar Olaf Scholz inspiriert, der anfangs skeptisch gewesen sein soll wegen der Unwägbarkeiten dieses mächtigen Projekts. Jetzt schmückt es ihn sogar. Die Olympia-Bewerbung steht für die Vision einer renovierten Hansestadt, wie man sie sonst nicht findet im Scholz-Programm.

Mit der Olympia-Vision soll Norddeutschland den Anschluss halten

Sport ist für Hamburgs Handelskammer ein wichtiger Imageträger, was sich auch durch den Umstand ausdrückt, dass sie den Hamburger Spitzensport mit Geld und Ideen tatkräftig unterstützt. Sie wird nicht müde, auf die Chancen hinzuweisen, die mit Olympia verbunden sind. Wenn man bei dem Thema dem Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz zuhört, hat man manchmal sogar den Eindruck, er verbinde damit ein größeres Schicksal.

"Wenn Norddeutschland den Anschluss halten will an die Entwicklung, die wir entlang der Rheinschiene und in Mittel- und Süddeutschland haben, dann brauchen wir eine solche Vision", sagt Schmidt-Trenz und nennt München als Beispiel für eine Stadt, die 1972 sozusagen aus dem olympischen Feuer hervorgegangen sei.

Ob München wirklich als Beispiel für Hamburg taugt, darüber könnte man länger diskutieren. In Wirklichkeit hat Hamburg seine ganz eigene Olympia-Geschichte in Arbeit. Die reiche Hafenstadt will aus ihrer Wohlstandslethargie ausbrechen. Und nebenbei könnte sie zeigen, dass auch stolze Deutsche aus den teuren Fehlern früherer Großprojekte lernen können.

Die Hamburger haben einen Wunsch für die entscheidende Wahl: Einstimmigkeit

Der Scholz-Senat steht für die Maxime, lieber viel Geld in Planverfahren zu stecken als später noch viel mehr Geld in falsch angelegte Projekte - daran wird man ihn messen. Und wenn Hamburg am Samstag endgültig den Zuschlag bekommt, beginnt für die Hamburger nicht nur die Zeit, in der sie ihr Konzept so verfeinern, dass sie es im Januar 2016 dem Internationalen Olympischen Komitee als Mini-Bidbook vorlegen können. Sie wollen dann auch eintreten in eine intensive Phase des Dialogs mit Bürgern und Unternehmen, um einerseits zu informieren, andererseits um weitere Ideen und Bedenken einzusammeln.

Mitgestaltung ist bei früheren Bewerbungen nicht gerade eine deutsche Tugend gewesen. "Für uns ist das eine Herzensangelegenheit", sagt Reinhard Wolf, Olympia-Beauftragter der Handelskammer. Spätestens im Frühherbst sollen dann auch Zahlen vorliegen, anhand derer man den Aufwand für die Hamburger Spiele bemessen kann. Wenn alles nach Wunsch läuft, soll im Oktober ein Referendum mit ähnlichen Zustimmungsraten wie bei der jüngsten Forsa-Umfrage des DOSB das letztgültige Positiv-Zeichen für die Bewerbung bringen.

Noch ist es nicht so weit. Aber die Freude hat sich keiner so richtig verkneifen können. Und Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer formulierte sogar schon eine Art Forderung für die entscheidende Abstimmung am Samstag in Frankfurt. Melsheimer sagte: "Nun schauen wir gespannt auf die Mitgliederversammlung am 21. März und hoffen, dass alle Mitglieder der Empfehlung folgen werden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: