Olympia:In Trauer vereint

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Bittere Enttäuschung nach der Niederlage im Halbfinale bei den Hockey-Frauen. (Foto: AP)

Die knapp verpasste Sensation im Halbfinale gegen die Niederlande hinterlässt bei den Hockey-Frauen tiefen Frust. Das verbindet sie mit ihren männlichen Kollegen.

Von Volker Kreisl

Noch lange lag es auf dem Spielfeld herum. Schläger, Handschuhe, Stirnbänder und sonstiges Hockeywerkzeug. Es blieb zurück auf dem blauen Kunstrasen von Deodoro, bis irgendein Zeugwart kommen würde und es einsammelte. Die Spielerinnen hatten nach diesem Halbfinale etwas anderes zu tun, die Deutschen klammerten sich trauernd aneinander, die Niederländerinnen verteilten sich jubelnd vor den Fans.

Die Auswahl des Deutschen Hockeybundes hatte gegen den Welt-Primus, den technisch und läuferisch überlegenen zweimaligen Olympiasieger lange mitgehalten, sehr lange sogar: bis über die reguläre Spielzeit hinaus, bis zum siebten Penaltypaar. Dann gelang Ellen Hoog doch der entscheidende Treffer zum 4:3 nach Penaltyschießen, und Frust wurde zum überwölbenden Thema der Deutschen in den olympischen Halbfinals.

Denn auch die Männer von Trainer Valentin Altenburg hatten ja den Einzug ins Endspiel verpasst, allerdings nach einem 2:5 gegen Argentinien, einer weitaus hilfloseren Situation als die des Frauenteams von Coach Jamilon Mülders bei ihrer Penalty-Niederlage. Die Männer verrissen später alle zusammen im Netz ihre Leistung mit den Worten: "Das war heute keine Leistung."

Gold-Träume, die bei den Männern durchaus zwischendurch gewachsen waren, bei den Frauen aber nie ernst geäußert wurden, sind also vorbei. Es geht nun noch um Bronze, für die Männer am Donnerstag um 17 Uhr MESZ gegen die Niederlande, für die Frauen gegen Neuseeland (verlor das zweite Halbfinale gegen Großbritannien 0:3).

Immer noch gibt es etwas zu gewinnen, entsprechend äußerten sich die Akteure danach. Mülders sagte. "Es ist eine Mentalitätsfrage: Trauer' ich Gold oder Silber nach - oder frag ich mich: Kann ich das? Nein! Also: Weiter geht's." Und Moritz Fürste, der Kapitän der Männer erklärte: "Ab morgen geht es um eine olympische Medaille. Bronze heißt das neue Ziel."

Wobei die Aufarbeitung der Männer-Niederlage wohl schon aufwändiger war. Es war ja ein demütigendes Spiel. 40 Stunden lagen nur zwischen dem vielleicht größten K.o.-Runden-Erfolg und der vielleicht bittersten Niederlage in der langen Laufbahn Fürstes. Am Sonntagabend hatte die Auswahl im Viertelfinale gegen Neuseeland einen 0:2-Rückstand in einen Sieg verwandelt - 1,7 Sekunden vor Schluss. Alle sprachen von einer Initialzündung fürs Halbfinale.

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Aber dann kam Argentinien und entzauberte die Deutschen auf ähnliche Weise wie vor zwei Jahren die DFB-Fußballer die Brasilianer. Mit einem 5:2 - zwischendurch stand es 5:0 - und krasser Überlegenheit auf dem Platz. Die Initialzündung war verpufft, Grund, motiviert zum nächsten Spiel in der Mittagshitze zu schreiten, besteht dennoch: Man trifft ja auf die Niederlande, die ihr Halbfinale gegen Belgien ebenfalls verloren hatte. Die Wiederholung des Olympiafinales von 2012, der Klassiker, findet also trotzdem statt, nur eben eine Etage tiefer.

Die Aufgabe wird aber nicht leicht. Trainer Valentin Altenburg sagte nach dem 2:5: "Das ist total ärgerlich, aber auch verdient." Man habe gewusst, dass auf die Abwehr Verlass sein müsse. Man wusste, es werde gegen die konterstarken Argentinier sehr schwer, wenn derart viele Gegentore fielen. Die gesamte Defensivarbeit bis zum Angreifer muss im Bronze-Spiel wachsamer sein, vom ersten Moment an. Eine hohe Niederlage ist immer auch eine Welle, die klein beginnt, gegen Argentinien geschah das in der neunten Minute, als das 0:1 fiel.

Dieser Gegner hat zwei Stärken: Die eine ist das rasend umschaltende Kontern, die andere heißt Gonzalo Peillat. Er gilt als der beste Strafeckenschütze der Welt, niemand ist präziser, raffinierter, vielfältiger in seinen Schuss-, Schlenz- oder Passvarianten. Die Statistik nun gegen Deutschland: 1:0 Peillat (9., Strafecke) , 2:0 Peillat (12., Strafecke), 3:0 Peillat (28., Strafecke). Da war die Welle eine Woge und die Deutschen paddelten mit aller Macht, aber letztlich erfolglos dagegen.

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Sie hatten mehr Spielanteile und ein ausgefeiltes Passsystem, das größere taktische Repertoire und insgesamt sogar viel mehr Torchancen; Florian Fuchs unter anderem in der 13. und 20. Minute, aber ein Schuss wurde noch geblockt, einer ging an den Außenpfosten. Später sagte er: "Allein ich hatte drei gute Einschuss-Chancen, aber die gehen halt vorbei." Argentinien dagegen, das fünf Tore erzielte, hatte im Grunde genommen auch nur fünf Torchancen. Per Gegenstoß erhöhten Joaquin Menini und Lucas Vila, die Treffer von Fürste (51., Siebenmeter) und Christopher Rühr kamen zu spät.

Nach so einem Dämpfer muss das gesamte Selbstvertrauen wieder aufgerichtet werden, nach einer Niederlage wie der der Frauen einen Tag später müssen nur die Tränen trocknen. Sie alle erhielten ja großes Lob von Coach Mülders. Er hatte eine klare Defensivtaktik ausgegeben, die sein Team exzellent umsetzte. Im ersten Viertel traf Lisa Schütze sogar zur Führung, der Ausgleich fiel im zweiten Abschnitt, danach geriet Mülders' Abwehr zwar arg ins Wanken, aber nachdem die Niederländerinnen bis zum Schluss nicht ins Tor trafen und drei von vier Strafecken vergaben, gingen sie auch noch unter großem Druck ins Penaltyschießen.

Anders als die Männerkollegen waren die Frauen nicht über ihre mangelnde Leistung deprimiert, sondern über eine hauchdünn verpasste Sensation: Torhüterin Kristina Reynolds hatte den vorletzten Penalty schon abgewehrt, aber der Ball und gewissermaßen der Finaleinzug rutschte ihr wieder unter den Schonern hervor. Sie sah die Kugel nicht, stattdessen kullerte sie vor die Kelle der Schützin zum Nachschuss, das letzte Duell gewann dann Hoog.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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