Olympia:Hurra, ein gewonnener Satz!

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Ein Satzgewinn im Doppel für Xiaona Shan (rechts) und Petrissa Solja. (Foto: Lukas Schulze/dpa)

Die deutschen Tischtennis-Frauen trotzen China im Finale einen Satzgewinn ab - die Bundestrainerin sagt: "Noch zufriedener könnte ich nicht sein."

Von Jürgen Schmieder

Ein Satz. Im Doppel. Immerhin. Nein, das ist nun keineswegs eine despektierliche Beschreibung der Leistung der deutschen Tischtennis-Frauen im Olympischen Finale, sondern durchaus eine respektvolle Aussage. Seit diese Sportart zu den Spielen 1988 in Seoul ins olympische Programm aufgenommen worden ist, haben chinesische Sportler bis auf vier Ausnahmen sämtliche Goldmedaillen gewonnen.

Weil im Einzel mittlerweile nur noch zwei Athleten pro Nation zugelassen sind, geht es in diesem dort für Akteure anderer Länder meist um Bronze (was Dimitrij Ovtcharov bei Olympia 2012 gelang) - im Team-Wettbewerb um den Einzug ins Finale und damit um die Silbermedaille.

Zur Verdeutlichung dieser Dominanz seien kurz die chinesischen Ergebnisse im Teamwettbewerb in Rio genannt: Die Männer leisteten sich auf dem Weg ins Finale (am Mittwoch gegen Japan) keine Niederlage und gaben nur sechs Sätze ab, die Frauen besiegten Brasilien (drei Mal 3:0), Nordkorea (drei Mal 3:0), Singapur (zwei Mal 3:0, ein Mal 3:1) und nun eben die deutsche Mannschaft.

"Über China brauchen wir nicht zu reden"

Die beiden Einzel gewannen Li Xiaoxia und Liu Shiwen jeweils mit 3:0, im Doppel half Ding Ning ihrer Kollegin Liu zu einem 3:1. Seit Einführung des Mannschaftswettbewerbs 2008 haben Chinas Frauen noch kein Spiel abgegeben und erst zehn Sätze verloren.

"Ich bin froh, dass wir noch einen Satz geschafft haben", sagte Bundestrainerin Jie Schöpp über ihre Spielerinnen Han Ying, Petrissa Solja und Shan Xiaona: "Wir haben Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Über China brauchen wir nicht zu reden - wenn nichts Besonderes passiert, dann gewinnen sie. Die Leistung unserer Mannschaft bis zum Finale war schon Wahnsinn. Noch zufriedener könnte ich nicht sein"

Das wahre Endspiel für alle anderen Nationen ist das Halbfinale - so sie China bis dahin aus dem Weg gehen können. Die deutschen Frauen lieferten sich am Sonntagabend ein dramatisches Duell gegen Japan, das mehr als vier Stunden dauerte. In der entscheidenden Partie zeigte Han Ying nichts weniger als Poesie an der Platte, sie bewegte sich geschmeidig und wehrte die immer wütender werdenden Angriffe ihrer Gegnerin geduldig ab.

Boppler oder Schupfer nennt der Volksmund solche Verteidiger bisweilen ein wenig abfällig, doch ist Han nichts weniger als eine Meisterin in der Kunst der Defensive. "Ich kann das alles nicht glauben", hatte sie nach dem Halbfinale gesagt: "Wir haben gewonnen. Gegen Japan. Das war so ein hartes Spiel."

Die Männer spielen gegen Südkorea

Die Männer hatten ihr Halbfinale gegen Japan dagegen verloren, sie spielen am Mittwoch gegen Südkorea um Bronze. "Das wurmt mich schon ungemein, dieses miese Gefühl muss irgendwie raus aus dem Kopf", sagte Timo Boll nach der Niederlage. Die Männer hatten freilich gehofft, wie die Frauen die Besten vom Rest zu werden und wie 2008 in Peking die Silbermedaille zu gewinnen. Nun geht es wie vor vier Jahren in London um Bronze: "Es geht jetzt um eine Medaille, da muss man die Enttäuschung eben verarbeiten."

Die deutschen Frauen hatten bereits vor dem Finale angekündigt, trotz einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent diesen Tag genießen zu wollen. "Natürlich ist es dann ein bisschen frustrierend, dass selbst die besten Bälle einfach zurück gespielt werden", sagte Schöpp danach. Alle Bälle konnten die Chinesinnen nicht zurückspielen, deshalb gab es den Satzgewinn für die deutsche Mannschaft. Silber bei den Frauen, die Männer spielen um Bronze - um das deutsche Tischtennis muss man sich derzeit wahrlich keine Sorgen machen.

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