Olympia:Die Benders kleben die Mannschaft zusammen

Die Zwillinge wirken wie Uhu für die anderen Kreativlinge. Davie Selke hat Probleme mit dem Puls und Serge Gnabry versteckt sich zum falschen Zeitpunkt. Die Fußball-Silbergewinner in der Einzelkritik.

Von Jürgen Schmieder

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Timo Horn

Brazil v Germany - Final: Men's Football - Olympics: Day 15

Quelle: Laurence Griffiths/Getty Images

Bringt sich meist selbst in die Bredouille, wenn er versucht, seine fußballerischen Fähigkeiten zu präsentieren. Hrubesch verzeiht ihm das, weil er dadurch lernen würde - und weil er ansonsten ein herausragender Torhüter ist. Wagte im Endspiel keine Kunststücke, zeigte ein paar schöne Paraden und Flankenfänge. Konnte Neymars Freistoß nicht halten und auch keinen Elfmeter. Hat dieses Finale gewiss nicht verloren, konnte es aber auch nicht gewinnen.

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Jeremy Toljan

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Quelle: Leo Correa/AP

Gelernter Linksverteidiger, spielt in der Nationalelf auf der rechten Seite - und tut das bisweilen effizienter als in Hoffenheim auf links. Fällt meist nicht auf, was als Außenverteidiger durchaus als Kompliment zu verstehen ist. Wurde im Finale zu Beginn häufig überspielt, was ihm gar nicht gefiel. Agierte danach ein wenig defensiver und gab immer wieder mal den Süle (siehe Süle).

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Matthias Ginter

Brazil v Germany - Final: Men's Football - Olympics: Day 15

Quelle: Clive Mason/Getty Images

War bei der WM 2014 in Brasilien dabei (ohne Einsatz) und hätte nun die seltene Ehre erreichen können, als amtierender Weltmeister auch Olympiasieger zu werden. Spielt in dieser Mannschaft von Beginn an als stellungssicherer und zweikampfstarker Innenverteidiger. Verteidigte vehement gegen den bulligen brasilianischen Mittelstürmer - schaffte auch einige Male einen Süle.

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Niklas Süle

Football - Men's Tournament Gold Medal Match

Quelle: Ueslei Marcelino/Reuters

Durfte sich nach dem Halbfinale gegen Nigeria durchaus als Retter fühlen, weil er mehrmals klärte, wo Gegner und Zuschauer bereits einen Treffer erwarteten. Beherrscht die gut getimte Grätsche nahezu perfekt und kann so überraschend und ohne Foulspiel klären. Die Regel in diesem Finale war: Wann immer ein Brasilianer in aussichtsreicher Position auftauchte, war Süle zur Stelle und stand im Weg oder grätschte oder brachte seinen Körper sonst irgendwie dazwischen. Das wird als "einen Süle bauen" in die Geschichte eingehen. Bester Mann auf dem Platz, verwandelte seinen Elfmeter so humorlos, wie er zuvor alle Gegner hinfort gegrätscht hatte.

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Lukas Klostermann

Brazil v Germany - Final: Men's Football - Olympics: Day 15

Quelle: Buda Mendes/Getty Images

Gehört zu jenen Akteuren, wegen denen der deutsche Kader als "kurzfristig zusammengewürfelt" gilt. Kann auf jeder defensiven Position spielen, tut das in dieser Mannschaft auf der linken Abwehrseite. Kann aber auch offensiv aktiv werden, erzielte im Halbfinale gegen Nigeria sein erstes Länderspieltor und wurde zum besten Spieler der Partie gekürt. Im Finale erst einmal genervt von der Fallsucht der brasilianischen Angreifer, dann genervt von Neymars Freistoß - und am Ende genervt vom Elfmeterschießen.

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Sven Bender

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Quelle: Andre Penner/AP

Wirkte zu Beginn des Turnier ausgelaugt, doch Hrubesch hatte ihm gesagt, dass er die Vorrunde als Vorbereitung nutzen solle. Tat das und wurde so zu dem Klebstoff, den dieser Kader aus Kreativen braucht. Bearbeitete Neymar, ließ sich dabei gerne von seinem Zwillingsbruder Lars helfen. Köpfte kurz vor der Halbzeit gar wunderbar an die Latte. Konzentrierte sich danach wieder aufs Bearbeiten von Neymar.

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Lars Bender

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Quelle: Andre Penner/AP

Zweiter Klebstoff-Spieler, bisweilen noch effektiver als sein defensiver agierender Zwillingsbruder. Näherte sich bei der Fehlerquote in diesem Turnier immer mehr den null Prozent, hatte aber stets auch einen öffnenden Pass oder einen gefährlichen Torschuss parat. Stets aufmerksam, zweikampfstark und stellungssicher - musste dann jedoch verletzt raus.

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Julian Brandt

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Quelle: Silvia Izquierdo/AP

Wirkte zu Beginn des Turnier wie einer, der am Strand kickte: Die Kollegen liefen nicht dorthin, wohin er seine Pässe schlug - oder seine Pässe kamen nicht dort an, wohin die Kollegen liefen. Nutzte die Vorrunde, um die Laufwege seiner Kollegen zu studieren. Nutzte die K.o.-Runde, um zu beweisen, dass er kein Strandkicker ist, sondern ein herausragender Mittelfeldspieler, für den sich auch Joachim Löw interessieren dürfte. Sein Schlenzer an die Latte hätte auch ein wunderbares Tor sein können.

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Max Meyer

Football - Men's Tournament Gold Medal Match

Quelle: Leonhard Foeger/Reuters

Vertreter der Kreativen bei der deutschen Elf. Kann begeistern, kann einen aber auch zur Verzweiflung bringen, weil er sich gerne mal für mehrere Minuten komplett verabschiedet. Tat das eine Halbzeit lang, tauchte dann von irgendwoher auf und erzielte den Ausgleich. Tauchte danach wieder ab.

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Serge Gnarby

Rio 2016 - Fußball

Quelle: Alejandro Ernesto/dpa

Wurde in der Gruppenphase wiederholt zum "Arschretter" dieser Elf ausgerufen - weil er immer dann traf, wenn die Mannschaft dringend ein Tor brauchte, sich aber selbst keine Chance erspielen konnte. Dann schnappte sich Gnabry den Ball, dribbelte los und schoss ein Tor. Oder er schnappte sich den Ball, legte ihn sich beim Freistoß zurecht - und schoss ein Tor. Fiel beim Finale kaum auf. Im Elfmeterschießen legte er sich den Ball zurecht und schoss ein Tor.

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Davie Selke

Football - Men's Tournament Gold Medal Match

Quelle: Paulo Whitaker/Reuters

Stets anspielbar, kann Bälle verteidigen und legt pro Partie mindestens 15 Kilometer zurück. Hat bisweilen Probleme, den beim Laufen nach oben getriebenen Puls vor dem Torschuss wieder ein wenig nach unten zu drücken. Wirkt deshalb manchmal fahrig im Strafraum. Im Finale mit zahlreichen technischen Fehlern, immer wieder unglücklich.

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Nils Petersen

Football - Men's Tournament Gold Medal Match

Quelle: Ueslei Marcilino/Reuters

Mitglied einer lange vom Aussterben bedrohten Spezies, die das Fußballspielen auf sein Grundziel reduzieren: Tore schießen. Mittlerweile bemerken aber auch so genannte Konzepttrainer, dass sie Spiele vor allem dann gewinnen, wenn sie jemanden aufs Feld schicken, der diese Kunst beherrscht, einen Ball über die Linie zu drücken. Tat das bei diesem Turnier sechs Mal, im Halbfinale aus scheinbar unmöglichem Winkel. Wurde im Finale eingewechselt, war kaum zu sehen - und vergab aus jener Position, von der wahre Torjäger ohnehin ungern schießen: War der Unglückliche, der im Elfmeterschießen nicht traf.

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Horst Hrubesch

Rio 2016 - Fußball

Quelle: Soeren Stache/dpa

Dachdecker. Angler. Fußballer. Das reicht, um Hrubesch zu beschreiben, der grandiose Geschichten aus allen drei Professionen erzählen kann. Spricht aber nicht gerne über sich selbst - und bedient sich dann aus dem Wortschatz seiner Spieler. Sagte über den Finaleinzug: " Die Mentalität ist - um es mit den Worten der Spieler zu sagen - einfach geil." Wurde mit der U19 (2008) und der U21 (2009) jeweils Europameister, führte diese kurzfristig zusammengestellte Mannschaft ins Olympische Finale. Gilt als Spielerflüsterer, der kapiert hat, dass da keine ferngesteuerten Roboter über den Platz laufen, sondern Menschen. Ließ diese Menschen auch gegen Brasilien laufen. Aktive an der Seitenlinie, vor dem Elfmeterschießen locker - und danach grandios: "Wir gehen hier als Gewinner raus, nicht als Verlierer. Ich hätte natürlich auch gerne die Goldmedaille gehabt, aber ich bin glücklich. Wir waren die letzten vier Tage im Olympischen Dorf, das waren fantastische Eindrücke."

© SZ.de/tbr
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