Nürnberger Sieg gegen Stuttgart:Zackig wie im Windkanal

26 03 2014 Fussball Saison 2013 2014 1 Fussball Bundesliga 27 Spieltag 1 FC Nürnberg N

Josip Drmic: Doppelt erfolgreich gegen Stuttgart

(Foto: imago sportfotodienst)

Der 1. FC Nürnberg tritt entschlossen im Südderby auf und ringt den VfB Stuttgart verdient mit 2:0 nieder. Josip Drmic sorgt mit zwei schnörkellosen Toren für eine kleine Erlösung im Abstiegskampf. Für den VfB ist nicht nur der Blick auf die Tabelle furchteinflößend.

Von Benedikt Warmbrunn, Nürnberg

Zunächst ein paar Worte zur Frisur von Huub Stevens. Der Niederländer hat sein schwarzes Haar streng nach hinten gelegt, und dort bleibt es auch. Es ist einen Frisur, die bei Schnee hält, bei Regen, bei Wind, selbst in den letzten zehn Minuten einer Bundesliga-Partie des VfB Stuttgart bleibt sie stabil. Es ist vielleicht nicht die schönste Frisur, auch wenn sie gerade von vorne durchaus voll aussieht. Es ist eine pragmatische Frisur.

Und damit zur Frisur von Gertjan Verbeek. Der Niederländer hat sehr schöne Haare, sie haben ihm schon schmeichelhafte (Rod Stewart, ein gut aussehender, tollkühner Sänger) und ehrenvolle Vergleiche (Gandalf, ein kluger, tollkühner Zauberer) eingebracht. Verbeeks graue Haare fallen so, wie es dem Wind gefällt, wild wirbeln sie dann durcheinander, verändert sich ihre Anordnung, Verbeek richtet sie nie. Es ist eine liebevolle Frisur, in der manchmal erst das Chaos Ordnung stiftet.

Am Mittwochabend trafen Verbeek, der Trainer des 1. FC Nürnberg, und Stevens, der Trainer des VfB Stuttgart, aufeinander, zwei knurrige Niederländer, bei denen es niemand wagt, sie auf ihre Frisur anzusprechen. Es war eine Partie, in der es phasenweise wild durcheinander ging. In der eine Mannschaft phasenweise klug und tollkühn spielte. Und in der am Ende die Schönheit gewann, in der Nürnberg 2:0 (1:0) gewann.

Es war das Aufeinandertreffen von zwei Teams in Abstiegsnöten und doch mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Verbeek hat sich vorgenommen, den Abstiegskampf zu revolutionieren. Er will in ihm nicht mit dreckigen Mitteln bestehen. Er will schönen Fußball spielen lassen, selbst wenn ihm die komplette Abwehr fehlt, so wie gegen Stuttgart. Zuletzt hatte das nicht wirklich geklappt, die vier Spiele vor dem Duell mit dem VfB hatte Nürnberg verloren. Stevens dagegen will nichts revolutionieren. Er will nicht absteigen, mehr nicht. Seinem Team will er dazu Stabilität verleihen, mehr nicht. Die Partie am Mittwoch war seine dritte als VfB-Trainer, zuvor hatte er einmal Unentschieden gespielt, einmal hatte er gewonnen.

Die ausbalancierten Gäste hatten den besseren Start, sie standen tief, überließen Nürnberg die Spielgestaltung. Das reichte, um gefährliche Möglichkeiten zu bekommen. Im Spielaufbau der Gastgeber bewegte sich der Ball unvorhersehbar wie Verbeeks Frisur im Wind. Der VfB hatte in den ersten 20 Minuten einige ordentliche Chancen, oft nach einem schnellen, stabilen Gegenangriff. Die beste Gelegenheit vergab Konstantin Rausch, er traf die Latte (16.). Zur Mitte des ersten Durchgangs kam dann mehr Ordnung in das Nürnberger Chaos. Sie spielten konzentrierter, nutzten die Lücken, die die VfB-Abwehr gerade auf den Außenseite offen ließ. Erst klärte VfB-Innenverteidiger Georg Niedermeier den Ball fast ins eigene Tor (22.); nach der anschließenden Ecke köpfelte Mike Frantz den Ball freistehend am Tor vorbei.

Stevens opfert die Stabilität

Es war dann eine ziemlich pragmatische Aktion, durch die der Club in Führung ging. Mittelstürmer Josip Drmic bekam den Ball, er beschleunigte, der VfB-Verteidiger Gotoku Sakai hüpfte, als ob ihn eine Sturmbö davonwehte. Drmic stand frei vor Sven Ulreich. Er zögerte nicht, er zauberte nicht. Er schoss den Ball einfach ins Tor (43.). Stevens reagierte, indem er Alexandru Maxim und Timo Werner einwechselte, zwei dribbelstarke, gedankenschnelle Offensivspieler, der Trainer opferte die Stabilität.

Wieder hatte der VfB die erste Chance, nach einer dribbelstarken Vorarbeit von Maxim schoss Ibrahima Traoré den Ball Raphael Schäfer in die Arme. Nürnberg stand nun tiefer, die Spieler lauerten auf Konter, und wenn sie den Ball hatten, konterten sie tollkühn und klug. Nach einer Flanke von Markus Feulner stand wieder Drmic frei vor Ulreich, wieder zögerte oder zauberte er nicht. Er schob den Ball einfach ins Tor (54.).

Und so wirbelte Nürnberg den VfB weiter durcheinander, die Gäste waren nun sehr stabil und dauerhaft aus der Balance gebracht. Die beste Chance hatte Maxim, er stand frei vor dem Tor, zögerte nicht, zauberte auch nicht. Doch Schäfer reagierte gedankenschnell (77.). Nürnberg dagegen konterte geradlinig wie ein Windkanal, das war nicht immer gefährlich, aber es reichte, um Stuttgart die meiste Zeit erst gar nicht in die Nähe von Schäfers Tor kommen zu lassen.

Nürnberg ist, das ist die erste gute Nachricht im Abstiegskampf für den Club, durch den Sieg am VfB vorbeigezogen, die Mannschaft steht nun tatsächlich wieder auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Die zweite gute Nachricht ist, dass das Team schon am Wochenende die nächste Möglichkeit hat, gegen einen direkten Konkurrenten zu punkten, der Club trifft dann auf den SC Freiburg. Die erste schlechte Nachricht für den VfB Stuttgart ist, dass die Mannschaft nun Tabellenvorletzter ist. Die zweite schlechte, dass sie am Samstag auf Dortmund trifft. Die gute ist, dass Stevens' Frisur weiter stabil sitzt.

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